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Mammut-Gesetzespaket in den USA

Billionen-Bescherung vor dem Sturm

Das Kapitol in Washington. Das US-Repräsentantenhaus hat über einen Haushaltsentwurf abgestimmt, der unter anderem milliardenschwere Hilfen für die Ukraine vorsieht.

Das Kapitol in Washington. Das US-Repräsentantenhaus hat über einen Haushaltsentwurf abgestimmt, der unter anderem milliardenschwere Hilfen für die Ukraine vorsieht.

Washington. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war gerade abgereist, und zeitgleich mit Heiligabend kündigte sich ein Monster-Wintersturm an, als plötzlich alles ganz schnell ging im Kapitol. Binnen weniger Stunden billigte der Senat am Donnerstagabend das 4155 Seiten starke Mammut-Gesetzespaket. Das Repräsentantenhaus folgte am Freitag mit 225 zu 201 Stimmen. Die Politiker kannten nur ein Ziel: Eilig nach Hause.

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So wurde buchstäblich in Windeseile das schwindelerregende 1,7 Billionen Dollar schwere Haushaltsgesetz verabschiedet, über das in Washington monatelang erbittert gestritten worden war. Nicht nur sind damit ein drohender Regierungsstillstand abgewendet und die von Selenskyj erbetene weitere Ukraine-Unterstützung in Höhe von 45 Milliarden Dollar sichergestellt. Das gigantische Paragraphenwerk enthält auch zahlreiche Regelungen von einer Änderung des Wahlgesetzes über den Schutz der Hummer-Industrie vor strikteren Umweltauflagen bis zu einer strengeren Regulierung des chinesischen Videoportals TikTok, die mit dem Haushalt nichts zu tun haben.

Ein halber Erfolg für Joe Biden

„Das ist das größte Gesetzespaket, das wir seit langer Zeit verabschiedet haben“, klopfte sich Chuck Schumer, der demokratische Mehrheitsführer im Senat, auf die Schultern. Bei den Republikanern, die teilweise gegen das Paket stimmten, war die Begeisterung verhaltener. „Es ist nicht perfekt. Aber da sind eine Menge guter Sachen drin“, sagte der aus Alabama stammende Senator Richard Shelby.

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Mehr als die Hälfte der für das Haushaltsjahr bis zum September 2023 geplanten Staatsausgaben - genau 858 Milliarden Dollar - sind für das Militär vorgesehen. Dessen Budget wächst um satte zehn Prozent, während die zivilen Ausgaben nur um sechs Prozent und damit weniger als die derzeitige Inflationsrate aufgestockt werden. Unter anderem sollen elf neue Kriegsschiffe, 61 Tarnkappen-Bomber vom Typ F-35 und 15 zusätzliche Tankflugzeuge angeschafft werden. Außerdem werden die Gelder für die Ukraine und die Truppenpräsenz in Europa erhöht.

Für Präsident Joe Biden ist das Ausgabenpaket ein halber Erfolg. Einerseits vermeidet es einen drohenden Shutdown, monatelanges Gezerre um das Budget und stellt die Mittel für die versprochene Ukraine-Hilfe bereit. Andererseits haben sich die Republikaner ihre Zustimmung teuer abkaufen lassen. Sie setzten unter anderem die Priorisierung des Militärs durch, während die Demokraten auf weitere Corona-Mittel, eine Ausweitung des Kinderfreibetrages und ein dauerhaftes Bleiberecht für afghanische Flüchtlinge in den USA verzichten mussten.

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Schlaglicht auf die innere Zerrissenheit der Repulikaner

Trotzdem gab es auf republikanischer Seite auch massiven Widerstand gegen das Paket. Ex-Präsident Donald Trump bezeichnete es als „furchtbar“. Twitter-Boss Elon Musk veranstaltete eigens eine Umfrage, um seiner Ablehnung der neuen Schuldenaufnahme Gewicht zu verleihen. Tatsächlich dürfte den Milliardär freilich vor allem gestört haben, dass die Raumfahrtbehörde NASA nun Mittel für ein zweites Raumschiff neben seinem SpaceX für eine Mondmission erhält.

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Dass das Haushaltspaket trotz solcher Widerstände im Senat kurz vor Weihnachten relativ geräuschlos die 60-Stimmen-Hürde nehmen konnte, für die mindestens zehn Ja-Voten von Republikanern erforderlich sind, wirft ein Licht auf die innere Zerrissenheit der konservativen Partei. Deren Senatsführer Mitch McConnell, ein kühler Stratege und Machtpolitiker, befürchtet offenbar chaotische Zustände, wenn die Republikaner im Januar die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernehmen. In der neuen Fraktion haben nämlich die Trumpisten, die unter anderem die Ukraine-Hilfen beenden wollen, maßgeblichen Einfluss.

„Beide Seiten haben erkannt, dass wir es angesichts der Unsicherheit der neuen Mehrheitsverhältnisse im Repräsentantenhaus möglicherweise für viele Monate nicht hinbekommen, wenn wir es jetzt nicht machen“, beschrieb der demokratische Senator Jack Reed laut, was McConnell nach Aussagen seines Umfelds leise denkt.

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