Eine Frage des Glaubens
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Je rationaler unsere Gesellschaft wird, desto höher scheint der Anteil derer zu sein, die ihr Heil in Esoterik und Religion suchen. Ein Blick ins Geschäft mit dem (Aber-)Glauben.
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Berlin. Ein Wunderheiler installierte in Bayern an einer unfallträchtigen Bundesstraße drei besondere Boxen. Zur „Entstörung“, gegen Strahlen. Kosten: 1677,90 Euro. Die Reihe der Todesfälle riss ab – warum auch immer. Beim englischen Fußballverein FC Chelsea glaubten einige Fußballer fest daran, dass das Benutzen eines bestimmten Pinkelbeckens dem Club zum Sieg verhelfen konnte.
Unabhängig davon, dass manche bei diesen Beispielen von Humbug reden, zeigt beides: Esoterik hat sich im Alltag des 21. Jahrhunderts festgesetzt. Und die Vielfalt der Angebote wächst. Ob Schamane, Schutzengel oder Heilstein – jeder kann allein für sich entscheiden, wo die Grenze zwischen Sinn und Unsinn liegt.
„Man kann feststellen, dass Aberglaube zugenommen hat. Je rationaler und intellektueller unsere Gesellschaft wird, desto höher ist der Anteil derer, die ihr Heil in einer Art Fluchtbewegung in der Esoterik und Religion suchen“, sagt Manfred Becker-Huberti. Der 73-Jährige ist Theologe, Experte für religiöse Volkskunde und Autor. Weitere Fachleute der christlichen Kirchen sehen es ähnlich. Anders als noch vor 20 Jahren seien esoterische Praktiken heute gesellschaftlich akzeptiert, sagt Kai Funkschmidt von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen.
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“Es geht darum, sich gegen das Unerwartete zu wappnen“: Je ohnmächtiger Menschen sich fühlen, desto eher neigen sie dazu, an Übersinnliches zu glauben.
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Menschen lassen durch „Engelsbotschafter“ eine Verbindung zu Verstorbenen aufnehmen. Sie kaufen Horoskope, um den richtigen Partner zu finden. Oder sie verteilen besondere Steine am Arbeitsplatz. Oft sind es schmerzhafte Einschnitte und Lebenskrisen, die sie zum Übersinnlichen führen.
Eigentlich dürften es abergläubische Rituale schwer haben in einer von Technik und Wissenschaft geprägten Welt. In Zeiten, in denen Computer-Programme Kaufverhalten vorausberechnen und lernen, Gefühle zu verstehen. Doch offensichtlich fehlt den Menschen etwas.
„Es geht darum, sich gegen das Unerwartete zu wappnen und Einfluss zu nehmen“, sagt die Volkskundlerin Eva Kreissl. Ob man Amulette sammle oder bete: „Man fühlt sich gegenüber dieser Welt nicht mehr so ohnmächtig, weil man meint, in das eigene Schicksal eingreifen, etwas gegen den Zufall tun zu können.“ Wenn nichts hilft, hilft immer noch der Glaube – entweder an Gott oder seine Konkurrenz.
Innenarchitektin wird Heilerin
Manche wenden sich zum Beispiel an Franziska von Kielmansegg. Wer die Heilerin im Westen von Berlin besucht, fährt durch Straßen mit alten Eichen, passiert Villen mit gusseisernen Zäunen. Klischees, die Spirituelles in der Exotenecke vermuten, passen nicht. Kielmansegg stammt von einer preußischen Offiziersfamilie ab. Im Flur ihrer Altbauwohnung hängen Stammbaum und Porträts ihrer Vorfahren.
Die Frau von Anfang 50 sitzt in einem hellen Raum. Neben ihr aufgereiht stehen die „Werkzeuge“: ein Kristallstein, eine Trommel aus Nepal, eine Drachenfigur, ein Kessel aus Bronze. Magische Hilfsmittel aus unterschiedlichen Denkweisen entlehnt. Vor 15 Jahren habe sie die ersten Veränderungen in ihrem Körper bemerkt, erzählt Kielmansegg. „Auf einmal wurden meine Handflächen sehr heiß.“ Tagelang hatte sie das Gefühl, als ob Energie aus ihren Händen ströme. „Ich hatte nie danach gesucht, es ist einfach aus mir herausgebrochen“, sagt sie.
