IOC empfiehlt: Russische und belarussische Sportler sollen wieder bei internationalen Wettkämpfen antreten
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/AMYLGCBEL5EBZNGFUTE2TNBFZU.jpeg)
Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, bei der Eröffnung der Sitzung der Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Olympischen Haus.
© Quelle: Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die Rückkehr russischer und belarussischer Sportlerinnen und Sportler zu internationalen Sportwettbewerben empfohlen. Die Entscheidung dazu gab IOC-Präsident Thomas Bach nach einer Sitzung der IOC-Spitze am Dienstag im schweizerischen Lausanne bekannt. Eine Wiederzulassung sei jedoch an Bedingungen geknüpft, machte Bach deutlich. „Wir stehen zu unseren olympischen Werten.“
+++ Alle aktuellen News zum Krieg in der Ukraine im Liveblog +++
Die Athletinnen und Athleten müssen etwa unter neutraler Flagge starten, sich klar zur olympischen Charta bekennen. Sie müssen auf Flagge, Hymne und Symbole ihrer Heimatnationen verzichten und sich an die Antidopingbestimmungen halten. Sportlerinnen und Sportler mit Verbindung zu Militär und Sicherheitsorganen sollen dem Beschluss der IOC-Spitze vom Dienstag zufolge aber ausgeschlossen bleiben. Gleiches gelte für Mannschaften.
Laut Bach enthalte der IOC-Beschluss noch keine Entscheidung über eine Teilnahmeerlaubnis für Russinnen, Russen sowie Belarussinnen und Belarussen für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Diese werde erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen, so der IOC-Präsident. „Das ist jetzt nicht der passende Zeitpunkt“, sagte der 69-Jährige.
Nach dem Willen des olympischen Dachverbands dürfen aber weiterhin keine internationalen Wettbewerbe in Russland und Belarus stattfinden. Regierungsvertreter aus beiden Ländern dürfen nicht zu Wettkämpfen eingeladen werden.
Ukraine droht mit Olympiaboykott
Der olympische Dachverband um Präsident Bach plädierte bereits zuvor für eine Rückkehr von Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus in internationale Wettkämpfe, weil diese sonst dauerhaft diskriminiert würden. Politik dürfe keinen Einfluss auf den Sport nehmen, betonte Bach zuletzt immer wieder.
Widerstand gegen den Kurs des IOC gibt es vor allem aus der Ukraine und einer Reihe von westlichen Ländern. Die Ukraine verweist darauf, dass viele russische Spitzensportler auch Angehörige des russischen Militärs sind. In einer Schalte von IOC-Chef Bach mit Nationalen Olympischen Komitees am Vorabend der IOC-Beratungen erinnerte der ukrainische Sportminister Wadym Gutzajt daran, dass bereits 262 ukrainische Sportler und Trainer im Krieg mit Russland getötet worden seien.
Putin kündigt an: Russland stationiert Atomwaffen in Belarus
Russlands Präsident Wladimir Putin kündigt Verlegung von Atomwaffen nach Belarus an.
© Quelle: dpa
Die Ukraine droht auch mit dem Boykott internationaler Wettbewerbe bis hin zu Olympia, um Aufeinandertreffen mit Athleten aus Russland und Belarus zu vermeiden. Der Deutsche Olympische Sportbund hält eine Rückkehr russischer und belarussischer Athletinnen und Athleten zu internationalen Wettkämpfen für falsch, widersetzt sich aber nicht der Mehrheit der Befürworter.
„Der DOSB war und ist weiterhin gegen die Wiederzulassung“, twitterte der Dachverband des deutschen Sports am Dienstag. „Aber wir akzeptieren, dass wir mit dieser Haltung einer Minderheit im internationalen Sport angehören.“ Es sei nun umso wichtiger, dass die strikten Voraussetzungen glaubhaft umgesetzt und bei Verstößen Sanktionen verhängt würden. Bereits zuvor hatte Verbandschef Thomas Weikert einen Olympiaboykott des DOSB „aus grundsätzlichen Erwägungen“ ausgeschlossen.
IOC erhält auch Rückendeckung
„Die Entscheidung des IOC ist ein Schlag ins Gesicht der ukrainischen Sportlerinnen und Sportler“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Es gebe keinen Grund für eine Rückkehr Russlands in den Weltsport. „Wer den Kriegstreiber Russland internationale Wettbewerbe für seine Propaganda nutzen lässt, der schadet der olympischen Idee von Frieden und Völkerverständigung“, ergänzte Faeser.
Bereits im Februar hatten die Sportminister aus 35 Ländern in einer gemeinsamen Erklärung den weiteren Ausschluss russischer und belarussischer Sportlerinnen und Sportler gefordert. Neben Deutschland hatten auch andere Topsportnationen wie Großbritannien, die USA, Australien, Japan und Frankreich diese Haltung unterstützt.
Aus anderen Teilen der Welt erhält das IOC Rückendeckung für eine Aufhebung des seit Beginn des Krieges geltenden Banns. Vor allem in Afrika, Asien, Südamerika und Ozeanien findet die Rückkehr von Russinnen, Russen, Belarussinnen und Belarussen viele Befürworter.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/DNMS5MV7X5CFTDEYTP3HOLSVHI.jpeg)
Lebenslang traumatisiert? Welche Folgen die Verschleppung nach Russland für ukrainische Kinder hat
Sie verlieren ihre Eltern, ihre Heimat und schließlich ihre Identität – die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland erfüllt laut UN die Kriterien eines Kriegsverbrechens. Welche psychischen Folgen diese Deportation für die Kinder haben könnte, erklärt eine Expertin.
Mit der Vorgabe einer einheitlichen Linie will das IOC laut Bach ein „totales Tohuwabohu“ im Weltsport vermeiden. Doch das scheint in der Praxis ziemlich schwierig. Der Leichtathletik-Weltverband verlängerte gerade den Ausschluss von Russen und Belarussen wegen des Krieges. Im Boxen dagegen durften Athletinnen und Athleten aus den beiden Ländern zuletzt bei der Amateur-WM sogar unter ihrer Landesflagge starten und im Falle eines Sieges auch die Nationalhymne hören.
Eine Zerreißprobe erleben gerade auch die Fechter. Der Weltverband hat mit großer Mehrheit die Zulassung von Russen und Belarussen für die Olympia-Qualifikation beschlossen. Mehr als 300 aktive und ehemalige Fechter sprachen sich in einem am Dienstag veröffentlichten Brief gegen diesen Schritt aus. Mehrere Länder, darunter auch Deutschland, traten als Gastgeber von internationalen Veranstaltungen zurück.
RND mit dpa