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Erweiterte Definition von Sicherheitspolitik

Ampel-Koalition einigt sich auf Nationale Sicherheitsstrategie

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat in den vergangenen Monaten für eine neue deutsche Sicherheitspolitik geworben.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat in den vergangenen Monaten für eine neue deutsche Sicherheitspolitik geworben.

Berlin. Immer wieder hat die Koalition den Termin verschoben, aber nun ist die Einigung da: Am kommenden Mittwoch beschließt das Bundeskabinett nach RND-Informationen die Nationale Sicherheitsstrategie. Es sei ganz fest eingeplant, wird in der Koalition versichert.

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Die anschließende Pressekonferenz ist ein prominent besetzter Termin: Bundeskanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock und Finanzminister Christian Lindner sollen das Dokument vorstellen – alle drei Koalitionsparteien wollen vertreten sein, wenn es um ein Novum in der bundesdeutschen Politik geht. Es soll die Antwort sein darauf, was Außenministerin Baerbock zum Auftakt der Debatte als „Sehnsucht nach Sicherheit“ bezeichnete.

Erweiterte Definition von Sicherheitspolitik

Mit der Strategie definiert die Regierung erstmals gemeinsam ihre Sicherheitspolitik – und weitet den Begriff damit über das bisherige Verständnis hinaus. Bislang lag das Thema beim Verteidigungsministerium, das immer mal wieder so genannte Weißbücher erstellte. Das Militärische stand im Vordergrund. Nun kommen unter anderem Entwicklungshilfe, Klima, Ernährung und Infrastruktur dazu. Sie werden in der Strategie zusammengefasst unter den Überschriften Wehrhaftigkeit, Resilienz und Nachhaltigkeit. Sicherheitspolitik sei „mehr als Militär plus Diplomatie“, so hat es Baerbock formuliert.

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Ein gutes halbes Jahr länger als im Koalitionsvertrag angekündigt hat die Regierung für die Strategie nun gebraucht. Dort war sie für das erste Regierungsjahr in Aussicht gestellt. Aber die Vorstellung verschob sich – von Dezember auf Februar, von Februar auf Mai, von Mai auf Juni. Der Angriff Russlands auf die Ukraine war ein Grund für das geringere Tempo. Der andere waren unterschiedliche Auffassungen in der Koalition.

Baerbock: Es steigt die Gefahr für neue Konflikte

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Als Erstes musste dann Anfang des Jahres die FDP klein beigeben: Ihre Forderung nach einem Nationalen Sicherheitsrat scheiterte nach Darstellung aus der Koalition am Widerstand Baerbocks. Die FDP warb für eine kontinuierlich tagendes Gremium zur Bewertung der Sicherheitslage, auch das Kanzleramt war interessiert. Das Auswärtige Amt befürchtete, über die Verlagerung weiterer außenpolitischer Kompetenzen ins Kanzleramt entmachtet zu werden – und setzte sich durch.

Lange wurde auch über eine zum Symbolthema gewordene Finanzierungsfrage gestritten: Das Bekenntnis, Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzustreben, wie es die Nato vorgibt, ist nun wohl enthalten. Im Koalitionsvertrag war von drei Prozent für das gesamte internationale Handeln die Rede, was deutlich mehr Interpretationsspielraum ließ.

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Die FDP stellte sich beim Umgang mit möglichen Cyberangriffen quer. Die Frage, ob und in welchem Rahmen so genannte „Hackbacks“, also digitale Gegenangriffe, erlaubt sind, zogen die Liberalen engere Grenzen als andere in der Koalition. Und mit den Bundesländern rang die Regierung um die Möglichkeit, Katastrophenschutz auch zentral koordinieren zu können – die Länder bestanden auf ihrer in der Verfassung festgelegten Zuständigkeit. Es ruckelte zudem auch beim Thema Klimaschutz, Rüstungsexport. Interessant dürfte sein, ob und wie die feministische Außenpolitik es in die Strategie geschafft hat, die von manchen in der Koalition weniger als Lieblings- denn als Profilierungsthema Baerbocks angesehen wird.

Mit den Strategien ist es nach der kommende Woche noch nicht vorbei: Die China-Strategie steht noch aus. Als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale ist das Land bereits definiert. Umstritten ist, was das in der praktischen Politik bedeutet: Die Grünen verfolgen eine weit restriktivere Linie als die SPD. Das zeigte sich bei der Entscheidung zum Einstieg der chinesischen Firma Cosco am Hamburger Containerhafen, aber auch am Umgangston: Baerbocks scharfe Ansagen werden in der SPD offen kritisiert. Die Auseinandersetzungen haben eine Folge: Die China-Strategie wird erst nach den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen präsentiert, zu denen am 20. Juni Ministerpräsident Li Qiang nach Berlin reist.

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