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“Ich hatte das Gefühl, mit meinen Händen in Körper hineingreifen zu können“: Die Schamanin Franziska von Kielmansegg in ihrem Wohnzimmer in Berlin.
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Als sie fünf Jahre später in eine persönliche Krise geriet, wandelte sich im Leben der Innenarchitektin nahezu alles. Auch ihre Wahrnehmung. Eines Tages sah sie sich im Raum sitzen – aus der Vogelperspektive. Kielmansegg begann zu spüren, wie sie sich bei Behandlungen auf neue Weise mit Menschen körperlich und geistig verbinden konnte, wie sie sagt: „Normalerweise spürt man nur die Haut. Ich aber hatte das Gefühl, mit meinen Händen in Körper hineingreifen zu können.“
Zu ihr kommen vor allem Hilfesuchende mit einem längeren Leidensweg. Die tieferen Ursachen seien häufig in der Familiengeschichte zu finden. Was das Problem vieler Menschen sei? Die Welt habe den Verstand zwar ausgebildet. Das Bauchgefühl sei aber abtrainiert worden.
Glaube nach Baukastenprinzip
Seit dem 16. Jahrhundert wurde der Begriff Aberglaube benutzt, um ein bestimmtes Denken von der vorherrschenden Überzeugung abzugrenzen. Es galt, Andersdenkende in Verruf zu bringen. Anhänger alternativer Glaubensformen sprechen deshalb lieber von Spiritualität.
So oder so ist der Glaube eine Welt mit Widersprüchen. Manche halten Wunderheilungen für möglich. Mehr als jeder Dritte denkt, es gebe hellseherische Fähigkeiten. Jeder Fünfte hält einen Kontakt zu Verstorbenen für machbar. Etwa fünf bis sechs von zehn Menschen sagen bei Umfragen, sie glaubten an Gott. Am vergangenen Weihnachtsfest wollte jedoch nur jeder Vierte in die Kirche gehen. Glaube ja, Kirche eher nein. Ein Prinzip, das sich durchsetzt.
Insgesamt hat Esoterik seit der „New Age“-Bewegung und den 1980er-Jahren Aufwind erfahren. Es gibt schamanische Wochenendseminare und Schwitzhütten-Rituale im Indianerzelt. Internetshops verkaufen Powerarmbänder. Der Erfolg basiert häufig auf sinnlichen Erlebnissen: Sehen, Fühlen, Hören, Riechen. Gerade Teile der jungen Generation sind von dieser Erlebniswelt fasziniert. Ein Viertel der 16- bis 30-Jährigen fühlt sich zu alternativen Glaubensformen hingezogen. Die noch Jüngeren setzen ihren Glauben aus verschiedenen religiösen Anschauungen baukastenartig zusammen. Dies zeigt eine Sinus-Studie, die alle vier Jahre den 14- und 17-Jährigen in Deutschland nachspürt.
„Best-of“ aus Buddhismus, Hinduismus und Christentum
Viele Jugendliche sind dabei wie religiöse Touristen unterwegs. Sie bedienen sich aus dem Angebot der globalisierten, konkurrierenden Offerten: Sie bauen ein „Best-of“ aus Buddhismus, Hinduismus und Christentum. Die Suche nach Religion ähnelt teils der Suche nach einem Fitnessclub. Ein Probeabo führt nicht unbedingt zur Vollmitgliedschaft: Es wird getestet und wieder verworfen.
