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Warnstreiks nächste Woche denkbar

Die nächste Eskalation: Warum die EVG schon wieder streiken will

Der fast vollständig verlassene Bahnhof in Köln.

Der fast vollständig verlassene Bahnhof in Köln.

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Werden die Eisenbahner demnächst wieder streiken?

Dafür spricht vieles. Kristian Loroch, Verhandlungsführer der Eisenbahnergewerkschaft EVG, sagte am Mittwochmittag: Wenn sich am Verhandlungstisch nichts mehr bewege, bleibe nur, mit Warnstreiks Druck auszuüben. „Die werden wir jetzt vorbereiten und den Arbeitgeber wie auch die Öffentlichkeit rechtzeitig informieren.“

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Wann droht ein neuer Streik?

In dieser Woche und am Wochenende nicht mehr. Dafür ist die Zeit zu knapp. Zudem jährt sich am Samstag das ICE-Zugunglück von Eschede in Niedersachsen zum 25. Mal. Auch aus Rücksicht auf geplante Trauerfeiern und Gottesdienste will die EVG auf Arbeitskampfmaßnahmen verzichten. Denkbar sind Warnstreiks Anfang oder Mitte nächster Woche, die sich dann über mehr als zwei Tage erstrecken könnten.

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Geht an dem Streik kein Weg vorbei?

Die EVG hält sich ein Hintertürchen offen. EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay betonte am Mittwochmittag, dass ein Streik unabweisbar sei, solange kein neues Angebot von der Deutschen Bahn (DB) komme. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, dass der jüngste Warnstreik, der über 50 Stunden gehen sollte, kurzfristig abgeblasen wurde. Vor dem Frankfurter Arbeitsgericht wurde seinerzeit ein Vergleich ausgehandelt. Die Bahn hatte sich als Voraussetzung für weitere Gespräche bereiterklärt, den gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde in den Entgelttabellen festzuschreiben. Sehr gut möglich aber, dass die DB erneut vor Gericht zieht, wenn die EVG einen weiteren Warnstreik ankündigt.

Wie kam es zu der aktuellen Eskalation?

Zunächst sah es so aus, als würden beide Seiten aufeinander zugehen. Am 25. Mai legte die Bahn eine neue Offerte vor. Doch am Dienstagabend teilte die EVG schriftlich mit: „Mit diesem Schreiben weisen wir ihr Angebot als unzureichend zurück.“ Aber zugleich wurde zu weiteren Verhandlungen aufgerufen. DB‑Personalvorstand Martin Seiler lehnte dies aber schon in der Nacht zu Mittwoch vorerst ab. Die EVG beharre stur auf ihren Ausgangsforderungen. „Es macht keinen Sinn, ein weiteres Angebot rauszulegen.“

EVG lehnt Tarifangebot der Deutschen Bahn ab – neue Warnstreiks drohen

Ein neues Angebot der Deutschen Bahn geht der Gewerkschaft EVG nicht weit genug.

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Wo liegen die Knackpunkte?

Zwar wurde schon über eine Reihe von Details verhandelt. Beim Entgelt aber liegen beide Seiten noch weit voneinander entfernt. Die Bahn hat stufenweise 12 Prozent mehr Geld für die unteren Lohngruppen, 10 Prozent für die mittleren und 8 Prozent für die gehobenen offeriert, bei einer Laufzeit von 24 Monaten, plus 2850 Euro als einmalige Inflationsausgleichsprämie. Letzteres weist die EVG zurück. Sie fordert stattdessen einen Sockelbetrag von 650 Euro und 12 Prozent mehr für die oberen Lohngruppen sowie eine Laufzeit von nur zwölf Monaten. Die Bahn biete teilweise weniger als 5 Prozent – auf zwölf Monate gerechnet. Das bedeute für die Beschäftigten Reallohnverlust, so Loroch. Das Statistische Bundesamt meldete am Mittwoch eine Inflationsrate von 6,1 Prozent für den Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Warum wird der Konflikt derart heftig ausgetragen?

Weil beide Seiten viel zu verlieren haben. Die EVG-Führung muss beweisen, dass sie in der Lage ist, hohe Aufschläge zu erkämpfen. Sie kann dabei auf die immer noch hohe Inflation verweisen, und sie hat zugleich wegen des Arbeitskräftemangels bei der Bahn eine starke Verhandlungsposition. Dies auszunutzen ist enorm wichtig, weil die Eisenbahnergewerkschaft gegen die Lokführergewerkschaft GDL um Mitglieder konkurriert. Auf der anderen Seite: Die Bahn darf sich nicht nachgiebig zeigen. Denn dann würde sie bei der GDL noch höhere Forderungen provozieren. Die GDL will am kommenden Montag publik machen, womit sie im Herbst in die Verhandlungen geht.

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Inwieweit beeinflusst die GDL den laufenden Tarifkonflikt zwischen Bahn und EVG?

Ingenschay betonte, die GDL sei „irrelevant“, denn die EVG-Forderungen seien in 50 Tarifkommission für 50 Unternehmen erarbeitet und orientierten sich an den Bedürfnissen der Beschäftigten – es geht nicht nur um die DB, sondern auch um weitere regionale Eisenbahnfirmen. Insider gehen aber davon aus, dass die GDL zumindest für Störfeuer sorgt und versucht, den Gewerkschaftsrivalen zu schwächen. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass die Bahn nun die Verhandlungen vorerst abgebrochen hat. Gut möglich, dass in der nächsten Woche – wenn die GDL-Forderung auf dem Tisch liegt – die Streikbereitschaft der EVG-Mitglieder getestet werden soll. Aber auch für die EVG ist es vor einem Abschluss wichtig zu wissen, was die GDL will.

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Wie könnte eine Lösung des Konflikts aussehen?

Es gibt bereits Bahnunternehmen, die einen Sockelbetrag akzeptieren wollen, und zwar von 350 Euro. Auch die Bereitschaft für eine zwölfmonatige Laufzeit ist offenbar vorhanden. Damit würden zwei zentrale Punkte der EVG erfüllt.


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