„Fog of Love“: Bei diesem Brettspiel lernen sich Verliebte neu kennen
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Bei „Fog of Love“ gibt es sechs verschiedene Kartenstapel, allerlei Chips und Marker.
© Quelle: MIKKEL INUMINEQ/Pegasus Spiele
Leipzig. Liebe macht Arbeit. Jeden Tag aufs Neue müssen die Partner sich aufeinander einlassen, die Marotten des anderen akzeptieren und füreinander da sein.
Und auch Brettspiele verlangen Hingabe. Spielpartner müssen gefunden, das Brett muss aufgebaut und die Regeln gelesen werden. Und dann gibt es während der Partie meist noch Figuren zu verschieben und Kärtchen nachzuziehen. Aber der Aufwand scheint sich zu lohnen, denn Spiele boomen international. In Deutschland haben sie eine besonders große Tradition. An ungemütlichen Herbsttagen kommt das Familienspiel auf den Tisch. Aber spielen Eheleute so etwas auch, wenn die Kinder im Bett sind? Oder wenn es noch gar keine Kinder gibt? Ist das nicht zu spießig?
Das Brettspiel für Verliebte
Das Brettspiel „Fog of Love” wurde von einem dänischen Designer gestaltet. Es sieht nicht spießig aus, sondern hochwertig. Die Spielschachtel ist ein dicker Karton, der unauffällig zwischen Kunstbüchern und Langspielplatten im Wohnzimmerregal stehen kann. Das schwere Paket aber auszupacken und aufzubauen, das ist abschreckend. Schwer liegt das Spiel mit sechs verschiedenen Kartenstapeln und allerlei Chips und Markern in der Hand. Die Anleitung ist ein großformatiges Heft mit kleiner Schrift. Wer soll das alles lesen? Wäre es nicht einfacher, die Rom-Com auf Netflix zu schauen, statt selbst eine nachzubauen?
Einfacher wäre es. Aber eine gute Beziehung lebt eben von vielen kleinen Investitionen. Und es gibt eine Erleichterung: Für die erste Partie müssen die Regeln nicht vorher gelesen werden. Stattdessen ist ein Tutorial in das Spiel eingebaut. Nach minimalen Anweisungen zum Aufbau geht es los. Weitere Spielregeln sind passend zwischen die Spielkarten sortiert, damit sie immer zum richtigen Zeitpunkt aufgedeckt werden.
Autoverkäufer trifft Hochzeitsplanerin
„Fog of Love“ ist eine Art Rollenspiel für zwei Personen. Spielerinnen und Spieler wählen frei das Geschlecht ihres Charakters und dürfen einen Beruf aus wenigen Optionen wählen. Dann wird es kurios: Weitere Eigenschaften weisen Spieler nicht dem eigenen Charakter zu, sondern dem Gegenüber. So entstehen Charaktere mit überraschenden Ecken und Kanten. In der ersten Testpartie tritt mit Riccarda eine ehrgeizige Hochzeitsplanerin auf, die dann aber ein überraschendes Drogenproblem entwickelt. Mit den krummen Vorgaben müssen die Spieler arbeiten, damit eine runde Komödie draus wird.
Charaktere entwickeln sich dynamisch und individuell
Das eigentliche Spiel hat einen simplen Rhythmus. Spieler entscheiden sich abwechselnd für Szenen im Leben des fiktiven Paares. Am Ende stehen Entscheidungen sehr unterschiedlicher Tragweite: Einmal fragt der Autoverkäufer seine Riccarda, ob ihm die Hose steht; ein anderes Mal, ob sie ihm ein Alibi bei der Polizei verschaffen würde. Letztendlich muss immer entweder ein Partner eine Multiple-Choice-Antwort wählen oder beide gleichzeitig. Die Antworten haben Auswirkungen darauf, wie glücklich die Partner miteinander sind und wie sich ihre Persönlichkeiten entwickeln.
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Der Slogan bei „Fog of love“: „Spielt das Paar, das ihr immer mal sein wolltet.“
© Quelle: Pegasus
Eine Runde dauert eine bis zwei Stunden: Langes Lesen, lockeres Spielen
Der Einstieg mit Tutorial ist einfach, aber etwas langwierig. Die unzähligen Anweisungskarten erklären fein säuberlich und immer im richtigen Augenblick, wie es weitergeht. Aber das geht über den gesamten Spielverlauf so. Eine Runde „Fog of Love“ dauert eine bis zwei Stunden. Da müssen sich die beiden Partner schon sehr mögen, um auch bei Tutorial-Karte Nummer 18 noch aufmerksam zuzuhören, was das Gegenüber vorliest.
Schwer zu verstehen sind die Anweisungen nie. Und schon beim ersten Spielen wandern die Gedanken unweigerlich zur zweiten Partie. Denn es gibt viele Möglichkeiten. Versuchen die Spieler eher, eine möglichst bewegte und witzige Geschichte zu erzählen? Wollen sie möglichst gut harmonieren? Oder konzentrieren sie sich egoistisch auf die persönlichen Ziele ihres Charakters? Jeder der drei Wege ergibt eine völlig andere Stimmung am Spieltisch.
Tiefe Einblicke: Bei „Fog of Love“ lernen sich Paare neu kennen
Wer „Fog of Love“ spielt, der muss sich ein bis zwei Stunden nonstop damit auseinandersetzen, was das Gegenüber wohl gerade denkt. Oder will. Wenn richtig geraten wird, dann ist das immer eine schöne Bestätigung. Wenn falsch geraten wird, dann passiert zumindest etwas Interessantes.
Als der Karton wieder im Regal steht, schwirren Riccarda und der Autoverkäufer noch immer im Raum herum. Ihre Geschichte ist erzählt, aber das Spiel steckt voller neuer Charaktere. Der Reiz ist groß, die Schachtel gleich am nächsten Tag aufzubauen und einmal etwas völlig anderes auszuprobieren. Netflix kann warten.
Die deutsche Ausgabe von „Fog of Love“ ist in diesen Tagen im Vertrieb von Pegasus Spiele erschienen und für 50 Euro im Spielhandel erhältlich.