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Haftbefehl gegen Putin, Trump vor Festnahme

Politiker und die Justiz: Wenn Mächtige Ärger mit dem Gesetz haben

Sebastian Kurz, Eva Kaili, Donald Trump und Wladimir Putin – sie alle müssen mit Verfolgung durch Justizbehörden rechnen.

Sebastian Kurz, Eva Kaili, Donald Trump und Wladimir Putin – sie alle müssen mit Verfolgung durch Justizbehörden rechnen.

„Der haushoch führende republikanische Kandidat und ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird am Dienstag nächster Woche festgenommen werden. Protestiert, holt euch unser Land zurück!“

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Mit diesen Worten meldete sich der ehemalige US-Präsident Donald Trump am Samstag auf dem sozialen Netzwerk Truth Social zu Wort. Ob Trump am Dienstag tatsächlich einem Richter vorgeführt wird, ist nicht bestätigt – aber dass er sich einem oder gar mehreren Strafverfahren stellen muss, ist wahrscheinlich. Ermittelt wird gegen den einst mächtigsten Präsidenten der Welt wegen des Verdachts der Fälschung von Geschäftspapieren, worauf bis zu vier Jahre Haft stehen. Außerdem wird in separaten Ermittlungen seine Rolle beim Sturm auf das Kapitol untersucht, ebenso, inwiefern er bei der Wahl 2020 in Georgia den Wahlaufseher bedrängte, Stimmen für ihn zu „finden“, damit der Bundesstaat an ihn und nicht an den Konkurrenten Joe Biden falle.

Immer wieder wird gegen ranghohe Politiker und Ex-Politiker ermittelt. Letzte Woche gab es gleich zwei solcher Fälle: Nebst Trump verhängte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag auch Haftbefehle gegen Russlands Staatschef Wladimir Putin sowie Kinderrechtsverantwortliche Marija Lwowa-Belowa. Die Vorwürfe: Die beiden russischen Mächtigen sollen sich der Kriegsverbrechen in der Ukraine schuldig gemacht haben und ukrainische Kinder aus besetzten Gebieten nach Russland deportiert haben.

Weltstrafgericht erlässt Haftbefehl gegen Putin

In der Ukraine wurden vermutlich zahlreiche Kriegsverbrechen begangen. Die Ermittler waren schnell zur Stelle.

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Internationaler Gerichtshof: Wenn sich Staatschefs Kriegsverbrechen schuldig machen

Während Trump als Ex-Präsident und Ermittlungen im eigenen Land wohl tatsächlich vor Gericht erscheinen muss, ist der Haftbefehl gegen Putin eher ein internationales Signal, wenngleich seine Reisefreiheit massiv eingeschränkt wird. In Vertragsstaaten kann der russische Präsident nicht mehr reisen, sonst würde er festgenommen und nach Den Haag ausgeliefert werden.

Seit der Internationale Gerichtshof (IStGH) 2002 seine Arbeit aufnahm, wurde gegen 45 Personen wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Verbrechen der Aggression ermittelt. Unumstritten ist das Gremium nicht, denn zum einen gehören die größten und einflussreichsten Staaten, darunter USA, China und Russland, nicht zu den Staaten, die den IStGH anerkennen, zum anderen werfen Kritiker immer wieder Einseitigkeit bei den Ermittlungen vor: Nie wurde gegen westliche Politikerinnen oder Politiker ermittelt, nahezu alle Verfahren richten sich gegen afrikanische Persönlichkeiten. Zudem: Staatschefs ist nur selten konkret nachzuweisen, dass sie hinter den begangenen Verbrechen stecken. So steht außer Zweifel, dass es im ukrainischen Butscha schwere Kriegsverbrechen gegeben hat, welche Person hingegen übergeordnet dafür verantwortlich ist, ist unklar.

Umar Hasan Ahmad al-Baschir war 2008 der erste amtierende Staatschef, gegen den wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ein Haftbefehl ausgesprochen wurde. Damals regierte er noch im Sudan, nach dem Sturz 2018 wurde er auch in seiner Heimat vor Gericht gestellt und wegen Geldwäsche und Korruption zu einer Haftstrafe verurteilt. Ausgeliefert an den IStGH wurde er jedoch nicht. Auch gegen Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi lag bis zu dessen Tod ein Haftbefehl vor.

Korruption, Bestechung, Vorteilsnahme, Betrug: Wegen dieser Straftaten wird ermittelt

In extremen Fällen geht es um Vorwürfe wie Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, viel häufiger jedoch sind Ermittlungen wegen beispielsweise Korruption oder Betrug – wie auch bei Donald Trump. Ein prominenter Fall war zuletzt die EU-Korruptionsaffäre um die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili. Sie wurde bei einer Razzia im vergangenen Dezember festgenommen, weil sie unter anderem Geld aus Katar bekommen haben soll, um gefällige Politik zu machen. Der Vorfall machte deutlich: Es gibt in Brüssel zwar ein Lobbyregister, in dem Abgeordnete eintragen sollen, wenn sie sich mit Interessenvertretern treffen, doch längst nicht alle halten sich daran. In Brüssel finden sich 30.000 Lobbyisten – genau so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die Europäische Union in ihren Behörden.

