Korruption kein Grund für Amtsenthebung

Israel: Gesetz zum Schutz von Regierungschef Netanjahu verabschiedet

Demonstranten geraten bei einem Protest in Tel Aviv gegen die Pläne der Regierung von Ministerpräsident Netanjahu zur Reformierung des Justizsystems aneinander.

Demonstranten geraten bei einem Protest in Tel Aviv gegen die Pläne der Regierung von Ministerpräsident Netanjahu zur Reformierung des Justizsystems aneinander.

Tel Aviv. Das israelische Parlament hat ein erstes Gesetz der umstrittenen Justizreform verabschiedet, das Regierungschef Benjamin Netanjahu vor einer Amtsenthebung schützen soll. Die Abgeordneten der Knesset votierten am frühen Donnerstag mit 61 zu 47 Stimmen für den Entwurf.

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Es legt fest, dass ein israelischer Ministerpräsident nur aus gesundheitlichen oder mentalen Gründen als regierungsunfähig eingestuft werden kann. Gleichzeitig kann nur der Amtsinhaber oder seine Regierung diese Entscheidung treffen. Ein Korruptionsverdacht oder ein Interessenkonflikt reichen als Gründe für einen solchen Schritt nicht aus.

Umstrittene Justizreform in Israel: Netanjahu kündigt Abschwächung an
Berlin, Deutschland, DEU - Kundgebung gegen die geplante Justizreform von Benjamin Netanjahu am Brandenburger Tor 16.03.2023, Berlin, Deutschland, DEU - Kundgebung gegen die geplante Justizreform von Benjamin Netanjahu am Brandenburger Tor. Hunderte von Demonstranten protestieren mit Plakaten anlaesslich des Besuchs des israelischen Ministerpraesidenten Benjamin Netanjahu auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor. Berlin Berlin Deutschland *** Berlin, Germany, DEU Rally against Benjamin Netanyahus planned judicial reform at Brandenburg Gate 16 03 2023, Berlin, Germany, DEU Rally against Benjamin Netanyahus planned judicial reform at Brandenburg Gate Hundreds of demonstrators protest with placards on the occasion of the visit of Israe

Nach mehr als zwei Monaten massiver Proteste hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Abschwächung der geplanten Justizreform angekündigt.

Kritiker sehen weitere Spaltung der Gesellschaft

Kritikerinnen und Kritiker sagen, das Gesetz sei auf Netanjahu zugeschnitten, fördere die Korruption und vertiefe die Kluft zwischen den Israelis im Streit um die Justizreform. Zuvor waren Forderungen an den Generalstaatsanwalt des Landes lauter geworden, den Ministerpräsidenten wegen seiner rechtlichen Probleme für regierungsunfähig zu erklären. Der Generalstaatsanwalt hat Netanjahu bereits von der Mitwirkung an der Justizreform ausgeschlossen, weil er aufgrund seines Korruptionsverfahrens in einen Interessenkonflikt geraten könnte.

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„Entweder wird Israel ein jüdischer, demokratischer und fortschrittlicher Staat sein oder ein religiöser, totalitärer, scheiternder, isolierter und abgeschotteter Staat.“

Israels Ex-Außenministerin Zipi Livni

Netanjahu steht wegen Betrugs, Untreue und Annahme von Bestechungsgeldern in einer Reihe von Skandalen vor Gericht, in die reiche Partner und mächtige Medienmogule verwickelt sind. Er bestreitet ein Fehlverhalten und weist Vorwürfe zurück, er wolle durch die von seiner Regierung vorangetriebene Rechtsreform einen Prozess umgehen.

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„Entweder wird Israel ein jüdischer, demokratischer und fortschrittlicher Staat sein oder ein religiöser, totalitärer, scheiternder, isolierter und abgeschotteter Staat“, sagte die frühere Außenministerin Zipi Livni, eine prominente Unterstützerin der Protestbewegung, dem israelischen Armeeradio. „Das ist es, wohin sie uns führen.“

Erneute Proteste gegen geplante Justizreform

Demonstranten und Demonstrantinnen protestierten am Donnerstag erneut gegen die Justizreform. Sie blockierten wichtige Straßen, steckten Reifen in der Nähe eines Seehafens in Brand und drapierten eine riesige israelische Flagge und eine Kopie der Unabhängigkeitserklärung des Landes an den Mauern der Jerusalemer Altstadt. Die Polizei meldete mehrere Festnahmen.

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Geplant waren zudem Proteste in einer großen ultraorthodoxen Stadt in der Nähe von Tel Aviv. Die Organisatoren erklärten, sie wollten ultraorthodoxen Israelis verdeutlichen, dass ihre Rechte durch die Reform in Gefahr seien. Ultraorthodoxe Führer betrachten die Demonstration in ihrer Gemeinde jedoch eher als Provokation.

Die Krise hat die seit langem bestehende Kluft zwischen säkularen und religiösen Israelis in der Frage verschärft, welche Rolle die Religion in ihrem Alltag spielen soll. Die ultraorthodoxen Abgeordneten in der Regierung gehören zu den Treibern der Reform, weil sie glauben, dass die Gerichte eine Bedrohung für ihre traditionelle Lebensweise darstellen. Im Gegensatz dazu befürchten säkulare Kritiker und Kritikerinnen, dass religiösem Zwang Tür und Tor geöffnet werden soll.

Netanjahus Regierung will keinen Kompromiss bei der umstrittenen Justizreform

Die Regierung lehnte Anfang des Monats einen Kompromissvorschlag zur Entschärfung der Krise ab. Sie kündigte an, sie werde die meisten Abstimmungen auf die Zeit nach der einmonatigen Parlamentspause im April verschieben. Den Kern der Reform treibt die Regierung jedoch voran: die eigene Kontrolle über die Ernennung von Richterinnen und Richtern. Sie verwies auf Änderungen am ursprünglichen Text, um den Kritikern entgegenzukommen. Die lehnten die Überarbeitung jedoch ab und sagten, die Änderung sei rein kosmetisch und würde die Kontrolle der Regierung über die Ernennung von Richtern aufrechterhalten. Die Verabschiedung des Gesetzes wurde für die kommende Woche erwartet.

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Ministerpräsident Netanjahu und seine Verbündeten halten die Justizreform für notwendig, um die ihrer Meinung nach übermäßigen Befugnisse nicht gewählter Richter und Richterinnen einzuschränken. Kritikerinnen und Kritiker erklären, dass die Änderungen die Demokratie des Landes untergraben würden.

RND/AP

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