Vor Papstbesuch im Südsudan: Mindestens 20 Tote bei Zusammenstößen
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Menschen tragen Nationalfahnen während sie vor dem Tor des Flughafens von Juba auf die Ankunft des Papstes warten. Der Papst befindet sich im Südsudan auf der zweiten Etappe einer sechstägigen Reise.
© Quelle: Ben Curtis/AP/dpa
Juba. Kurz vor der Ankunft von Papst Franziskus an diesem Freitag hält die Gewalt im Krisenstaat Südsudan weiter an.
Mindestens 20 Menschen kamen bei Zusammenstößen im Bundesstaat Zentral-Äquatoria südlich der Hauptstadt Juba ums Leben, wie der Informationsminister des Bundesstaats erklärte. Hintergrund für die Gewalt am Donnerstag soll eine Racheaktion von Viehhirten gewesen sein, die zuvor von unbekannten bewaffneten Gruppen überfallen worden waren.
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Anfang der Woche warnten die Botschaften der USA, Großbritanniens und Norwegens vor der Möglichkeit eines erneuten regionalen Konflikts im Bundesstaat Upper Nile. „Die südsudanesische Übergangsregierung und die politischen Akteure in Juba haben die Verantwortung, dies zu verhindern und friedliche und nachhaltige Lösungen zu finden“, hieß es in der gemeinsamen Erklärung.
Papst Franziskus wird am Freitag im Südsudan erwartet
Papst Franziskus soll am Freitag um 15.00 Uhr Ortszeit (14.00 Uhr MEZ) in Juba landen. Obwohl gleich mehrere politische Lager im Vorfeld erklärt hatten, der Besuch werde Frieden und Wandel für den Südsudan bringen, bleibt die Lage im Land sehr angespannt.
Ähnlich wie im Kongo – der ersten Station auf der Afrikareise des Papstes – setzen auch die Menschen im Südsudan große Hoffnung in den Besuch des Kirchenoberhaupts. „Ich wünsche mir, dass dieser Besuch ein Wendepunkt für Frieden und Harmonie wird“, sagte James Oyet Latansio, der Sekretär des Kirchenrates im Südsudan. Tausende Menschen sind bereits aus allen Teilen des Landes in der Hauptstadt Juba angekommen, um die Ankunft des Papstes um 15.00 Uhr Ortszeit (14.00 Uhr MEZ) mitzuerleben.
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Papst Franziskus (vorne M) begrüßt die Gläubigen an der Kathedrale „Notre Dame du Congo" in Kinshada.
© Quelle: Jerome Delay/AP/dpa
Die Hoffnung der Südsudanesen ist nicht unberechtigt, hatten sich doch die ehemaligen Kontrahenten, Südsudans Präsident Salva Kiir und dessen ehemaliger Vizepräsident Riek Machar, kurz nach einem Besuch im Vatikan 2019 zu einem Friedensabkommen durchgerungen. Nach der Unabhängigkeit vom muslimisch dominierten Sudan vor zwölf Jahren war das Land von 2013 bis 2018 in einem Bürgerkrieg versunken.
Die Gewalt im Südsudan bleibt ein Problem
Papst Franziskus betete damals mit Kiir und Machar und flehte sie um ein Ende des Konflikts an. Dann kniete er sich plötzlich vor den beiden und anderen Gästen aus dem Südsudan nieder und küsste ihnen die Füße. Seit 2020 ist Machar - sieben Jahre zuvor noch wegen eines Putschversuchs in Ungnade gefallenen - wieder Vizepräsident des Südsudans.
Die Gewalt ist jedoch geblieben und der Südsudan noch immer ein Land im permanenten Krisenmodus. Dabei sichern seit der Gründung des Landes mehr als 13.000 Soldaten in einer UN-Blauhelmmission die Stabilität. Auch Deutschland beteiligt sich mit 50 Soldaten an dem Einsatz.
Besonders schwer eskalierte die Gewalt in den vergangenen Monaten in den Bundesstaaten Jonglei und Pibor im Osten des Landes. Ähnlich ist die Lage in den Regionen Warrap oder Zentral-Äquatoria. Ethnische Spannungen und der Kampf um knappe Ressourcen entladen sich fast täglich in tödlichen Auseinandersetzungen. Die Zahl der Patienten, die mit Schussverletzungen behandelt werden mussten, ist nach Angaben des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) zuletzt erneut in die Höhe geschossen.
Auch im Norden gibt es Spannungen
„Die Auswirkungen der bewaffneten Konflikte und der Gewalt auf die Menschen im Südsudan ist verheerend“, sagte Pierre Dorbes, der Leiter der IKRK-Delegation in Juba. Nach den neuen Auseinandersetzungen hat das Rote Kreuz seine Notfallhilfe aufgestockt, denn die Gewalt wird immer brutaler. „Immer häufiger müssen wir Verletzte aus den ländlichen Gebieten ausfliegen, weil es die einzige Möglichkeit ist, ihr Leben zu retten“, so Dorbes.
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03.02.2023, Südsudan, Juba: Gläubige und Nonnen warten auf die Ankunft von des Papstes. Der Papst befindet sich im Südsudan auf der zweiten Etappe einer sechstägigen Reise, in der Hoffnung, zwei Ländern Trost und Ermutigung zu bringen, die von Armut, Konflikten und einer, wie er es nennt, «kolonialistischen Mentalität», die Afrika seit Jahrhunderten ausgebeutet hat, zerrissen sind. Foto: Ben Curtis/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
© Quelle: Ben Curtis/AP/dpa
Auch im Norden des Landes an der Grenze zum Sudan, von dem der Süden erst vor zwölf Jahren unabhängig wurde, kommt es immer wieder zu Spannungen. Dabei geht es nicht nur um Konflikte zwischen dem islamisch geprägten Norden und dem christlichen Süden, sondern auch um Ölvorkommen im Grenzgebiet.
Der Klimawandel bedroht das Land
Neben den alten Konflikten kämpft das Land längst auch mit einer neuen Bedrohung: dem Klimawandel. „Der Südsudan ist eines der ersten Musterbeispiele für die Auswirkungen des Klimawandels“, sagt Ania Okinczyc, die Büroleiterin der Welthungerhilfe im Südsudan. Das Land erlebte 2022 das dritte Jahr in Folge mit schweren Überschwemmungen. „Allein im letzten Jahr war rund die Hälfte der Landesfläche vollkommen unter Wasser“, sagte Okinczyc. Zwar habe die Trockenzeit begonnen und es gebe keinen neuen Regen mehr, doch das Wasser stehe weiterhin auf den Feldern und in den Dörfern. Laut Angaben der UN sind mindestens 900.000 Menschen von den Fluten betroffen.
Ein Ende des Leids der Menschen im Südsudan ist nicht in Sicht. Nach Schätzungen der Hilfsorganisation International Refugee Council (IRC) dürfte die Zahl der Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, in diesem Jahr auf 9,4 Millionen Menschen steigen. Schon jetzt sind drei Viertel der Südsudanesen auf humanitäre Hilfe angewiesen.
RND/dpa