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Kommentar zur Klimakonferenz in Bonn

Deutschland gibt ein schlechtes Vorbild ab

Bonn: Delegierte aus aller Welt sind zu zehntägigen Vorverhandluingen für die diesjährige Weltklima­konferenz in Dubai zusammengekommen. Sie tagen bis zum 15. Juni im World Conference Center.

Bonn: Delegierte aus aller Welt sind zu zehntägigen Vorverhandluingen für die diesjährige Weltklima­konferenz in Dubai zusammengekommen. Sie tagen bis zum 15. Juni im World Conference Center.

Berlin. Es sind historische Zeiten, die wir live verfolgen dürfen, denn sie werden eine spannende Frage beantworten: Bekommt die Menschheit es hin, sich selbst zu retten? Dabei muss man noch nicht einmal auf die neuesten Auslöschungs­ängste blicken, die die künstliche Intelligenz derzeit auslöst. Denn die beruhen ja bislang noch auf Spekulationen einzelner Experten und KI-Schöpfer.

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Längst gewarnt sind wir dagegen vor einem Prozess der Zerstörung unserer eigenen Lebens­grundlagen, in dem wir schon mittendrin stecken: dem Klimawandel. Die letzte Warnung kam vor gut zwei Monaten vom Weltklimarat. Die Älteren erinnern sich: Das war kurz vor Ausbruch der Heizungs­debatte.

Erderwärmung bei 1,1 Grad

Laut dem aktuellem Bericht hat sich die Temperatur der Erde gegenüber dem vorindustriellen Zeitraum bereits um 1,1 Grad erhöht. Mit den bisherigen Maßnahmen zur CO₂-Reduktion wäre eine Begrenzung der Erderwärmung auf ein erträgliches Maß kaum noch zu schaffen, weite Teile der Erde würden für Menschen unbewohnbar.

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Klarer und fundierter kann man die Menschheit kaum informieren, was sie zu ihrer eigenen Rettung tun müsste. Dass es uns gelingt, darf man mit Blick auf die internationalen, aber auch die nationalen Versuche, sich auf gemeinsame Schritte zum Klimaschutz zu einigen, dennoch bezweifeln.

Es gibt noch Hoffnung

Dabei betont selbst der Weltklimarat, zwar sei die Zeit knapp – aber noch gebe es Hoffnung, das Schlimmste abzuwenden. Einige Hundert besonders Hoffnungsvolle treffen sich deshalb gerade in Bonn, um die Staaten­gemeinschaft zu mehr und zu schnellerem Klimaschutz zu bewegen: In einem halben Jahr ist wieder Weltklima­konferenz, und damit es da überhaupt zu Entscheidungen kommen kann, müssen vorab die richtigen Weichen gestellt, sprich: die entscheidenden Passagen in die Textentwürfe geschrieben werden.

Leider ist das bei den Vorbereitungs­konferenzen am grünen Tisch in Bonn immer deutlich leichter, als wenn die Verhandlungen konkret werden: Mit Grauen denken Klimaschützer und ‑schützerinnen an den vorigen UN-Klimagipfel in Scharm el Scheich zurück, wo eine unheilige Allianz aus China und den großen Ölländern verhinderte, dass der Ausstieg aus Öl und Gas zum Ziel ausgerufen wird. Nicht zuletzt Gastgeber Ägypten spielte dabei eine entscheidende Rolle.

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Club der Klimafreunde – kann man das glauben?

In diesem Winter besteht nun Wiederholungs­gefahr: Der Klimagipfel wird ausgerechnet ausgerichtet in Dubai – von den Vereinigten Arabischen Emiraten. Damit wird nicht nur der Club der Ölmagnaten zum Gastgeber, sondern der Bock zum Gärtner: Schon Ägypten hatte gekonnt gezeigt, wie ein Gastgeber die Präsidentschaft der Konferenz nutzen kann, um auf der Bremse zu stehen. Dass die Emirate von ihrer Agenda ablassen, das fossile Zeitalter zu verlängern, darf ebenso bezweifelt werden.

