Oder-Fischsterben: Ostsee könnte verschont bleiben
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Mecklenburg-Vorpommern, Ueckermünde: Segelboote fahren aus Ueckermünde auf das Stettiner Haff. Bisher wurden nach offiziellen Angaben keine Fischkadaver im deutschen Teil des Haffs im Zusammenhang mit dem Oder-Fischsterben entdeckt.
© Quelle: Stefan Sauer/dpa
Ueckermünde/Frankfurt (Oder). Kommt der Nordosten nach dem massenhaften Oder-Fischsterben mit einem blauen Auge davon? Diese Hoffnung äußerte zumindest Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus am Freitag bei der Vorstellung erster Ergebnisse breit angelegter Wasseruntersuchungen aus dem deutschen Teil des Stettiner Haffs. „Sie zeigen keine Auffälligkeiten“, sagte der SPD-Politiker in Ueckermünde.
In Brandenburg sei die Welle toter Fische bereits durch und in Polen würden teilweise Ölsperren, die die Kadaver aufhalten sollten, abgebaut. Es gebe Hinweise, dass flussaufwärts keine neuen nachkommen. Backhaus hofft außerdem auf Verdünnungseffekte im Stettiner Haff, in das die Oder mündet und das mit rund 900 Quadratkilometern etwa doppelt so groß wie der Bodensee ist.
Am Donnerstagabend habe Polen darüber informiert, dass tote Fische den südlichen Stadtrand von Stettin erreicht hätten. Damit seien sie aber immer noch etwa 60 Kilometer vom Haff entfernt. Zudem ist das Mündungsgebiet weit verzweigt. Stand jetzt geht vom deutschen Teil des Stettiner Haffs laut Backhaus keine Gefahr aus.
Auch positive Nachricht in Brandenburg
Auch aus Brandenburg kommen inmitten der Umweltkatastrophe erste positive Meldungen. Wissenschaftler des Instituts für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow konnten bei einer Probebefischung am Freitag eine Vielzahl lebender Fische nachweisen, berichtet die „Märkische Allgemeine Zeitung“.
„Schon kurz nach dem Fischsterben haben wir zwischen den verendeten Fischen Jungfische beobachtet, denen scheinbar gar nichts passiert ist. Die Ergebnisse des Probefischens bestätigen, dass Fische überlebt haben. Das sind nach den letzten beiden Wochen erstmals gute Nachrichten für Fischer und Angler“, wird Henry Schneider, Fischwirtschaftsmeister und Mitglied im Präsidium des Landesfischereiverbandes Brandenburg/Berlin, zitiert.
Fischsterben in der Oder: Gesamtes Ökosystem geschädigt
Noch immer steht nicht fest, was genau das massive Sterben der Tiere im deutsch-polnischen Grenzfluss verursacht hat.
© Quelle: Reuters
Tourismus dürfte davon nicht profitieren
Den Tourismusbetrieben im Nordosten, die bereits einen Gästerückgang verzeichnen, dürfte diese Aussage nur bedingt weiterhelfen. Eine vorsorgliche Warnung vor dem Baden, Fischen, Angeln und der Entnahme des Wassers besteht weiterhin. Backhaus verwies auf das weiter geltende Badeverbot polnischer Behörden für die Oder und versprach: „Wenn es da aufgehoben ist und wir nichts finden, heben wir auch auf. Das kann ich Ihnen heute zusichern.“
Für Verunsicherung sorgt die bislang unklare Ursache für das Fischsterben. Mit Blick auf einen möglichen Zusammenhang mit einer Alge sprach Backhaus von einer Hypothese. Diese könnte aber einiges erklären. Das Haff solle deshalb auch auf diese Organismen untersucht werden. Außerdem sollen laut Backhaus etwa auch Muscheln auf etwaige Auswirkungen untersucht werden. Selbst wenn Algen eine Rolle spielen sollten, besteht die Frage, was deren Verbreitung ausgelöst hat.
