Pistorius zu Milliardenausgaben für Waffen: „Das ist eine hässliche Entwicklung“
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Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat „keine Berührungsängste“ mit der Rüstungsindustrie. „Warum sollte ich auch?“, sagte er in einem Interview mit dem Magazin „Spiegel“. Der SPD-Politiker ist der erste Verteidigungsminister seit längerer Zeit, der sich mit Vertretern der Rüstungsindustrie trifft. Pistorius kündigte in München bei Ankunft zur Sicherheitskonferenz am Freitag an, zunächst Gespräche mit der Rüstungsindustrie zu führen. Er sprach von „first things first“ – das Wichtigste zuerst.
Dennoch betonte er im Gespräch weiter, dass er das Geld „lieber für andere Dinge“ ausgeben würde. „Ich bin ein Kind des Kalten Krieges und war erleichtert, als er 1990 vorbei war.“ Er habe sich nie vorstellen können, dass er mal in so einer Funktion Milliarden für Waffen ausgeben müsse. „Aber die Welt erfordert das nun mal. Das ist eine hässliche Entwicklung“, meinte Pistorius.
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Pistorius: Panzerzusagen „nicht in der erhofften Größenordnung“
Im „Spiegel“-Interview zeigte sich Pistorius auch enttäuscht über die nicht erfolgten Leopard-Zusagen für die Ukraine. „Ich bin ja an meinem ersten Arbeitstag nach Ramstein geflogen und habe erwartet, dass ich vielen Vertretern von Nationen gegenübersitze, die von mir ein Okay für die Lieferung von vielen Leoparden in die Ukraine haben wollen“, sagte er. Stattdessen habe es bis auf Polen zunächst gar keine Zusagen für Panzerlieferungen gegeben. „Das hat mich überrascht, denn ich hatte nach der öffentlichen Berichterstattung anderes erwartet“, erklärte Pistorius.
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Nach derzeitigem Stand könne Deutschland zusammen mit Portugal nur 17 statt der angepeilten 31 Kampfpanzer des Typs Leopard 2 A6 zur Ausstattung eines ukrainischen Panzerbataillons liefern. „Die Zusagen kamen nicht in der erhofften Größenordnung, das hat mich gewundert“, sagte der Minister weiter.
Pistorius will auf Nachfrage jedoch nicht ausschließen, dass Deutschland das 2A6-Bataillon für die Ukraine mit weiteren Leopard-Panzern aus Bundeswehrbeständen bestückt. Weitere Lieferungen von Patriot-Flugabwehrsystemen in die Ukraine seien allerdings nicht möglich, so der Verteidigungsminister. Momentan verfüge die Bundeswehr nur noch über eines der Systeme in Deutschland. „Wenn ich das jetzt auch noch rausgebe, kann ich nicht mal mehr üben.“
Pistorius kündigte in dem Interview außerdem an, sein Verteidigungsministerium umstrukturieren zu wollen. „Wir werden uns auch die Strukturen des Ministeriums ansehen müssen“, sagte der Minister. Es müsse „wieder eindeutige Verantwortlichkeiten mit klaren Abgrenzungen geben und keine Parallelstrukturen“, führte er aus.
Für sein Vorhaben will Pistorius wohl auch einen Planungsstab einrichten, den sein Vorgänger Thomas de Maiziere (CDU) abgeschafft hatte. „Wir brauchen eine zentrale Stelle, die Entscheidungen steuert und koordiniert“, sagte er.
Pistorius: Abläufe beschleunigen und aufs Wesentliche reduzieren
Pistorius denkt auch über eine Verschlankung des Verteidigungsministeriums nach. „3000 Leute an zwei Standorten in Bonn und Berlin sind tatsächlich sehr viele“, meinte er. Sein Ziel sei es, Abläufe zu beschleunigen und „auf das Wesentliche zu reduzieren“. Das bedeute nicht den sofortigen Abbau von Stellen. Er schließe aber nicht aus, „dass am Ende Stellen frei werden, die man an anderer Stelle effektiver einsetzen kann.“
Auch im Beschaffungsamt der Bundeswehr in Koblenz will Pistorius Reformen anstrengen. Zwar wolle er das Amt nicht auflösen, zu reformieren aber seien „Abläufe, Strukturen, die Geschwindigkeit und die Methoden, die nach dem russischen Überfall auf die Ukraine einfach nicht mehr in die Zeit passen“, erklärt der SPD-Politiker weiter.
RND/nis