Die wichtigsten Fragen und Antworten

Das sagen Experten: Droht im Winter wirklich der Blackout?

Kerzenlicht ist vor einem Sicherungskasten zu sehen. (Symbolbild)

Kerzenlicht ist vor einem Sicherungskasten zu sehen. (Symbolbild)

Der Winter steht kurz bevor und auf dem Energiemarkt herrscht weiterhin Krise. Ist die Stromversorgung in den kommenden Monaten sichergestellt oder drohen nun häufiger Stromausfälle und Blackouts? Zwei Experten geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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Wann spricht man von einem Blackout?

Nicht jeder Stromausfall ist auch als Blackout zu betrachten. Von einem Blackout spricht man dann, wenn durch ein plötzliches größeres und unvorher­gesehenes Ereignis großflächig die Strom­versorgung zusammenbricht. Ein solches Ereignis ist Teil vieler Katastrophen­szenarien. Eine Situation, in der kontrolliert der Strom in bestimmten Bereichen des Systems abgeschaltet wird – etwa bei einem großen industriellen Verbraucher oder in einem bestimmten Viertel – nennt man hingegen einen Brownout.

Wann kam es zuletzt zu einem Blackout?

Zu einem kurzen Blackout kam es zuletzt im November 2006. Damals hatte der Energiekonzern Eon eine Hoch­spannungs­leitung abgeschaltet, um ein Kreuzfahrtschiff sicher darunter passieren zu lassen. Laut einem Untersuchungs­bericht war die Abschaltung mangelhaft geplant, daher kam es in der Folge zu einem Stromausfall in bis zu zehn Millionen Haushalten in Europa. Diese hielten allerdings nirgendwo länger als zwei Stunden an.

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Wie wahrscheinlich sind ein Blackout oder Brownout als Folge der Energiekrise?

Die Krise auf dem Energiemarkt wird auch im Winter wohl nicht zu größeren Stromausfällen führen, davon gehen Experten aus. „Dass es zu einem Blackout kommt, ist auch in den kommenden Monaten höchst unwahrscheinlich“, sagt Christian Rehtanz. Der Professor ist Inhaber des Lehrstuhls für Energiesysteme und Energie­wirtschaft an der Technischen Universität Dortmund. Gänzlich ausschließen ließe sich zwar nie, dass es etwa durch ein Attentat oder einen Meteoriten­einschlag zu einem möglichen Blackout kommt. Durch die Energiekrise sei diese Gefahr aber nicht größer als zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt.

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Grundsätzlich hilft gegen die steigenden Energiepreise, seine Ausgaben zu kalkulieren und einen Überblick über die Fixkosten zu haben.

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Ähnlich sieht es Wolfgang Fritz, Geschäftsführer von Consentec, einem unabhängigen Beratungs­unternehmen zu Energiefragen: „Ein Blackout, also ein unkontrollierter großräumiger Stromausfall über Tage oder Wochen ist sehr, sehr unwahrscheinlich. Der ist durch die Energiekrise auch nicht wahrscheinlicher geworden. Es gibt keine Notwendigkeit, sich deshalb verstärkt Sorgen zu machen“, so der Experte.

Beide sagen: Selbst wenn die Nachfrage nach Energie das Angebot in einem Moment übersteigen sollte, würde sich das schon vorher abzeichnen, sodass rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden können (siehe unten). Zu einem plötzlichen Blackout würde das nicht führen, denkbar wären aber sogenannte Brownouts bei denen der Strom kontrolliert und nur in bestimmten Bereichen abgeschaltet wird.

Wie wichtig ist Gas für die Strom­versorgung?

Zur Stromversorgung tragen verschiedene Quellen bei wie die erneuerbaren Energien, Kernkraft und Braunkohle. Gaswerke können bei Bedarf schnell zugeschaltet werden, ihre Energie wird deshalb oft genutzt, um kurzfristig Spitzen beim Stromverbrauch auszugleichen. Mögliche Engpässe auf dem europäischen Strommarkt werden aber nicht in erster Linie deshalb befürchtet, weil Gas knapper wird, sagt Energieexperte Wolfgang Fritz. Grund für eine Mangellage bei der Stromversorgung in Europa seien vielmehr die aktuellen Wartungs­arbeiten in französischen Kern­kraft­werken. „Wegen der Corona-Beschränkungen waren diese Arbeiten aufgeschoben worden und müssen nun alle nachgeholt werden“, sagt Fritz. Zudem gebe es Wasser­knappheit in einigen Regionen mit Wasser­kraftwerken. Das Gas habe an der Energie­versorgung nur einen geringen Anteil und werde überwiegend zum Heizen genutzt. Wegen der höheren Gaspreise könne es derzeit aber schlechter genutzt werden, um einen Mangel aus anderen Quellen auszugleichen.

