„Könnte sehr teuer werden“: Verbraucherschützerin Pop rät zu unabhängiger Beratung vor Heizungstausch
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Ramona Pop ist seit 2022 Vorstandsvorsitzende der Verbraucherzentrale des Bundesverbandes (vzbv).
© Quelle: Britta Pedersen/dpa
Berlin. Deutschlands oberste Verbraucherschützerin Ramona Pop warnt davor, jetzt noch eine neue Gas- oder Ölheizung einzubauen. „Niemand kann ernsthaft mehr dazu raten, sich jetzt noch eine neue Öl- oder Gasheizung in den Keller zu stellen“, sagte die Chefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Auf mittlere und längere Sicht könnte das sehr teuer werden, unter anderem auch durch den Emissionshandel“, so Pop. Sie appellierte daran, sich vor einem Heizungswechsel unbedingt unabhängig beraten zu lassen.
Im vergangenen Jahr seien noch etwa 600.000 Gasheizungen neu eingebaut worden, so die VZBV-Chefin. Allerdings werde die CO₂-Bepreisung fossile Brennstoffe, also Öl und Gas, mittelfristig teuer machen. „Wer jetzt eine Gasheizung einbaut, muss also künftig mit deutlich steigenden Kosten rechnen“, sagte Pop.
Was ist mit grünem Wasserstoff?
Gasheizungen, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden können, seien aus Sicht des VZBV auch keine sinnvolle Option. „Denn es gibt bis auf Weiteres nicht genügend grünen Wasserstoff, was diesen im Übrigen auch sehr teuer macht“, erklärte Pop. Zudem könnten „H2-ready“-Gasheizungen aktuell lediglich zu maximal 20 bis 30 Prozent mit Wasserstoff betrieben werden. „Das reicht nicht, um die im Gesetz vorgesehenen 65 Prozent erneuerbaren Energien beim Heizen zu erreichen.“
Bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern hätten die aufgeheizten Debatten der vergangenen Wochen zu einer Verunsicherung beigetragen, sagte Pop. „Aber niemand muss jetzt überstürzt handeln, niemand muss seine funktionierende zehn oder 20 Jahre alte Heizung teuer ersetzen“, so die Verbraucherschützerin. „Die Wärmewende ist ein Marathon, kein Sprint.“ Klar sei aber auch, dass die privaten Haushalte Unterstützung vom Staat brauchten, um ihre Häuser und Wohnungen Schritt für Schritt umzurüsten.
Pop: „Wohnen im Eigenheim darf kein Luxusgut werden“
Die Ampelkoalition hat in der vergangenen Woche das viel diskutierte Gebäudeenergiegesetz auf den Weg gebracht. Demnach sollen ab 2024 neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Es würde das Aus für reine Öl- und Gasheizungen bedeuten. Entscheidend sei nun die Förderung, sagte Pop zu den Regierungsplänen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher könnten den Heizungsumbau nicht allein stemmen. „Aus unserer Sicht muss die finanzielle Förderung Planungssicherheit geben und eine sozial gerechte Staffelung enthalten“, so Pop. „Wohnen im Eigenheim darf kein Luxusgut werden.“
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Wo die Wärme herkomme, sei aber nur eine Seite der Medaille. Parallel müsse der Energieverbrauch – und damit auch die Energiekosten – deutlich gesenkt werden. Gebäude müssten energieeffizienter werden. Dazu brauchten Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer weit mehr als die bisherigen Fördermöglichkeiten. „Und die Kosten dürfen nicht über Gebühr über eine Umlage bei den Mieterinnen und Mietern ankommen“, so Pop. „Der Schutz der Mieterinnen und Mieter muss gestärkt werden.“ Es brauche eindeutige Regelungen zur Höhe der umlagefähigen Kosten bei einem Heizungstausch. „Das heißt konkret: Die Modernisierungsumlage muss gesenkt und zeitlich befristet werden“, forderte die VZBV-Chefin.
Bei den Verbraucherzentralen gehen viele Anfragen ein
Die Verbraucherzentralen in den Bundesländern spüren einen enormen Informationsbedarf. „Wir haben eine riesige Nachfrage derzeit“, sagt Thomas Zwingmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Im vergangenen Jahr seien schon viele Anfragen dazu gekommen, ob das Gas nun knapp werde, jetzt gehe es ums Thema Heizen und Wärmepumpen. „Die Leute wollen wissen, was sie tun müssen.“ Ähnlich sieht es in Brandenburg aus: „Wir verzeichnen einen sehr hohen Informationsbedarf zum Thema Heizungstausch, hier herrscht große Verunsicherung“, so Joshua Jahn von der dortigen Verbraucherzentrale.
Von Januar bis März 2023 verzeichneten die Verbraucherzentralen in den Ländern 76.095 Energieberatungen, die meisten davon in Bayern, NRW und Baden-Württemberg. Im kompletten Jahr 2022 kam es nach VZBV-Angaben zu 278.225 Beratungen. Vor allem Beratungen mit Blick aufs Energiesparen sind gefragt, wie jüngste Zahlen aus Brandenburg zeigen: 2022 verzeichnete die dortige Verbraucherzentrale 4618 Energiesparberatungen. „Im ersten Quartal 2023 sind die Zahlen annähernd so hoch wie im Vergleichszeitraum 2022″, so John.
Worauf ist bei einer Energieberatung zu achten?
Wer sich unsicher ist, welche Heizform am sinnvollsten ist, oder wie sich im Haus Energie sparen lässt, kann eine solche Energieberatung in Anspruch nehmen. „Wer eine kompetente Energieberatung sucht, sollte darauf achten, dass sie qualifiziert und unabhängig ist“, rät VZBV-Chefin Ramona Pop. Sie empfiehlt einen Blick auf die Energieeffizienz-Experten-Liste der deutschen Energie-Agentur. Wer dort auftauche, müsse einheitliche, hohe Anforderungen erfüllen. Wer keine umfangreiche Sanierung plane, sondern Einzelmaßnahmen wie einen Heizungsaustausch oder eine Kellerdeckendämmung, finde auch bei der Verbraucherzentrale eine Anlaufstelle.
Um seriöse Anbieter von unseriösen zu unterscheiden, empfiehlt Zwingmann, im ersten Gespräch zu ermitteln, ob der Berater oder die Beraterin auf die Fragen und konkreten Ideen eingehe oder ob ein Standardprogramm abgespult werde. „Ich würde mir auch immer Referenzen nennen lassen.“