Betriebsärzte beginnen mit Impfungen: Was Mitarbeiter nun wissen müssen
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In Niedersachsen durften fünf Unternehmen schon früher mit dem Impfen beginnen. Sie konnten an Modellversuchen teilnehmen – dazu gehörte auch die Sartorius AG.
© Quelle: Swen Pförtner/dpa
Hannover. An diesem Montag werden erstmals auch die Betriebsärzte und -ärztinnen mit Impfstoff gegen das Coronavirus beliefert. Dann kann auch die Impfung in den Unternehmen starten.
Zuvor hatte es schon Modellversuche gegeben, zum Beispiel hatte das Land Niedersachsen einzelnen Firmen wie Rossmann, Volkswagen und Sartorius im Mai Impfstoff zur Verfügung gestellt. Die wichtigsten Fragen im Überblick:
Wie viele Dosen Impfstoff stehen den Betriebsärzten zur Verfügung?
Der Impfstoff wird jede Woche neu zugeteilt. Für die Woche ab dem 7. Juni wurden den Betriebsärzten vom Bundesgesundheitsministerium insgesamt 702.000 Dosen des Impfstoffs Biontech zugesagt. Mehr als 6100 Betriebsärzte und -ärztinnen haben Impfstoff bestellt, deshalb erhält jeder in der ersten Woche 102 Impfdosen. Für die darauffolgende Woche stehe die Liefermenge noch nicht fest, sagt Wolfgang Panter, Präsident des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte. Er erwarte aber, dass es weniger wird. „Für die kommende Woche konnte jeder Betriebsarzt 800 Dosen bestellen und er bekommt am Ende 102. Für die darauffolgende Woche kann jeder Betriebsarzt nur noch 300 Dosen bestellen. Das ist ja ein klares Signal.“
Die Impfstraßen, die viele große Firmen eingerichtet haben, werden also vermutlich zunächst nicht ausgelastet sein. Volkswagen zum Beispiel hat bereits vor Wochen an allen deutschen Standorten Impfzentren aufgebaut. Allein in Wolfsburg wurden in der Halle Hafen 1 vier Impfstraßen eingerichtet, auf denen bis zu 15.000 Menschen pro Woche geimpft werden könnten.
Geht es gleich am Montag los?
Wahrscheinlich nicht. Die Apotheken liefern den Impfstoff in der Regel am Montagnachmittag, je nach Region auch erst am Dienstag. Panter hält es deshalb für wahrscheinlich, dass die meisten Betriebsärzte am Mittwoch mit dem Impfen beginnen werden. So handhabt es auch der Autobauer Volkswagen. Das Unternehmen will nach Angaben eines Konzernsprechers Mitte nächster Woche an allen deutschen Standorten mit den Impfungen loslegen.
Wie läuft die Terminvergabe?
Das obliegt den Betriebsärzten. Bei Volkswagen zum Beispiel erhalten alle Beschäftigten ein persönliches, nicht übertragbares Angebot zur Covid-19-Impfung per Post nach Hause. Per beigefügtem TAN-Code können sie dann ihren Impftermin reservieren. Allerdings wird die Terminvergabe kurzfristig gemacht. „Da wir keinen Einfluss auf die an uns gelieferten Impfstoffmengen haben, die vonseiten der zuständigen Behörden gesteuert werden, können wir die Termine für unsere Beschäftigen nur von Woche zu Woche freigegeben“, sagt der Leiter des Bereichs Gesundheitswesen und Arbeitsschutz, Lars Nachbar.
Bleibt es bei Biontech als Impfstoff?
Laut Gesundheitsministerium sollen die Betriebsärzte in den ersten beiden Wochen ausschließlich Biontech-Impfstoff bekommen. Für die Zeit danach steht die Zuteilung noch nicht fest. „Sicherlich würden viele Betriebsärzte den Impfstoff von Johnson & Johnson präferieren, weil er nur einmal injiziert werden muss. Das bedeutet natürlich weniger organisatorischen Aufwand“, so Panter.
Welche Mitarbeiter werden zu erst geimpft?
Der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte empfiehlt, das von der Gefährdungssituation abhängig zu machen, also die Mitarbeiter zuerst zu impfen, die ein höheres Risiko haben, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Das betrifft zum Beispiel Mitarbeiter mit viel Kundenkontakt oder solche, die in Werkshallen eng zusammenarbeiten. Nachrangig sollen Mitarbeiter geimpft werden, die etwa in der Verwaltung arbeiten und das Homeoffice nutzen können.
Panter rät Unternehmen außerdem, mögliche Nebenwirkungen einzukalkulieren: „Vor allem in Arbeitsbereichen, die Auswirkungen auf das ganze Unternehmen haben, also zum Beispiel der Leitstand in einem Kraftwerk, sollte man besser nicht alle Mitarbeiter gleichzeitig impfen.“
Dürfen auch Familienmitglieder im Betrieb geimpft werden?
Das ist zum jetzigen Zeitpunkt in der Corona-Impfverordnung nicht vorgesehen. Laut der Vorgabe sollen die Betriebsärzte ihre Impfdosen den Mitarbeitern zukommen lassen. Das kann sich aber durchaus in den nächsten Wochen wieder ändern.
Was ist mit Mitarbeitern kleinerer Unternehmen?
Kleine- und mittelgroße Unternehmen haben oft keinen eigenen Betriebsarzt, aber auch ihre Mitarbeiter haben einen Anspruch auf eine arbeitsmedizinische Versorgung. Deshalb haben sich kleinere Unternehmen meist einer Praxis von selbstständigen Betriebsärzten angeschlossen. Auch diese konnten Impfstoff bestellen und können ihn nun ihren Patienten und Patientinnen verimpfen. Da die Impfstoffmenge nicht an die Größe der Belegschaft gekoppelt ist, sondern pro Betriebsarzt zugewiesen wird, haben die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kleinerer Firmen die gleichen Chancen auf eine Impfung.
Ist die Impfung Arbeitszeit?
Rein rechtlich gesehen nicht. Nach Angaben des Arbeitgeberverbandes BDA wird die Impfung durch den Betriebsarzt oder die Betriebsärztin zwar ermöglicht, der Arbeitnehmer kann in den meisten Fällen aber frei entscheiden, ob er das Angebot annimmt. Weil die Impfung also nicht betrieblich veranlasst wird, handelt es sich auch nicht um Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Allerdings empfiehlt die BDA, einvernehmliche Lösungen zu finden, um die Impfbereitschaft der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu erhöhen. Auch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung sei möglich.