Bildungsministerium investiert 35 Millionen Euro in Forschung zu Antisemitismus
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Bundesbildungsministerin Anja Karliczek spricht bei der Bundespressekonferenz über den aktuellen Stand der Forschung gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus.
© Quelle: imago images/Political-Moments
Berlin. Um dem wachsenden Antisemitismus in Deutschland zu begegnen, hat die Bundesregierung in die Forschung investiert. Insgesamt flössen in den kommenden vier bis fünf Jahren Fördermittel im Umfang von 35 Millionen Euro, teilte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Mittwoch in Berlin mit. In diesen Tagen sollen die ersten Projekte der Förderrichtlinie, die bereits im letzten Jahr verabschiedet wurde, ihre Arbeit beginnen.
Um sich dem Antisemitismus entgegenzustellen, sei mehr Wissen erforderlich, sagte Karliczek. Die Anfeindungen und die Bedrohungen von Bürgerinnen und Bürgern jüdischen Glaubens hätten mittlerweile eine neue Qualität erreicht. „Jüdisches Leben ist in Deutschland so bedroht, wie schon lange nicht mehr,” sagte sie. Das sei leider auch in Zahlen messbar. Für das Jahr 2020 seien 2351 antisemitische Vorfälle polizeilich gemeldet worden. Das sei im Vergleich zu 2019 eine Zunahme von 15 Prozent.
Antisemitismus an Schulen soll erforscht werden
Insgesamt sollen zehn Forschungsverbünde mit 31 Einzelvorhaben gefördert werden, um Antisemitismus aus unterschiedlichen Perspektiven zu untersuchen. So soll unter anderem untersucht werden, welche Formen von Antisemitismus an Schulen stattfinden und darauf aufbauend digitales Unterrichtsmaterial für Lehrerinnen und Lehrer entwickelt werden.
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Ein weiteres Projekt beschäftige sich mit mit Judenhass und Hetze im Internet. Es soll eine „Gegenstimme zur Bekämpfung antisemitischer Hassreden im deutschsprachigen Netz für junge Menschen” entwickelt werden, so Karliczek. Dazu soll ein Medientraining entwickelt werden, das junge Menschen zum Thema Medienkompetenz und auch im Umgang mit antisemitischen Hassreden schult.
Klein: Verschwörungsmythen haben in Krisenzeiten Hochkonjunktur
Antisemitismus habe in der Bewegung von Corona-Leugnern und „Querdenkern” wie ideologischer Kitt gewirkt, sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, mit Blick auf das vergangene Jahr. Verschwörungsmythen hätten in Krisenzeiten Hochkonjunktur.
Viele der stark vereinfachenden Erklärungsmustern würden meist „die Juden” verantwortlich machen. „Solche Überzeugungen sind nicht nur in rechtsextremistischen Kreisen, sondern eben auch in anderen Teilen der Gesellschaft verbreitet oder zumindest anschlussfähig”, warnte Klein. Auch deshalb sollten gerade diese Überschneidungen in der Forschung untersucht werden.
Er habe dazu im Rahmen der vom Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus beschlossenen Maßnahmen ein Forschungsprojekt angestoßen, in dem die Überschneidungen von Judenhass und Rechtsextremismus sowie das Einsickern extremer Positionen in die Gesellschaft untersucht werden sollen.
Frank Bajohr, wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Holocauststudien am Institut für Zeitgeschichte in München und Mitglied, lobte vor allem, dass die ausgewählten Projekte fachübergreifend arbeiten würden.
„Forschungen zu Antisemitismus und Rechtsextremismus stellen eine disziplinübergreifende Querschnittsaufgabe dar, die nicht als verinselte Spezialforschung betrieben werden sollte”, sagte er. Vor allem die Forschung zu Antisemitismus im Internet müsse verstärkt untersucht werden. Die Antisemitismusforschung habe sich lange Zeit eher auf nicht digitale Inhalte konzentriert, so Bajohr.