Vulkanausbruch auf La Palma: Magma sammelte sich bereits vier Jahre vorher unter Gebirge
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November 2021: Soldaten der spanischen Armee stehen auf einem Hügel, während Lava bei einem Vulkanausbruch auf der Kanareninsel fließt.
© Quelle: Emilio Morenatti/AP/dpa
Etwa fünf Monate ist es nun schon her, dass der Vulkanausbruch auf La Palma für beendet erklärt wurde. Fast drei Monate lang, vom 19. September bis zum 13. Dezember des vergangenen Jahres, hielt er die Bewohnerinnen und Bewohner der Kanareninsel in Atem. Ganz überraschend kam der Ausbruch aber nicht: Tage und Wochen zuvor kündigte er sich mit einer zunehmenden Anzahl an Erdbeben unter dem Gebirgszug Cumbre Vieja an.
Geochemiker: „Analyse der Proben läuft auf Hochtouren“
Wie lange der Ausbruch anhalten würde, war damals nicht abzusehen. Wie nun aus Forschungsergebnissen hervorgeht, war die Menge an Magma unter dem Gebirge nicht unbeträchtlich. „Die Analyse der gesammelten Proben läuft auf Hochtouren und wir haben bereits erste Ergebnisse“, sagte Harri Geiger von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Der Geochemiker war selbst mehrfach vor Ort und sammelte Proben. „Wir können nachvollziehen, dass sich Magma bereits vier Jahre vor dem Ausbruch unter dem Gebirge Cumbre Vieja gesammelt hat“, erklärte er. Zudem hätten Geiger und sein Team festgestellt, in welcher Tiefe diese Magmareservoire lagen, welche Änderungen der chemischen Zusammensetzung es während des Ausbruchs gab und auf welche Prozesse in der Tiefe diese hindeuten.
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Harri Geiger auf der Kanareninsel La Palma.
© Quelle: privat
Dass im Gebirge auch noch fünf Monate nach dem Ausbruch Rauch und Gase aufsteigen, beunruhigt den Wissenschaftler nicht. „In der Nähe der Schlote ist ein Schwefelgeruch bemerkbar, jedoch sind die Konzentrationen in den Ortschaften nicht bedrohlich“, erklärte Geiger. Die meisten Menschen der betroffenen Regionen seien zurückgekehrt. „Lediglich in Puerto Naos konnten rund 1000 Menschen noch nicht zurückkehren, da die Kohlenstoffmonoxid- und Kohlenstoffdioxidwerte dort weiterhin sehr hoch sind“, führte er aus. Die Lava entgase dort noch stark.
Vulkantourismus auf La Palma
Laut seinen Kolleginnen und Kollegen vor Ort würde sich das Leben auf La Palma allmählich normalisieren. Doch es gebe noch einiges zu tun. „Auf den Straßen wird immer noch Asche und Lapilli (Anm. d. Red.: italienisch für Steinchen, Partikel bis zu 64 Millimeter) entfernt.“ Auch der Tourismussektor atme wieder auf. „Es nimmt langsam wieder zu und es gibt laut Aussage eines Tourguides eine neue Form von Tourismus. Menschen, die auf die Insel kommen, um den Vulkan zu besichtigen: Vulkantourismus“, sagte Geiger.
Der größte Wirtschaftszweig der Insel ist allerdings die Landwirtschaft. „Einige Areale konnten von Asche und Lapilli befreit werden und können so wieder bewirtschaftet werden. Andere Teile werden noch einige Jahre benötigen, bis beispielsweise wieder Bananen oder Wein angepflanzt werden können, da hier die Lava nicht so einfach entfernt werden kann“, erklärte der Geochemiker. In ein paar Jahren könnten auch neue Felder und Plantagen auf dem Lavastrom entstehen. Das gab es auf La Palma schon in der Vergangenheit: „Einige der aktuellen Plantagen und Felder sind auf der Lava des letzten Ausbruchs von 1971 entstanden“, sagte Geiger.
Verheerende Bilanz
Die Bilanz des mit einer offiziellen Dauer von gut 85 Tagen längsten Vulkanausbruchs in der bekannten Geschichte La Palmas ist verheerend. Rot glühend wälzte sich die mehr als 1000 Grad heiße Lava durch das dicht besiedelte Aridane-Tal Richtung Meer, wo sich zwei insgesamt rund 50 Hektar große Landzungen bildeten. Die Menschen mussten hilflos mitansehen, wie fast 2900 Wohnhäuser und andere Bauten sowie große Bananenplantagen, Avocadobäume und Weinreben in Zeitlupe zermalmt und verbrannt wurden. Rund 1200 Hektar sind nun mit einer meterdicken Lavaschicht bedeckt, die nur langsam auskühlt. Die Fläche entspricht rund 1700 Fußballfeldern.
Teile der Insel wirken wie eine Mondlandschaft, aus der Asche ragen hier und da nur noch die Schornsteine verschütteter Häuser heraus. Mehr als 7000 Bewohnerinnen und Bewohner mussten in Sicherheit gebracht werden, die Schäden werden auf fast eine Milliarde Euro geschätzt.
La Palma ist die jüngste Kanaren-Insel. Wie die bekannteren Touristenhochburgen Teneriffa und Gran Canaria ist auch sie vulkanischen Ursprungs. Für die Bewohner und Bewohnerinnen kam der Ausbruch nicht wirklich überraschend. Immer häufigere Erdbeben während der Jahre und Monate vor dem Ausbruch hatten das Unheil angekündigt.
mit dpa
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