Wer in der Welt der Esoterik landet, hat der Kirche oft den Rücken gekehrt. 2016 zum Beispiel verloren die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr erneut über eine halbe Million Mitglieder. Dass die Kirchenbänke leerer werden, erklären Forscher damit, dass die Glaubensoberen es verpasst haben, Antworten auf Fragen der Zeit zu finden. Dabei waren im Mittelalter abergläubische Rituale tief in klassischen Glaubenssystemen verankert. Damit sei die Kirche den Menschen nahe gekommen, sagt Volkskundlerin Kreissl.
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Zwischen Kitsch und Krise: Eine Engelsfigur samt Werbung für eine Gratisberatung auf der Esoterikmesse.
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Ein anderes Beispiel: Engel. Fast jeder Zweite glaubt nach einer Umfrage der Meinungsforscher von YouGov an die Existenz von Schutzengeln. Viele Engelsjünger haben die Wesen in ihrer Kindheit im christlichen Glauben kennengelernt. Nun hat die Esoterik der Kirche die Figuren weggeschnappt.
In der biblischen Tradition seien Engel „Erfüllungsgehilfen Gottes und ein Bindeglied zwischen ihm und den Menschen“, erklärt Pfarrer Gary Albrecht, Sektenbeauftragter des Bistums Essen. In der Esoterik bekommen sie ein Eigenleben. Engel sind nicht mehr an Gott gebunden. Die menschlichen Sehnsüchte würden nun auf Engel übertragen. Die Figuren würden zu gottähnlichen Wesen stilisiert. Dieser Engelskult verleiht Flügel. Vor allem jenen, die mit den Beschützern Profit machen. So schreiben US-Autoren wie Doreen Virtue Bestseller wie „Engel Detox“, ein Ratgeber zur „Entgiftung“, und erreichen ein Millionenpublikum.
„Gott hat Anforderungen an mich. Einen Engel aber kann ich einfach herbeipfeifen“, sagt Gerald Kluge, Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen im Bistum Dresden-Meißen. Seit zehn Jahren bemerkt der Theologe ein steigendes Interesse am Engeltrend.
Das Geschäft mit den Engeln
Das Geschäft mit ihnen spielt sich nicht nur im Buchladen ab. Etwa 1200 Menschen kamen vor einiger Zeit zu einem typischen Engelskongress nach Hamburg. Manch einem Teilnehmer war der Besuch mehrere Hundert Euro wert. „Man will jemanden haben, der sich wie eine Art Service-Agent um einen kümmert“, sagt Theologe Kluge.
Eugenia S. sieht sich dabei auf dem richtigen Weg. Die 68-Jährige erzählt, sie selbst habe anderen Menschen früher zu viel geholfen. Dadurch seien ihr die Schulden über den Kopf gewachsen. Sie nahm Pillen, gab bei Esoterik-Messen „sehr viel Geld“ aus. Weder Ärzte noch Amulette gaben Halt. Bis sie auf Engelsbotschafterin Eva-Maria Bartl traf, die ihr versprach, mit Menschen aus dem Jenseits Kontakt aufzunehmen. „Als ich sie fragte, wusste ich, es ist sehr ehrlich und kommt von Herzen“, meint S. Sie habe Antworten bekommen, konnte die Vergangenheit hinter sich lassen.
„Vertrauen Sie auf Gott und Ihrem Herzen!“ steht als Motto auf Bartls Internetseite. Die spirituelle Beraterin, wie sie sich nennt, stammt von einem Bauernhof im katholischen Oberbayern. Seit ihr ein Engel im Türrahmen erschienen war, fühlt sie sich berufen, Menschen zur Seite zu stehen. Deutschlandweit hält sie Vorträge und erteilt Ratschläge in Gesprächen. Geldverdienen spiele eine Nebenrolle. Aber: Wer für seine Arbeit nichts verlange, sei auch nichts wert.
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Im modernen Esoterikmarkt boomt neben Klassikern wie Handlesen und Heilsteinen auch die sogenannte Aura-Fotografie.
