Migrationsexpertin: Änderungen bei der Einbürgerung sind längst überfällig
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Eine Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland.
© Quelle: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Ze
In Zukunft sollen Einwanderer und Einwanderinnen schneller den deutschen Pass bekommen können. So sehen es die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faser vor. Expertin Sabine Hess forscht an der Universität Göttingen zu Migration. Mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) hat sie über die geplanten Änderungen gesprochen.
Wer nach Deutschland einwandern möchte, soll schon nach fünf statt wie bisher nach acht Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können. Was halten Sie von diesen Plänen?
Die sind absolut überfällig. Deutschland holt nach, was in den letzten 50 Jahren Einwanderungsgeschichte verpasst wurde. Menschen, die hier leben und sich etwas aufbauen, sollten alle Möglichkeiten haben, um hier ein gleichberechtigtes Leben zu führen.
Welche Auswirkungen werden die Änderungen auf Einwanderer und Einwanderinnen haben?
Die Neuerungen sind ein ganz wichtiger Schritt. Einwanderer erhalten damit eher die Rechte, politisch und wirtschaftlich teilzuhaben. Sie zahlen dann nicht nur Steuern hier, sondern dürfen auch mitbestimmen. Bisher wurde das selbst Migranten in der zweiten Generation ganz oft vorenthalten. Deutschland ist einer der europäischen Meister der „Nichteinbürgerung“. Das versucht dieses Gesetz zu ändern.
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© Quelle: Privat
Änderungen sind auch für Kinder vorgesehen: Wenn sich ihre Eltern seit fünf Jahren legal in Deutschland aufhalten, würden sie automatisch den deutschen Pass bekommen. Halten Sie das für sinnvoll?
Auch das ist eine total verspätete Anpassung. Die allermeisten europäischen Länder sind da viel weiter. Deutschland rückt damit vom sogenannten Blut-und-Boden-Prinzip ab und bewegt sich hin zu einem republikanischen Staatsbürgerverständnis. Das republikanische Verständnis besagt, dass die Menschen, die in einem Land leben, dort auch alle Rechte haben. Sie dürfen zum Beispiel wählen und arbeiten. Das Blut-und-Boden-Prinzip geht davon aus, dass nur diejenigen deutsche Bürger sind, die über ihre Abstammung beweisen können, dass sie Teil des „deutschen Volkes“ sind. Das Blut-und-Boden-Prinzip ist also zutiefst völkisch geprägt. Für eine Demokratie ist das republikanische Staatbürgerverständnis meiner Meinung nach das einzig richtige.
Führt eine schnellere Einbürgerung denn zu einer besseren Integration?
Ich sehe den Begriff der Integration kritisch. Trotzdem kann ich sagen, dass es für Menschen deutlich leichter wird, sich als Teil dieser Gesellschaft zu sehen, wenn sie den deutschen Pass haben. Das ist auch sehr gut erforscht. Besonders für Kinder der zweiten Generation sind die Änderungen ein ganz wichtiges Signal.
Gehen die angekündigten Änderungen weit genug?
Grundsätzlich halte ich die Änderungen für angemessen. Aber man darf nicht vergessen, dass im Asylrecht massive Verschärfungen drohen. Zum Beispiel sollen Verfahren sehr stark beschleunigt werden. Diejenigen, die es überhaupt schaffen, sich fünf Jahre legal in Deutschland aufzuhalten, werden nur wenige sein. Das kritisiere ich eindeutig.