Backhaus glaubt, dass Stoffe in den Fluss geführt wurden
Umweltminister Backhaus zeigte sich überzeugt, dass eine Einleitung bestimmter Stoffe in die Oder maßgeblich ist. „Meine Theorie lautet, es muss irgendwo zwischen Anfang Juli und Mitte Juli zu einem Eintrag gekommen sein.“ Das könne eventuell auch etwas später passiert sein. Es habe ohne erheblichen Niederschlag ein deutliches Ansteigen der Oder um 30 Zentimeter und einen starken Anstieg des Salzgehaltes gegeben. „Da muss irgendwas passiert sein, und das muss aufgeklärt werden.“ Um einen entsprechenden Eintrag zu identifizieren, will er auch Satellitenbilder nutzen.
Die polnische Regierung geht von einem Umweltsünder aus. Experten halten etwa einen Zusammenhang mit dem schlesischen Bergbau für möglich.
„Es muss eine Quelle gegeben haben, und die möchte ich aufgeklärt haben“, sagte Backhaus. Er werde sich deswegen auch nochmals an das Bundesaußen-, -umwelt- und -innenministerium wenden. Der Minister übte erneut Kritik am Informationsfluss. Man sei erst am 11. August über das Fischsterben informiert worden. Der Austausch mit der polnischen Seite habe bis zuletzt nicht gut funktioniert. Kommunikation und Transparenz müssten deutlich verbessert werden
Polen kündigt Untersuchungen an
Die polnische Regierung hat indes eine intensive Suche nach den Ursachen für das Auftreten von sogenannten Goldalgen in der Oder angekündigt. Ziel sei herauszufinden, wie die Mikroorganismen in den Fluss gelangten, sagte Umweltministerin Anna Moskwa am Freitag der Agentur PAP zufolge auf einer Pressekonferenz in Gryfino.
Weiter kündigte Moskwa an, dass auch eine Analyse zur Entfernung dieser Algenart vorgenommen und ihr künftiges Auftreten in polnischen Flüssen verhindert werden solle. Dafür werden Wissenschaftler in den kommenden Tagen Untersuchungen beginnen und Empfehlungen ausarbeiten, um weitere Schritte und Maßnahmen ergreifen zu können.
Polen schließt Quecksilber als Ursache für Fischsterben in der Oder aus
Die Suche nach der Ursache für das massenhafte Sterben in der Oder geht weiter. Umweltministerin Lemke bemängelte die deutsch-polnische Zusammenarbeit.
© Quelle: dpa
Warschau will sich an anderen Ländern orientieren
Nach Angaben der Umweltministerin wurden die Goldalgen bei der mikroskopischen Untersuchung von Wasserproben gefunden. Die Blüte dieser Algen könne das Auftreten von Toxinen verursachen, welche Wasserorganismen wie Fische und Muscheln töteten, aber für den Menschen nicht schädlich seien. Orientieren will sich Polen bei seiner Untersuchung an Erkenntnisse aus anderen Ländern, in denen die Alge aufgetreten sei, sagte Moskwa. Zugleich sagte, dass dies nur selten der Fall gewesen sei und jede Situation individuell sei.
Moskwa versicherte, dass bei Kontrollen der legalen Einleitungen in die Oder keine Unregelmäßigkeiten aufgedeckt worden seien. Zugleich sagte sie Betrieben, die vom Fischsterben und der Wasserverschmutzung betroffen sind, Unterstützung zu.
Auch Bundesregierung kündigt Hilfen und Aufklärung an
Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte an, den von der Umweltkatastrophe betroffenen Betrieben helfen zu wollen. Das Kabinett habe am Mittwoch besprochen, „dass wir Hilfen für die von der Katastrophe betroffenen Betriebe auf den Weg bringen werden, wenn das nötig wird“, sagte Lemke dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.
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Zudem werde der Bund das Land Brandenburg „bei den laufenden Analysen zur Schadensursache über das Umweltbundesamt und über die Bundesanstalt für Gewässerkunde“ unterstützen. Von der Bundesanstalt erwarte sie Ergebnisse bis Ende August, sagte die Ministerin.
Auch eine deutsch-polnische Expertenkommission hat ihre Arbeit aufgenommen. Wie ein Sprecher des Bundesumweltministeriums am Freitag erklärte, konstituierte sich die Gruppe am Donnerstag und führte bereits erste Gespräche. Die Taskforce war Anfang der Woche nach Beratungen beider Länder auf Regierungsebene angekündigt worden.
RND/sf mit dpa
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