Ampelkoalition will politische Bildung schon in der Kita
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Gruppen von Schülerinnen und Schülern besuchen nahezu täglich den Bundestag. Dort wurde am Freitag über den 16. Kinder- und Jugendbericht gesprochen und damit vor allem auch über politische Bildung.
© Quelle: IMAGO/photothek
Während am Freitag deutschlandweit und vor dem Bundestag junge Menschen auf die Straße gehen und auf die Klimakrise aufmerksam machen wollen, wird im Bundestag darüber gesprochen, wie man junge Menschen an der Politik beteiligen kann: in Selbst- wie in Mitbestimmung, wie es im neuen Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung heißt, der im Bundestag debattiert wird. Im Fokus: Politische Bildung in Zeiten von Globalisierung, Klimawandel, Flucht und Migration – und einem Krieg in Europa. Doch der Bericht steht auch in der Kritik: Als die Erhebung beendet wurde, im Juli 2020, stand die Corona-Pandemie noch am Anfang.
„Demokratie ist nichts, was man in der Schule lernt wie Vokabeln“, sagt Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und betont in diesem Kontext die Wichtigkeit ihres geplanten Demokratiefördergesetzes und spricht sich für ein Wahlrecht ab 16 aus. Die Empfehlung des 16. Kinder und Jugendberichtes rät jedoch, politische Bildung viel früher anzusetzen.
Beteiligung im Kindergarten
„Kinder müssen verlässlich erfahren, dass es einen nicht verhandelbaren Kern demokratischen Zusammenlebens gibt“, sagt der Bericht zum Schwerpunkt frühkindliche Bildung. Statt um Workshops zu Kinderrechten für die Kleinsten geht es hier um erste Erfahrungen in der Mitbestimmung. Die Umsetzung in den Kitas ist jedoch schwierig zu messen und zu bewerten. „Es ist sehr sinnvoll, schon früh mit politischer Bildung zu beginnen. Der erste Ort dafür ist die Familie“, sagt Ulrike Bahr, Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Politische Bildung als Unterrichtsfach hat in Deutschland verschiedene Namen: Sozialkunde, Politik und Wirtschaft oder Gemeinschaftskunde. Vor allem in Bayern, Thüringen und Rheinland-Pfalz werden besonders wenig Schulstunden der Demokratiebildung zugesprochen. Der Bericht empfiehlt, zwei Unterrichtsstunden pro Woche in einem speziell ausgewiesenen Unterrichtsfach für fünfte bis zehnte Klassen. Für die Grundschule wird zu einem Fokus im Fach Sachunterricht geraten. „Denn in der Grundschule wird dieser Bildungsbereich häufig unterschätzt“, so eine Einschätzung des Berichts.
Für Demokratie statt gegen Rechtsextremismus
Politische Bildung bekommt oft den Vorwurf, nicht neutral zu sein, wird sogar häufig als Extremismusprävention begriffen. Doch richtet sie sich vielmehr für eine Demokratie statt gegen Extremismus aus, auf die Daueraufgabe, jungen Menschen eine reflektierte Entscheidungskultur nahezubringen. Demokratieförderung und Prävention sollten Hand in Hand gehen, macht der Kinder- und Jugendbericht deutlich.
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„Im Umgang mit radikalen Tendenzen in der Gesellschaft ist sowohl Prävention wie Reaktion wichtig: Prävention gerade bei den Jüngeren, damit sie Extremisten und Populisten gar nicht erst auf den Leim gehen; Reaktion bei jenen, die sich schon radikalisiert haben – denn gegen Hetzer müssen wir entschieden vorgehen“, so die Vorsitzende des Jugendausschusses.
Politikverdrossenheit ist nicht das Problem
Die Jugendstudie der Vodafone-Stiftung, welche sich für digitale Bildungsprojekte einsetzt, hat erhoben, dass 66 Prozent der 14- bis 24-Jährigen ein Interesse an Politik haben, sich als Generation begreifen, die etwas verändern will. Zugleich sind Dreiviertel der jungen Menschen unzufrieden damit, wie ihre Interessen von der Politik berücksichtigt werden, vermutlich auch einige, die am Freitag auf der Straße sind, während über politische Bildung und Mitwirkung im Bundestag gesprochen wird.