Spielwarenhersteller erwarten Rekordjahr: „Gewinner der Pandemie“

Die Spielwarenbranche trotzt der Pandemie.

Die Spielwarenbranche trotzt der Pandemie.

Ulrich Brobeil hat für den aktuellen Boom seiner Branche eine einfache Erklärung parat. „Spielen war noch nie so wichtig wie heute, denn man rückt dabei enger zusammen und kann der Realität auf Zeit entfliehen“, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie, Ulrich Brobeil. Amtskollege Steffen Kahnt vom Handelsverband Spielwaren stößt ins gleiche Horn. „Spielwarenhändler sind Gute-Laune-Lieferanten, auch wenn nichts mehr geht.“

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Um bis zu 9 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro könnten die Umsätze der Branche nach Endverbraucherpreisen hierzulande im Corona-Jahr 2020 steigen, sagen Marktforscher voraus, während die heimische Wirtschaft allgemein in eine tiefe Rezession rutscht. Es gibt klare Treiber und Favoriten. So haben Spiele und Puzzles in den ersten zehn Monaten des Jahres um fast ein Viertel zugelegt und damit so stark wie sonst keine Spielwarengruppe. Fast ein Fünftel mehr verkauft wurden auch Bastelartikel und im Corona-Sommer Outdoorspielzeug wie Trampolin oder Schaukel.

Weihnachten vermutet Kahnt auf den Wunschzetteln der Kinder vor allem Experimentierbaukästen, mit denen sich mittlerweile auch Biokosmetik im Kinderzimmer herstellen lässt. „Wir sind auf der Sonnenseite“, jubelt der Händler. So gesehen kann man sogar einer Pandemie mit Lockdown-Zeiten etwas Positives abgewinnen. „Vielleicht erinnern sich Kinder einmal daran als die Zeit, wo Mama und Papa viel Zeit hatten“, spekuliert Kahnt.

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Auch Amazon zählt zu den Profiteuren

Die Freude in der Branche ist aber nicht allumfassend. Denn es profitiert vor allem der Onlinehandel. Der hat stationären Händlern schon in den letzten Jahren stetig Marktanteile abgeknöpft. In der Pandemie kommt es zu einem wahren Sprung. Von 42 auf wohl 52 Prozent werde der Marktanteil von Online-Spielwarenhändlern dieses Jahr wohl steigen, schätzt Kahnt. Dieser Zuwachs geht zwar auch auf das Konto stationärer Händler, wenn die parallel online verkaufen.

Als bei Weitem größter Einzelprofiteur gilt in der Branche aber Onlineriese Amazon. In stationäre Läden kämen im beginnenden Weihnachtsgeschäft weniger Kunden, die allerdings dann gezielt und mehr kaufen, beschreibt Kahnt die Lage. „Manche unterstützen mit einem neuen Lokalpatriotismus das Geschäft um die Ecke“, hat er beobachtet. Perspektivisch ist er aber um stationäre Händler besorgt, auch weil sich das Einkaufsverhalten mit starkem Trend zum Onlineeinkauf wohl nach der Pandemie nicht mehr zurückbilde.

Lego und Ravensburger legen deutlich zu

Ambivalent ist die Entwicklung auch bei den Spielwarenherstellern, wo aktuell vor allem Größen wie Lego, Ravensburger oder auch Kosmos von einem Run profitieren. „Topmarken haben klar die Nase vorn“, stellt Brobeil klar. Das werde voraussichtlich den Konzentrationsprozess in der Branche beschleunigen. Nichts zu lachen hätten zudem Hersteller von Karnevalsartikeln. Auch Plüschtiere waren im bisherigen Jahresverlauf wenig gefragt. Unter dem Strich würde aber auch die Spielzeugindustrie ein „Krisenwunderjahr“ erwarten sowie dessen Fortsetzung 2021, sagt Brobeil. „Wir zählen zu den Gewinnern der Pandemie“, stellt er klar.

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Das ist nicht überall in Europa so. Die aktuellen Zuwachsraten beim Branchenumsatz von hierzulande 11 Prozent bis Ende Oktober seien in Europa einzigartig, betont Joachim Stempfle. Er ist Marktforscher bei der auf die Branche spezialisierten NPD Group. Von den fünf größten Spielwarenmärkten des Kontinents verzeichne derzeit nur der in Großbritannien mit 7 Prozent noch ein Plus, während Spielzeug in anderen großen Märkten wie Spanien oder Italien verliert.

Weihnachtsgeschäft könnte Rekorde brechen

Der Experte erklärt das damit, dass der Lockdown in Deutschland verglichen mit dem Ausland relativ harmlos war und Spielwaren immer auch im stationären Handel über Discounter oder Supermärkte verfügbar waren. Zudem sei der Onlineanteil im Spielwarenhandel hierzulande schon vor Ausbruch der Pandemie deutlich größer gewesen als in anderen Ländern Europas. Dabei kommen die entscheidenden Wochen der Branche erst noch. Rund 40 Prozent aller Spielwaren werden erfahrungsgemäß in den vier Wochen vor Heiligabend verkauft.

Auch für den Jahresendspurt ist Stempfle optimistisch. „Ich bin zuversichtlich, dass es ein Rekordjahr bei Spielwaren wird und ein Weihnachtsgeschäft, wie wir es lange nicht gesehen haben“, sagt der Marktforscher und geht als Prognostiker damit diesmal wohl kein großes Risiko ein.

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