Es stimmt schon hoffnungsvoll, dass die deutsche Bundesregierung nun in Bonn verkündet hat, sie arbeite an einem Club der Klimafreunde, der dem etwas entgegensetzen kann, allein: Kann man das glauben?

So groß der Jubel der deutschen Politik immer wieder ist, wenn ehrgeizige Ziele wie einst in Paris beschlossen werden; so wacker etwa Außenministerin Annalena Baerbock in den Verhandlungs­runden kämpft und so zerknirscht sie die Misserfolge einräumt: Was tut denn dieselbe Bundesregierung daheim?

Ampel überzeugt nicht gerade mit Klimaschutz

Zuletzt erweckte die Ampel nicht den Eindruck, sie suche konstruktiv nach möglichst vielen und zudem den bestmöglichen Wegen zum Klimaschutz. Statt in der Bevölkerung für mutige Schritte zu werben, wurde die Angst der Bürger von den einen angeheizt und ausgeschlachtet. Statt gewissenhaft und gemeinschaftlich im Kabinett die seit Jahrzehnten verschleppte Wärme- und Verkehrswende auszuhandeln, zu planen und zu organisieren, ging es den anderen darum, die Skeptiker zu übertölpeln – welche sich durch Blockade rächten.

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Beispiel „Heizungsgesetz“: Die Grünen waren sehr schnell im Gesetze­schreiben, aber auf den Shitstorm dagegen weder vorbereitet noch in der Lage, darauf zu reagieren. Die FDP jazzte die Pläne zum kaum umsetzbaren und zugleich übergriffigen Staatszugriff auf des Deutschen Privat­eigentum hoch, obwohl zum Beispiel im nicht kommunistischen Dänemark die Installation von Öl- und Gasheizungen in Neubauten bereits seit Januar 2013 verboten ist. Und die SPD? Schlug sich in die Büsche – oder ebenfalls auf die Populismus­pauke.

Was wird aus Robert Habeck?

Einst galt Robert Habeck als der lockere Vizekanzler. Doch so präsentiert er sich immer seltener – stattdessen wirkt er immer öfter genervt und verwundbar. Fehlt ihm am Ende die Kaltschnäuzigkeit, um im Berliner Politbetrieb seine Klimaschutzziele durchzusetzen?

Selbst Klimaschutzgesetz wird aufgeweicht

Selbst einmal errungene Methoden wie das Klimaschutz­gesetz mit seiner Pflicht zu Sofort­maßnahmen sollen nicht umgesetzt, sondern aufgeweicht werden – damit auf verfehlte Klimaziele etwa im Verkehrsbereich bloß nicht das Tempolimit folgen muss. Man fragt sich, wie man im südlichen Afrika auf solche Manöver blickt, wo kaum CO₂ ausgestoßen wird, aber demnächst das Trinkwasser fehlt.

Zur Verteidigung der Beteiligten muss man wohl sagen: Vielleicht ist es sogar im Sinn der Bürger und Bürgerinnen, nicht „mit der Brechstange“ vorzugehen, wie es zuletzt hieß. Doch wie soll Klimaschutz dann jemals konkret werden?

Wie sollen sich die Klimasünder je unter Druck gesetzt fühlen, wenn die angeblichen Vorreiter selbst nicht loslegen?

Wenn man gar nicht erst versucht, die Wähler und Wählerinnen von dessen Notwendigkeit zu überzeugen; wenn man vor Sorgen einknickt, statt – bestehende – Konzepte umzusetzen, die den Ängsten entgegenwirken und unerwünschte Härten abfedern könnten, dann wird es nie ausreichende Maßnahmen geben. Auch keinen Emissions­handel, der etwas bringt, keinen CO₂-Preis, der lenkt, und kein Klimaschutz­gesetz, das wirkt.

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So zeigt sich zugleich, warum es überhaupt wichtig ist, dass das kleine Deutschland sich auch dann bewegt, wenn das große China blockiert: Wie sollen sich die Klimasünder je unter Druck gesetzt fühlen, wenn die angeblichen Vorreiter selbst nicht loslegen? Darüber entscheidet die Bundesregierung nicht nur in Bonn, sondern auch in Berlin.

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