Kritik von Union und Linken

„Wahlmanipulation“ bis „böser Robin Hood“: So fallen die Reaktionen auf die umstrittene Wahlreform aus

Friedrich Merz und Alexander Dobrindt bei einer Pressekonferenz zur Wahlrechts­reform im Bundestag.

Friedrich Merz und Alexander Dobrindt bei einer Pressekonferenz zur Wahlrechts­reform im Bundestag.

Feucht/Berlin. Das von der Ampel­koalition beschlossene neue Wahlrecht für den Bundestag galt schon vorab als umstritten. Am Freitag traf die Entscheidung des Parlaments vor allem bei CDU und CSU auf heftige Kritik. CSU-Chef Markus Söder wirft der Bundes­regierung eine bewusste Manipulation des demokratischen Wählerwillens vor. „Das ist ein einmaliger Vorgang in der Nachkriegs­geschichte der Bundes­republik Deutschland, dass eine Mehrheit im Parlament sich ein Wahlrecht zimmert ausschließlich zu ihrem eigenen Vorteil“, sagte der bayerische Minister­präsident am Freitag in Feucht bei Nürnberg.

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Es ist massive Manipulation und auch absolut verfassungswidrig.

Markus Söder,

CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident

Die Entscheidung sei nicht akzeptabel. „In den nächsten Wochen und Monaten“ werde man daher Verfassungsklage einreichen, kündigte der bayerische Minister­präsident an. Für eine tragfähige Reform des Wahlrechtes sei ein großer demokratischer Konsens wichtig. „Alles andere führt zu Spaltung, zu Verwerfungen, zu tiefen Gräben. Und die werden heute mit der Ampel gelegt“, sagte Söder. Letztlich sei es nicht nur ein Angriff auf die Demokratie, sondern auch eine „Hardcore­attacke“ gegen die CSU. „Offenkundig stören wir in Berlin. Es ist der Versuch, den Süden mundtot zu machen.“

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Bundestag soll verkleinert werden

Konkret soll mit der Reform der Bundestag dauerhaft auf 630 Mandate verkleinert werden. Erreicht werden soll die Verkleinerung, indem auf Überhang- und Ausgleichs­mandate ganz verzichtet wird. Diese sorgten bislang für eine Aufblähung des Bundestages.

Überhang­mandate entstehen, wenn eine Partei über Direkt­mandate mehr Sitze im Bundestag erringt, als ihr nach dem Zweitstimmen­ergebnis zustünden. Sie darf diese Sitze behalten. Die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichs­mandate. Nach den neuen Regeln könnte es künftig vorkommen, dass ein Bewerber oder eine Bewerberin seinen oder ihren Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht.

Merz und Dobrindt kündigen rechtliche Schritte an

Unions­fraktionschef Friedrich Merz (CDU) will die beschlossene Wahlrechts­reform per Normen­kontroll­klage beim Bundes­verfassungs­gericht zu Fall bringen. Einen entsprechenden Vorschlag werde er seiner Fraktion unterbreiten, sagte Merz am Freitag nach der Abstimmung im Bundestag. Über das erforderliche Viertel der Stimmen im Bundestag verfüge seine Fraktion. „Und ich gehe auch davon aus, dass sich alle Kollegen und Kolleginnen diesem Antrag anschließen“, sagte Merz. Bei einer Normen­kontrolle prüft das Bundes­verfassungs­gericht die Vereinbarkeit der neuen gesetzlichen Regelung mit dem Grundgesetz.

Merz sagte, zur Not werde er auch in einer möglichen kommenden Regierungs­beteiligung darauf dringen, die Reform im Parlament rückgängig zu machen.

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CSU-Landes­gruppenchef Alexander Dobrindt sagte: „Diese Wahlrechts­manipulation darf keine Anwendung bei einer Bundestagswahl finden.“ Deshalb werde auch der Freistaat Bayern eine Klage beim Bundes­verfassungs­gericht einreichen. „Wir hoffen sehr, dass das Verfassungsgericht in den nächsten Monaten, das heißt vor der nächsten Bundestagswahl, eine Entscheidung trifft.“

Junge Union: Ampel ist „böser Robin Hood“

Der Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, hat die Wahlrechts­reform der Ampel ebenfalls scharf kritisiert. „Die Ampel regiert wie ein böser Robin Hood: Sie raubt den Bürgern die Direktwahl ihres Abgeordneten, um sich selbst eine Rekordzahl von Staats­sekretären, Beauftragten der Regierung und sonstigen B‑Besoldungen zu gönnen“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND).

Winkel forderte statt des Verzichts auf Überhang- und Ausgleichs­mandate eine Reduzierung der Wahlkreise. „Demokratisch wäre es gewesen, gemeinsam mit der Opposition sowohl die Wahlkreise als auch die Ausgleichs­mandate zu reduzieren“, so der CDU-Politiker.

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Mit diesem Vorschlag würden die Wahlkreise vergrößert und die Zahl der Direkt­mandate verringert. Von einer Reduzierung der Ausgleichs­mandate würde insbesondere die CSU profitieren, weil sie grundsätzlich viele Direkt­mandate gewinnt und dadurch Anspruch auf Überhänge hat. Diese nicht mehr auszugleichen, würde zum Nachteil der anderen Parteien gehen.

Linken-Chefin Wissler: Ampel will Opposition schwächen

Auch die Linke hat die Reform am Freitag scharf kritisiert. „Unter dem Vorwand, den Bundestag verkleinern zu wollen, will die Ampel mit der Wahlrechts­reform die Opposition schwächen“, schrieb Parteichefin Janine Wissler etwa auf Twitter. Wissler warf der Ampel­koalition vor, die Demokratie zu beschädigen.

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MV-Innen­minister: „Niemand kann wollen, dass Wähler so verprellt werden“

Mecklenburg-Vorpommerns Innen­minister Christian Pegel (SPD) hat ebenfalls Kritik an der Wahlrechts­reform zur Verkleinerung des Bundestags geäußert. Betroffen seien von der Reform vor allem Bundesländer, in denen Parteien bei Wahlergebnissen relativ dicht beieinander lägen, erklärte Pegel am Freitag.

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„Das wären bei den Wahlergebnissen der jüngsten Bundestags­wahl 2021 vor allem Brandenburg, das Saarland und wir in Mecklenburg-Vorpommern. In meinen Augen kann niemand wollen, dass Wähler so verprellt werden.“ Das neue Wahlrecht greift nicht rückwirkend, sondern erst bei der nächsten Bundestags­wahl.

Mecklenburg-Vorpommern werde im Bundesrat noch einmal „nachdrücklich“ auf diese Folgen hinweisen, so Pegel. Da das Bundes­wahlgesetz aber nicht die Zustimmung des Bundesrats bei einer Änderung brauche, seien die Möglichkeiten im Bundesrats­verfahren begrenzt.

RND/mnd/hyd/dpa

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