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Ursprünglich bezeichnete Esoterik einen eher verborgenen Bereich mit Riten für Eingeweihte. Heute ist der Großteil der Lehren und Gegenstände käuflich. Die Schätzungen des jährlichen Umsatzes der Branche sind vage und pendeln zwischen Millionen und mehreren Milliarden. Bei Sachbüchern erreichen Titel zu Psychologie, Spiritualität und Esoterik einen Umsatzanteil von rund 10 Prozent.
Wie umfangreich das Heilsangebot ist, zeigt ein Rundgang auf einer Eso-Messe in Köln. Noch immer ist die alte Garde vertreten: Kartenleger, Astrologen, Verkäufer von Heilsteinen. Aber auch neue Anbieter haben sich in der Wunderwelt etabliert wie Spezialisten für sogenannte Aura-Fotografie, die den Charakter des Kunden in Farben abbilden will, oder Handleser mit 3-D-Scannern.
Wünschelrute gegen Zahnschmerzen
Wer sein Geld mit Spiritualität verdient, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, leichtgläubige Menschen finanziell zu erleichtern, sogar ein Betrüger zu sein. Oder der Gesundheit ernsthaft zu schaden. Etwa, wenn ein „Zahnarzt“ Schmerzen mit Wünschelruten und Heiligenbildern „behandelt“ – und die Patientin später über ein Loch im Kiefer klagt.
Anders als bei anerkannten Medizinern könne niemand kontrollieren, was in esoterischen Praxen passiere, warnt die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. Heilsversprechen würden dann gefährlich, wenn Menschen ihren Freundeskreis, Geld und Gesundheit für umstrittene Methoden aufs Spiel setzten, mahnen andere Kritiker. Problematisch werde es bei ernsten Krankheiten.
Extrem angesagt: Schamanen
Doch abgesehen davon, wie erkennt man Scharlatane und Abzocker? Etwa unter den in der Szene angesagten Schamanen. Besonders vertrauenswürdig sind sie nach Einschätzung der Masse der Deutschen nicht. Trotzdem finden sie Kunden. Sowohl diejenigen, die auf Messen mit Geweihmaske und Klapperschlangen-Rassel auf ihre CDs aufmerksam machen. Als auch die anderen, die leiseren, wie die Mittvierzigerin Katja Neumann.
Ihre Naturheilpraxis liegt im Berliner Prenzlauer Berg, ein Zimmer im Erdgeschoss. Während sich ihre Kunden auf einer Matte entspannen, begibt sich Neumann unter sanften Trommelschlägen auf eine Gedankenreise. Die Menschen auf der Matte plagen psychische Probleme. „Wir wollen immer unsere Fehler ausmerzen. Ich bin da, um ihnen zu zeigen, wie gut sie sind, und aufzubauen“, sagt Neumann.
Der Ethnologe und Psychotherapeut Bernd Rieken hat sich mit Schamanismus auseinandergesetzt. Er geht davon aus, dass sich manche Menschen von der Natur entfremdet fühlen und durch Schamanismus zu ihr zurückfinden wollen. Schamanen, denen übernatürliche Kräfte zugesprochen werden, dienten als Türöffner. Bei Gedankenreisen rufen sie Tiere an oder benutzen Federn und Rasseln. Das verweise in harmonische Kindertage: "Es entspricht der Sehnsucht nach einer ursprünglichen Geborgenheit“, sagt Rieken. Ob Trommel, Rassel oder Engelsfigur – all das war schon im Kinderzimmer beliebt.
„Wir sehnen uns danach, dass sich alles erklärt“
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Manfred Becker-Huberti ist katholischer Theologe und Experte für religiöse Volkskunde. Von ihm stammt das Buch “aber.Glaube – Was hilft, wenn sonst nichts hilft“ (J.P. Bachem Verlag).
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Wie unterscheiden sich Aberglaube und Esoterik?
Aberglaube bezeichnet kein feststehendes Phänomen, sondern gibt immer die Sichtweise von jemandem mit einem angeblich richtigen Glauben wieder, der den Glauben eines anderen als falsch bezeichnet. Man könnte auch sagen: Der Aber das andere glaubt. Esoterik bezieht ihren Schub von dem Geheimnisvollen.
