Mit Zielstrebigkeit und Willensstärke: Christophe Schuler geht die Abenteuer erfolgreich an
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Christophe Schuler fühlt sich auf dem Grün pudelwohl.
© Quelle: Axel Herzig
Hannover. Der weiße Ball ruht auf dem Tee. Konzentriert steht Christophe Schuler am Abschlag. Ein paar Probeschwünge, den Blick kurz Richtung Loch, dann holt er aus und schlägt kraftvoll mit dem Schläger gegen den Ball. Dieser fliegt hoch durch die Luft, hüpft ein-, zweimal über das Grün und kommt schließlich zum Stillstand. „Der war sehr gut!“, ruft Mutter Dorothea und strahlt. Christophe jedoch lässt sich in seiner Konzentration kaum stören, geht mit großen Schritten zum Ball, fokussiert diesen erneut und versenkt ihn mit dem Putter im Loch. Zufrieden schaut er drein, sucht mit Blicken die Bestätigung der Mutter.
Der 34-jährige Golfspieler hat das Downsyndrom. Mit seiner Zielstrebigkeit und Willensstärke hat er bereits großartige sportliche Erfolge gefeiert. 2022 gewann er bei den Special-Olympics-Landesspielen in Schleswig-Holstein zwei Medaillen. Gold im Level 4, einem Neun-Loch-Turnier, und Silber im Level 1, einer Art Geschicklichkeitswettkampf, bei dem er die Grundschläge präsentieren muss. Bei den Nationalen Spielen von Special Olympics in Berlin wurde er Vierter im Neun-Loch-Wettbewerb.
Ausrüstung von Christophe Schuler umfasst zwölf Schläger
Seit 2010 spielt Christophe Golf. Durch seinen Vater ist er auf diese Sportart aufmerksam geworden und dabeigeblieben. Seine Ausrüstung umfasst inzwischen zwölf unterschiedliche Schläger, denn je nach Länge der Schläge muss er sich für einen bestimmten Schläger entscheiden. Im Rahmen von Special Olympics hat Christophe unglaublich eindrucksvolle Erfahrungen mit und durch den Sport gesammelt. Eines seiner größten Abenteuer war 2019 die Reise zu den World Games nach Abu Dhabi. „Da war es sehr heiß!“, erinnert sich der Golfspieler. Es war das erste Mal, dass er ohne seine Eltern eine solch große internationale Reise angetreten hat. Seitdem gehören große Ereignisse zu seinem sportlichen Leben dazu.
Golf spielt im Leben des jungen Mannes eine wichtige Rolle. Dreimal pro Woche trainiert er beim Golfclub Lilienthal in einer inklusiven Trainingsgruppe seine Fertigkeiten und arbeitet Schlag für Schlag an seiner Präzision. Außerdem arbeitet er seit einigen Jahren als Greenkeeper auf dem Gelände. „Zu meinen Aufgaben gehört das Bälleeinsammeln von der Driving Range, ich muss die Bälle waschen, die Maulwurfhügel plattmachen, die Bunker harken und den Rasen mähen“, erzählt er. Bei all dem ist Christophe äußerst penibel und gründlich.
Routinen geben dem 34-Jährigen Sicherheit im Alltag
Überhaupt sind ihm die täglichen Routinen wichtig, geben ihm Sicherheit im Alltag. Unvorhergesehenes stellt ihn vor große Herausforderungen, wie zum Beispiel die Verspätung einer Straßenbahn. In verschiedenen Bereichen bewegt er sich jedoch selbständig. Kurze Wege und natürlich die Unterstützung seines Umfeldes helfen Christophe dabei, sich zurechtzufinden.
Im Niels-Stensen-Haus, das von der Stiftung Leben und Arbeiten in Lilienthal betrieben wird, wohnt Christophe in einer Gruppe mit sieben weiteren Personen, die allesamt mit einer Behinderung leben. Er hat sein eigenes Zimmer, teilt sich Küche und Aufenthaltsräume mit den anderen und fühlt sich dort sehr wohl. Wichtige Freundschaften sind über die Jahre entstanden, so dass er in seiner Freizeit mit ihnen ins Kino geht oder auch mal in ein Schnellrestaurant – „aber nicht zu oft“, wie Christophe betont. Wie seine Eltern ist er ein begeisterter Opern-Fan und hat auch schon ein Konzert der Wiener Philharmoniker besucht. Überhaupt ist der 34-Jährige vielseitig interessiert. „Ich fahre gerne Ski in Österreich“, erzählt er. Regelmäßig spielt er Badminton und hat den modernen Ausdruckstanz für sich entdeckt. In einer inklusiven Gruppe von 25 Tänzer*innen bewegt er sich gern zu Musik.
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Christophe ist ein geselliger Mensch und möchte möglichst selbständig leben und Entscheidungen treffen. „Im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützen wir das natürlich auch“, betont seine Mutter. Dort, wo er sich auskennt, zeigt er sich kompetent und sicher. Und auch seine Wünsche formuliert der Golfspieler sehr deutlich. „Ich möchte bei den Special Olympics Weltspielen im Unified Team mit Maik zusammen antreten.“ Dafür trainiert er eifrig auf dem Golfplatz – auch im Winter. Ein Unified Team besteht bei den Special Olympics immer aus einem Sportler mit und einem ohne Behinderung. Maik ist ein ehemaliger Mitarbeiter des Niels Stensen Hauses.
Doch abgesehen vom Sportlichen freut sich Christophe auch wieder auf die große Geselligkeit bei den Spielen und hofft nicht zuletzt deshalb, 2023 wieder für die World Games nominiert zu werden. Dass er dann hochkonzentriert und zielsicher seine Bälle schlagen wird, versteht sich natürlich von selbst. Doch vorher freut er sich auf die Gala anlässlich der Wahl des Behindertensportler des Jahres und hofft selbstverständlich darauf, zu gewinnen. Gewinnen macht ihm schließlich großen Spaß!