Was passiert, wenn der Strombedarf das Angebot übersteigt?

Kurzfristige Störungen und Schwankungen im Stromnetz treten ständig auf. „Es fällt immer irgendein Kraftwerk aus“, sagt Christian Rehtanz von der Technischen Universität Dortmund. Doch könnten diese in den allermeisten Fällen gut ausgeglichen werden. Sämtliche Kraftwerke in den EU‑Ländern seien vernetzt, sodass sich die Länder stets auch gegenseitig aushelfen können. Sollte sich ein Energiemangel ankündigen, lasse sich also entsprechend planen. „Erst wenn sich dabei zeigt, dass in einer bestimmten Region wirklich nicht genug Strom zur Verfügung stehen wird, kommt auch eine stundenweise Abschaltung von Netzen infrage,“ sagt Rehtanz. Von dieser sei zunächst die Industrie betroffen.

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„Nur wenn das nicht reicht und im allergrößten Extremfall könnten auch Privathaushalte betroffen sein“, so Rehtanz. Vorstellbar sei dann, dass in einem bestimmten Gebiet – nach Ankündigung – für eine Stunde die Stromzufuhr unterbrochen werde. In Ländern wie China sei das übrigens schon länger üblich, um bei wachsender Nachfrage nach Strom die Netze nicht zu überlasten.

Von einem solchen Szenario, einem sogenannte Brownout, sind wir aber in Deutschland noch sehr weit entfernt, sagt auch Wolfgang Fritz: „Ehe es dazu kommt, müssten erst tausend andere Möglichkeiten ausgeschöpft sein.“ Betroffen wäre in jedem Fall zuerst die Industrie, mit der kontrollierte Strom­abschaltungen vertraglich geregelt sind und die dafür vergütet werden kann.

Wie gefährdet ist die Infrastruktur?

Von einer kontrollierten und vorübergehenden Strom­ausschaltung in bestimmten Bereichen der Industrie würden Verbraucher und Verbraucherinnen nichts mitbekommen. Im unwahrscheinlichen Fall, dass in Privathaushalten kontrolliert und stundenweise die Stromzufuhr unterbrochen würde, würde hingegen auch die Heizung während dieser Zeit nicht funktionieren, weil für deren Zündung und Steuerung in der Regel Strom erforderlich ist, erklärt Christian Rehtanz. Kritische Infrastrukturen wie die Wasserversorgung wären aber auch dann nicht betroffen. Selbst bei ungeplanten Stromausfällen sei diese nicht so schnell bedroht, so Rehtanz: „In der Regel kann in Krankenhäusern oder Wasserwerken durch Notstrom­aggregate eine Versorgung für 48 Stunden gewährleistet werden.“

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Werden lokal begrenzte Stromausfälle wegen der Energiekrise wahr­scheinlicher?

Lokal begrenzte und kurzzeitige Stromausfälle könnten im kommenden Winter tatsächlich etwas wahrscheinlicher werden – Grund sei aber nicht die Krise auf dem Energiemarkt, sagt Wolfgang Fritz. Vielmehr hätten sich viele Menschen wegen der steigenden Gaspreise einen elektrische Heizlüfter und Radiatoren angeschafft, in der Hoffnung, dadurch Kosten zu sparen. Das sei ohnehin ein Trugschluss, sagt Fritz: „Denn Strom ist immer noch teurer als Gas, wenn man damit die gleiche Heizleistung erreichen will.“ Außerdem könne es die lokalen Stromnetze belasten und dazu führen, dass bei den Netzbetreibern die Sicherungen herausspringen. Die Folge könnten dann tatsächlich lokale Stromausfälle sein, die sich aber innerhalb von ein bis zwei Stunden beheben lassen würden. „Das wäre zwar für die Verbraucher ärgerlich, aber kein echtes Krisenszenario“, sagt Fritz.

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