Schwieriger Immobilienmarkt: Wenn wohnen immer teurer wird
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Die Preise für Neubauwohnungen steigen schon wieder. Mietpreise kennen ohnehin nur eine Richtung – nach oben.
© Quelle: Marijan Murat/dpa
München. Es gibt wenige, die zeitnah einen besseren Überblick über den deutschen Immobilienmarkt haben als die Onlineplattform Scout 24. „Vermieter werden überrannt“, schildert Scout-24-Chef Tobias Hartmann die aktuelle Lage. Ein Blick in die Daten seines Konzerns gibt über das Ausmaß Auskunft. In Berlin kommen demnach derzeit auf eine angebotene Mietwohnung pro Woche 139 Anfragen. In München sind es 63 und in Hamburg 56 Wohnungssuchende. Verschärft wurde die Lage am Mietmarkt durch Inflation und steigende Zinsen, der Häuslebauer überfordert. „Der Mietmarkt wird überflutet mit Leuten, die eigentlich bauen wollten“, erklärt Hartmann. Viele könnten sich aber einen Hausbau nun nicht mehr leisten und drängten zusätzlich auf den Mietmarkt.
Wie stark dieser Effekt ist, zeigt die Statistik. 2022 ist die Nachfrage für Kaufobjekte nach Scout-24-Daten um die Hälfte eingebrochen, während sie 2021 noch um gut ein Drittel gestiegen war. Spiegelbildlich wurde aus einem dortigen Angebotsrückgang 2021 von einem Fünftel ein Angebotsplus von fast 50 Prozent. „Der Immobilienmarkt ist schwieriger als je zuvor“, betont Hartmann.
„Wir gehen von weiter steigenden Mietpreisen aus“
Das zeigt sich vor allem am Mietmarkt. Habe das Nachfrageplus nach Mietwohnungen 2021 im Vorjahresvergleich noch 4 Prozent betragen, sei es 2022 auf 41 Prozent explodiert, beschreibt der Scout-24-Chef die Entwicklung. Zugleich habe sich das Angebotsminus, das 2021 7 Prozent betragen habe, voriges Jahr auf 20 Prozent verdreifacht. Eine Studie des Pestel-Instituts und des schleswig-holsteinischen Instituts Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen hat das bundesweite Wohnungsdefizit soeben auf rund 700.000 Wohnungen beziffert. In Berlin als dem bundesweit schlimmsten Markt für Wohnungssuchende ist die Leerstandsquote seit 2013 von über 5 auf unter ein Prozent gesunken. Die Prognose Dirk Schmelzers klingt angesichts dieser Entwicklungen zwangsläufig. „Wir gehen von weiter steigenden Mietpreisen aus“, sagt der Scout-24-Finanzchef für 2023 voraus.
Innenministerin Faeser verspricht mehr Wohnraum für Geflüchtete
Nach dem Flüchtlingsgipfel in Berlin am Donnerstag betonte Faeser vor allem auch den Aspekt, dass zusätzlicher Wohnraum für Geflüchtete mobilisiert werden soll.
© Quelle: Reuters
Auch bei den Kaufpreisen für Häuser oder Wohnungen könnte die jüngste preisliche Entspannung nur eine kurze gewesen sein. „In den deutschen Metropolen steigen die Kaufpreise bereits wieder“, weiß Hartmann. Im Schlussquartal 2022 hatte Scout 24 erstmals seit Langem in Deutschland wieder sinkende Preise für Kaufimmobilien registriert. In der Spitze um bis zu einem Zehntel ging es nach unten, im Schnitt um knapp 3 Prozent bei neu gebauten Häusern bis zu durchschnittlich gut 6 Prozent bei neu gebauten Wohnungen. Um etwa 3 Prozent stärker verfallen sind allgemein die Preise von schlecht wärmegedämmten Objekten. Das könnte es im Wesentlichen aber schon gewesen sein mit sinkenden Immobilienpreisen in Deutschland.
Die Kaufpreise für Wohnraum steigen in Metropolen schon wieder
„Wir glauben, dass in vielen Regionen damit ein Plateau erreicht ist“, schätzt Hartmann. Sicher sei das allerdings nicht, da der Markt von vielen Ungewissheiten belastet sei. Nicht in Gefahr sieht er jedoch Wohnungen und Häuser als Kapitalanlage. Trotz der Preisverfälle gegen Ende vorigen Jahres hätten die durchschnittlichen Kaufpreise für Wohnungen und Häuser 2022 insgesamt über dem Niveau des Vorjahres gelegen. Im Fünfjahresvergleich lägen sie um gut die Hälfte höher und im Zehnjahresvergleich um fast das Doppelte. Hausbesitzer dürfte das beruhigen. Mieter und damit die Masse der Deutschen haben davon nichts. „Wohnungssuchende stehen vor sehr großen Herausforderungen“, warnt Hartmann.
Für Scout 24 als Immobilienplattform war das turbulente Jahr 2022 dagegen durchaus geschäftsfördernd. Der Umsatz wuchs um 15 Prozent auf 448 Millionen Euro, der operative Gewinn um 13 Prozent auf 251 Millionen Euro. Unter dem Strich blieb ein Nettogewinn von 124 Millionen Euro. Für 2023 peilt der Konzern einen um rund 12 Prozent steigenden Umsatz und etwas stärker wachsende Gewinne an.