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In unserem Nachbarland Österreich wird ebenfalls gegen hochrangige Politiker, unter anderem den ehemaligen Kanzler Sebastian Kurz, ermittelt. Die Ibiza-Affäre sorgte 2019 für internationale Schlagzeilen. Im Fokus stand Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der in einem geleakten Video mit einer russischen Oligarchennichte darlegte, dass er die Sache mit Korruption, Medienkontrolle und illegaler Parteienfinanzierung nicht ganz so eng sieht. Gleich mehrere Verfahren unter anderem wegen Bestechlichkeit waren gegen Strache anhängig, 2021 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt, was 2022 wegen mangels an Beweisen jedoch revidiert wurde. Im Zuge der Ibiza-Affäre gibt es für die Beteiligten noch keine juristischen Folgen, die Ermittlungen gegen den damaligen Kanzler Kurz wegen Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss sollen allerdings nach Medienberichten bald zu einer Anklage führen.

Maskenaffäre und AWO-Affäre: Korruptionsvorwürfe in Deutschland

Doch bis nach Brüssel und Wien müssen wir in Deutschland gar nicht schauen. Erinnern wir uns beispielsweise an die Maskenaffäre zu Beginn der Corona-Pandemie, als acht Politiker und Politikerinnen von CDU und CSU zu ihrem Vorteil Deals mit Atemschutzmaskenproduzenten abgeschlossen haben sollen. Alle Verfahren endeten mit einem Freispruch oder Einstellung der Ermittlungen.

Anders sieht das in Frankfurt aus: Am 26. März wählt die Stadt einen neuen Oberbürgermeister – der alte hatte nämlich ein paar Konflikte mit dem Gesetz, wurde in erster Instanz wegen zweifacher Vorteilnahme zu einer Geldstrafe verurteilt. Peter Feldmann (SPD) soll in der sogenannten AWO-Affäre zum einen beim Wahlkampf Geld von der Arbeiterwohlfahrt genommen haben, im Gegenzug aber versprochen haben, die Interessen der AWO „wohlwollend zu berücksichtigen“ – was er wohl auch umsetzte, indem er dafür sorgte, dass die AWO etwa Verträge für den Betrieb von Flüchtlingsheimen bekommt. Zum anderen soll er erwirkt haben, dass seine heutige Frau trotz mangelnder Berufserfahrung und unzureichender Qualifikationen für ein überhöhtes Gehalt eine Stelle in einer Kita der AWO bekam.

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Aufhebung der politischen Immunität: Deshalb können auch Amtsträger ins Gefängnis kommen

Wenn aktive Mandatsträgerinnen oder Mandatsträger in Demokratien einer kriminellen Handlung verdächtigt werden, ist der Prozess anders als bei Bürgerinnen und Bürgern, denn sie genießen per Gesetz in den meisten Fällen politische Immunität. Das bedeutet, dass die Staatsoberhäupter oder Amtsträgerinnen und Amtsträger einen besonderen Schutz genießen, der sie vor Strafverfolgung schützt. Was auf den ersten Blick unfair wirkt, hat einen ernsten Hintergrund: Zum einen soll vor willkürlichen Anschuldigungen und Verhaftungen geschützt werden, zum anderen soll ein Parlament grundsätzlich handlungsfähig sein – was nur geht, wenn Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht ohne Weiteres festgenommen werden können.

Das gilt allerdings in manchen Fällen nicht: So wurde die Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Eva Kaili, festgenommen, obwohl sie noch in ihrem Amt war: Sie wurde auf frischer Tat ertappt. In diesem Fall greift der Schutz der Immunität nicht. In den meisten Ländern können Parlamente zudem die Immunität aufheben, damit Ermittlungen und Strafverfahren möglich sind, insofern sie begründet sind. In Deutschland wurde die Immunität in der vergangenen Legislaturperiode in 25 Fällen vom Bundestag aufgehoben. Grundsätzlich straffrei bleiben Abgeordnete also nicht.

Donald Trump, Sebastian Kurz, Eva Kaili und Co: Geld- und Haftstrafen drohen

Eva Kaili, Donald Trump, Sebastian Kurz und Peter Feldmann müssen sich also, wie auch Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht ans Gesetz gehalten haben sollen, vor Ermittlungsbehörden und Gerichten verantworten und können normal verurteilt werden. In vielen Fällen ist es jedoch schwierig, Politikerinnen und Politikern tatsächlich Korruption, Bestechung oder Vorteilsnahme nachzuweisen, Verfahren enden oft mit einem Freispruch oder der Zahlung einer Geldstrafe. Letzteres muss nun auch Ex-Präsident Trump fürchten. Dass er oder auch Kurz bei einer möglichen Anklage tatsächlich ins Gefängnis müssen, gilt als unwahrscheinlich.

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Übrigens: Nicht nur Politikerinnen und Politiker, auch Diplomatinnen und Diplomaten genießen diesen Schutz. Die diplomatische Immunität soll verhindern, dass sie im Ausland wegen Unwohlgefallen der hiesigen Regierung für Straftaten beschuldigt werden, um sie aus dem Verkehr zu ziehen. Demnach ist es nicht möglich, dass Diplomatinnen und Diplomaten nach den Gesetzen des Landes, in dem sie arbeiten, verurteilt werden – eine Anklage ist bei Straffälligkeit dann jedoch in Deutschland möglich.

Hinweis der Redaktion: In der ersten Version dieses Textes hatten wir fälschlicherweise zwei CDU-Politiker genannt, gegen die wegen Maskengeschäften ermittelt worden sei. Da dies ein Irrtum war, haben wir die beiden Namen entfernt.

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