Menschenrechtsbeauftragte

„Saudi-Arabien benötigt Reformdruck wie Katar vor der WM“

Die Menschenrechtsbeauftragte im Auswärtigen Amt, Luise Amtsberg.

Die Menschenrechtsbeauftragte im Auswärtigen Amt, Luise Amtsberg.

Berlin. Am 2. Oktober 2018 hält um 13.14 Uhr eine Überwachungskamera vor dem saudischen Konsulat in Istanbul fest, wie der international arbeitende Journalist Jamal Khashoggi das Gebäude betritt. Es sind die letzten Aufnahmen eines Mannes, der davon ausgeht, dass er im Konsulat wie vereinbart die Bestätigung der Scheidung von seiner saudischen Ex‑Frau erhält, um seine türkische Verlobte Hatice Cengiz heiraten zu können.

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Stattdessen, davon gehen türkische Ermittler aus, trifft Khashoggi im Konsulat auf eine 15‑köpfige Mörderbande, die ihn foltert, tötet und die Leiche zerstückelt.

Der Fall hat für ein paar Monate international für Aufsehen und diplomatische Verwicklungen gesorgt. Er offenbarte schlaglichtartig, wie das saudische Königshaus, allen voran Thronfolger Mohammed bin Salman, mit Kritikern umgeht und welche Rolle Menschenrechte für die Machthaber in Riad spielen – nämlich keine.

Der saudische Journalist Jamal Khashoggi drei Jahre vor seiner Ermordung.

Der saudische Journalist Jamal Khashoggi drei Jahre vor seiner Ermordung.

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Khashoggi war ein im Ausland lebender und renommierter Kolumnist. Die unzähligen Opfer einer will­kür­lichen, angeblich den Gesetzen der Scharia folgenden Justiz bleiben zumeist namenlos. Dutzende Menschen werden jedes Jahr hingerichtet, viele durch grausame öffentliche Enthauptungen, berichtet Amnesty Inter­national.

Auch die Arbeitsbedingungen von vielen der insgesamt elf Millionen Arbeitsmigranten und ‑migrantinnen sind aus westlicher Sicht katastrophal. In Katar geriet beim Bau der WM-Stadien das Kafala-System in den Blick, das ausländische Arbeiter quasi zu Leibeigenen ihrer Arbeitgeber macht. Katar musste es auf inter­nationalen Druck 2020 reformieren.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Bündnis 90/Die Grünen), verweist da­rauf, dass Kafala auch den Bausektor in Saudi-Arabien betreffe. „Hier herrschen problematische Bedingun­gen für Arbeitende. Er gilt als Hochrisikobereich für Menschenrechtsverletzungen: Beschäftigte sind Außen­temperaturen bis zu 50 Grad Celsius, hoher Verletzungsgefahr und nicht regulierten Überstunden ausgesetzt.“

„Nicht wegschauen“

Amtsberg meint, auch in Saudi-Arabien wäre ein solcher Reformdruck wie in Katar für die Verbesserung der Lage förderlich. „Dort wurden zwar Reformen eingeleitet, aber die wichtige Baubranche ist ausgenommen.“

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Die Grünen-Politikern appelliert daher an deutsche Unternehmen, die in Saudi-Arabien Geld verdienen wollen, nicht wegzuschauen, sondern „Risikoanalysen entlang ihrer Lieferketten bezüglich konkreter Menschenrechtsverletzungen durchzuführen und ihre Subunternehmen im Hinblick auf den Respekt von Menschen- und Arbeitnehmerrechte zu kontrollieren“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (links, SPD) wird im September 2022 vom Kronprinzen des Königreichs Saudi-Arabien Mohammed bin Salman al-Saud im Al-Salam-Palast empfangen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (links, SPD) wird im September 2022 vom Kronprinzen des Königreichs Saudi-Arabien Mohammed bin Salman al-Saud im Al-Salam-Palast empfangen.

Saudi-Arabien präsentiert sich zwar nach außen – etwa durch die Erlaubnis zum Autofahren für Frauen und Freiheiten für Urlauber in touristischen Arealen – als sich öffnender Staat. Gleichzeitig geht Kronprinz bin Salman nach innen gnadenlos gegen Kritikerinnen und Kritiker vor.

Genau deshalb sollten sich Unternehmen immer bewusst sein, so Amtsberg, dass sie in Saudi-Arabien in einem repressiven Umfeld tätig seien, das auch Angestellte betreffen könne. „Kritische Stimmen erhalten zunehmend hohe Gefängnisstrafen – oder sind, wie im Falle dreier Landrechtsaktivistinnen, die sich gegen ihre Umsiedlung durch das Bauprojekt Neom engagierten, von der Todesstrafe bedroht.“

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