Grüner Frust und das Ende eines Zeitalters
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Atomkraftwerk Ohu bei Landshut bei Nacht.
© Quelle: picture alliance / blickwinkel/allOver/TPH
Liebe Leserinnen und Leser,
die Ergebnisse des Koalitionsausschusses in Sachen Klimaschutz können aus Sicht der Grünen getrost als durchwachsen bezeichnet werden. Zumindest hagelt es Kritik – vor allem von Umweltverbänden. Der Greenpeace-Chef Martin Kaiser ist „fassungslos“ über den „Rückschritt beim Klimaschutz“. Die Grüne Jugend zeigt sich angesichts der beschlossenen Beschleunigung beim Autobahnausbau besorgt. Und Fridays for Future ruft spontan in zwölf deutschen Städten zum Protest auf. „Es ist wichtig, dass wir deutlich machen, dass das ein neuer Einschnitt ist, den wir nicht mitgehen“, sagte Luisa Neubauer über die Beschlüsse auf der Demo in Berlin am Freitag.
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Luisa Neubauer sagte während einer Demonstration von Fridays for Future: „Es ist wichtig, dass wir deutlich machen, dass das ein neuer Einschnitt ist, den wir nicht mitgehen.“
© Quelle: IMAGO/Jochen Eckel
Selbst die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang räumt ein, dass man sich mit den Beschlüssen nicht zufriedengeben könne. Ist also wirklich alles so schlecht, was da nach fast 30 Verhandlungsstunden beschlossen – oder eben nicht beschlossen – wurde? Dieser Newsletter soll ja bekanntlich Hoffnung machen. Deswegen lenken wir den Blick doch lieber schnell auf den Punkt, den die Grünen beim Thema Klimaschutz für sich verbuchen: der CO₂-Aufschlag auf die Lkw-Maut.
Dieser soll ab 1. Januar 2024 gelten und den Ausbau des Schienennetztes – zumindest teilweise – finanzieren. Wenigstens bei diesem Doppelthema werden buchstäblich die richtigen Weichen gestellt, kommentiert mein Kollege Frank-Thomas Wenzel.
Auch die Elektromobilität bei Nutzfahrzeugen könne das voranbringen. Doch dafür müsse die Ladeinfrastruktur schleunigst ausgebaut werden. Das EU-Parlament hat dafür diese Woche eine Grundlage geschaffen. Mehr dazu lesen Sie unter „Das macht Hoffnung“. Und wenn Ihnen das noch nicht genug Hoffnung macht, haben wir noch ein paar weitere Themen für Sie.
Ihr Leonard Laurig
Was kann ich tun?
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Das Braunkohlekraftwerk Neurath in Grevenbroich, Nordrhein-Westfalen.
© Quelle: imago images/imagebroker
Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, so sagen es uns die verschiedenen Sachstandsberichte des Weltklimarats, müssen wir unsere Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null senken – und danach negative Emissionen verzeichnen. Negative Emissionen bedeutet, salopp formuliert: mehr raus als rein. Technologien, die das tun, findet unsere Kolumnistin Insa Thiele-Eich sehr spannend. Trotzdem sagt sie: Wir können uns nicht auf sie verlassen.
Das macht Hoffnung
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Ein Symbol markiert einen Parkplatz an einer Ladesäule für Elektroautos in der Innenstadt.
© Quelle: Julian Stratenschulte/dpa/Archivbild
Bis 2026 wird jedes EU‑Land verpflichtet, entlang des Straßenkernnetzes, also an den viel befahrenen Autobahnen, zumindest alle 60 Kilometer Ladestationen mit einer Gesamtleistung von 400 Kilowatt aufzustellen, bis 2028 soll sie auf 600 Kilowatt (kW) hochgefahren werden. Die Leistungsangaben sind wichtig, weil immer deutlicher wird, dass vor allem Schnelllader mit mindestens 22 kW gebraucht werden.
Genauer noch: Es wird ankommen auf das, was Ultraschnelllader genannt wird mit 150 kW und mehr. Dies ermöglicht, die Batterie eines E‑Pkw schon heute in gut einer Viertelstunde zu knapp 80 Prozent zu laden. Das kommt dem Tanken von Sprit in zeitlicher Hinsicht schon ziemlich nah, schreibt mein Kollege Frank-Thomas Wenzel.
Was diese Woche wichtig war
Der Ausblick
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ARCHIV - 11.09.2022, Bayern, Essenbach: Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm des Atomkraftwerks (AKW) Isar 2. (zu dpa «Kernkraftwerk Isar 2 geht Mitte April vom Netz - Minister-Besuch») Foto: Armin Weigel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
© Quelle: Armin Weigel/dpa
Am Ende der Woche haben die Grünen etwas zu feiern. Der lange Kampf der Atomkraftkritiker hat sich gelohnt. Die drei verbleibenden Atomkraftwerke in Deutschland gehen schon bald endgültig vom Netz. Am 15. April werden die Meiler Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland abgeschaltet. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bedankte sich bei den Antiatomkraftaktivistinnen und ‑aktivisten für ihr durchhaltendes Engagement. „Der Atomausstieg macht unser Land sicherer“, sagte sie bei einer Pressekonferenz am Donnerstag.
Nun gelte es, den Rückbau der AKWs zu vollziehen. Doch dieser könne noch bis zu 15 Jahre dauern. Auch die große Frage nach der Zwischen- und Endlagerung der radioaktiven Abfälle ist noch nicht geklärt. Diese Aufgabe sei herausfordernd, sagte Lemke. Die Einlagerung werde einige Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Doch die Zeit drängt. Die ersten Genehmigungen der Zwischenlager laufen bereits 2034 aus und ein Endlager ist noch nicht gefunden.
Für die Grünen als Antiatomkraftpartei geht mit dem Atomausstieg eine uralte Forderung in Erfüllung. Einen Sekt wird Ministerin Steffi Lemke dennoch nicht öffnen, erzählte sie auf der Pressekonferenz. Denn am 15. April ist sie auf Dienstreise. In Japan, beim G7-Gipfel der Umweltminister. Und da trinke sie keinen Alkohol. Nun gut.
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