Leichtathletik

Mit Lockerheit zur Super-Zeit: Luna Thiel arbeitet sich zurück und verblüfft in Berlin

Voll fokussiert: Luna Thiel rennt bei einem Meeting im Sommer in Regensburg in der 4x400-Meter-Staffel. Sie ist seit 2022 Deutschlands zweitschnellste Athletin über die längste Sprintdistanz.

Voll fokussiert: Luna Thiel rennt bei einem Meeting im Sommer in Regensburg in der 4x400-Meter-Staffel. Sie ist seit 2022 Deutschlands zweitschnellste Athletin über die längste Sprintdistanz.

Hannover. Ihr Oberkörper hebt und senkt sich schnell, ihre Hände sind in die Hüften gestemmt, sie schnappt nach Luft. Nur noch fünf Sekunden, dann ist die Pause vorbei. Der nächste Lauf steht an. Konzentriert blickt Luna Thiel nach vorne und rennt los. Die Spikes ihrer Schuhe bohren sich in die Laufbahn des Olympiastützpunktes Niedersachsen. Nach 50 Meter stoppt sie langsam ab. Noch ein Durchgang, dann ist der erste Teil des vierstündigen Trainings an diesem Tag geschafft. Insgesamt sechs Mal 50 Meter muss die Leichtathletin mit kurzen Pausen zwischen den Läufen zurücklegen – also 300 Meter. Diese sollen dann genauso schnell sein, wie die ersten 300 Meter in ihrem Wettkampf. Da komme sie an diesem Tag auch schon ganz gut heran, urteilt ihr Trainer.

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Luna Thiel

Das Vorstellungsvideo der ISTAF-Siegerin und EM-Teilnehmerin vom VfL Eintracht Hannover für die NP-Sportlerwahl 2022.

Thiels Disziplin: die längste Sprintstrecke in der Leichtathletik, die 400 Meter. Ganz freiwillig war die Entscheidung dafür nicht. Ursprünglich kommt die 23-Jährige von den 200 Metern. „Wegen meiner großen Statur und meiner langen Beine meinte der Bundestrainer, ich sollte mal die 400 Meter ausprobieren“, erinnert sich Thiel. Eine erfolgreiche Entscheidung – auch wenn diese für die Sportlerin zunächst mit Zähne knirschen verbunden war. „Die 400 Meter tun weh – und es macht nicht immer Spaß“, sagt sie lachend.

Das Publikum im Olympiastadion pusht Luna Thiel zum Sieg

Doch die Umstellung zahlte sich schon ein Jahr später aus: 2019, mit gerade Mal 19 Jahren, wurde sie Deutsche Meisterin, feierte ihr WM-Debüt und holte eine Staffelmedaille bei der U23-EM. Die Jahre 2020 und 2021 wurde ihr Höhenflug durch eine Darmkrankheit unterbrochen – keine einfache Zeit für die Thiel. 2022 bekam sie eine Woche vor den Deutschen Meisterschaften Corona, kämpfte sich aber zurück und feierte bei der Heim-EM in München mit dem fünften Rang der 4x400-Meter-Staffel ein gelungenes internationales Comeback.

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Doch damit nicht genug: Die Leichtathletin gewann beim prestigeträchtigen Internationalen Stadionfest in Berlin (ISTAF) im September 2022 den 400 Meter Lauf in 51,2 Sekunden – persönliche Bestleitung. Damit ist sie zweitschnellste deutsche Sprinterin in ihrer Disziplin. „Das habe ich tatsächlich nicht erwartet“, sagt Thiel. Denn eigentlich war für sie die Saison nach der EM vorbei – sie hatte nur noch locker trainiert. „Es war super laut im Olympiastadion“, erinnert sie sich. Das habe enorm gepusht. Sie sei ohne Druck einfach gelaufen, der Sieg „ist für mich immer noch sehr surreal“.

Der Trainingsplan der 23-Jährigen ist prall gefüllt

Um diese guten Leistungen abrufen zu können, ordnet Thiel ihr komplettes Leben dem Sport unter. Seit sie 14 war, pendelte sie aus ihrer Heimat Bückeburg nach Hannover. Erst im Februar 2020 zog sie in die Landeshauptstadt. „Der Aufwand war einfach zu groß“, erklärt die Sprinterin, da sie neben dem Leistungssport bis April 2022 auch Öffentlichkeitsarbeit im Bachelor an der Hochschule Hannover studierte.

Von Montag bis Sonnabend ist Thiels Trainingsplan gefüllt. Mal mehr und mal weniger anstrengend. Neben fordernden Einheiten auf der Bahn und im Kraftraum des Olympiastützpunktes steht für die 23-Jährige auch regenatives Training auf dem Programm. Zeit für Freunde und Familie bleibe da eher wenig, meistens eher spontan. „Ich habe vier Wochen im Jahr Zeit, um zu verreisen“, sagt Thiel, die seit dem 1. Januar für den VfL Wolfsburg startet. Zuvor war sie sechs Jahre für den Südstadt-Club VfL Eintracht Hannover gelaufen.

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Diese Einschränkungen nimmt Thiel gerne in Kauf – so scheint es zumindest. Die junge Frau mit dem blonden, langen Pferdeschwanz beginnt zu strahlen, sobald sie über ihre Leidenschaft redet. „Ich will tatsächlich nicht wissen, wer ich ohne den Leistungssport wäre“, gesteht sie. Er habe sie reifen lassen, vermittelte ihr Disziplin und Ehrgeiz. 2023 sind die Hallen-EM und die WM in Budapest, sowie weitere Internationale Meetings ihr großes Ziel. Zudem möchte sie konstant 51 Sekunden laufen – darauf arbeitete sie jeden Tag hin.

Von Laura Ebeling

NP

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