Worauf führen Sie Aberglauben zurück?
Es gibt die unstillbare Sehnsucht nach Harmonie, das Rückführen auf einen Punkt, an dem sich alles erklärt. Eine Sehnsucht, die über das Festhalten an traditionellen Glaubenssystemen hinausgeht. Es ist etwas Grundlegendes, das uns Menschen umtreibt: Ob es der Stein der Weisen ist oder die Weltformel in der modernen Physik. Wir sehnen uns danach, dass sich alles erklärt, dass sich alle Widersprüche auflösen und es einen Ort gibt, an dem wir uns selbst genügen.
In welchem Anteil stehen Heiler zu Betrügern?
Es gibt Heiler, die auf ihre Art und Weise Erfolge erzielen, die man sich nicht erklären kann. Dass immer nur Placebo-Effekte wirken, würde ich nicht glauben wollen. Es gibt Dinge, die ich zwischen Himmel und Erde nicht erklären kann. Es gibt in allen Bereichen Phänomene, die sich finanzieren, es gibt aber auch etliche Heiler, die keine kommerziellen Erfolge erzielen, sondern glauben, ihnen sei die Gabe geschenkt und sie seien verpflichtet, diese Gabe zugunsten der Menschen anzuwenden. Die Mehrheit neigt aber zum Profit. Und gerade hier ist große Vorsicht geboten.
Vorsicht wovor?
Gefährlich werden kann Aberglaube an dem Punkt, an dem ich mein Ich aufgebe. Wo mein Geld darüber entscheidet, wie viel Heil ich bekomme. Da muss man extrem vorsichtig sein und rückwärts laufen – ein Punkt, den die meisten aber nicht bemerken, wenn sie selbst betroffen sind.
Das Esoterik-ABC: Von Amulett bis Zweifler
Esoterik und Aberglaube bilden ein Universum für sich. Für Außenstehende lässt es sich schwer überschauen. Viele Methoden versprechen Gesundheit oder seelisches Heil. Was ist was?
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Eine Wahrsagerin scannt auf einer Esoterikmesse die Hand einer Kundin.
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Amulett: als magisches Schutzmittel gedacht, um Schaden abzuwenden oder Glück zu bringen. Oft als Anhänger. Aus frühen Kulturen bekannt.
Bibelcode: die Vorstellung, dass in der Bibel versteckte Botschaften enthalten sind, denen tiefere Bedeutungen innewohnen.
Clearing: Englisch für Bereinigung, Ausgleich. Anhänger gehen davon aus, dass Seelen von Verstorbenen andere Körper besetzen. Ein besetzter Mensch wird angeblich geheilt, indem man mit den Seelen spricht.
Daumendrücken: Zum Ursprung gibt es verschiedene Vermutungen. Für die Germanen war der Daumen ein Symbol für Dämonen, die durch das Drücken der dicken Finger gebändigt werden konnten.
Esoterik: Esoterisch war in der Antike Wissen, das nur für einen Kreis an Eingeweihten zugänglich war (griech. esoteros: der Innere). Heute steht Esoterik als Überbegriff für eine Weltanschauung, die durch Lehren und Praktiken auf Selbsterkenntnis und Verwirklichung abzielt, abseits der Naturwissenschaft.
Fetisch: verehrter Gegenstand, dem oft magische Kraft zugesprochen wird (portugiesisch feitico: Machwerk, Zauber)
Geist-Chirurgie: unwissenschaftliche Praxis mit der Annahme, Operationen allein mit den Händen oder durch unblutige geistige Eingriffe durchzuführen. Kritiker warnen eindringlich davor.
Handauflegen: eine der ältesten Anwendungen. Heiler wollen ihre Energie auf Kranke übertragen oder leiten angeblich Vitalität aus einer "göttlich-schöpferischen Quelle" weiter.
Jagdmagie: magische Praktiken, in der Regel, um Jagderfolg herbeizuführen.
Kristallkugel: Gegenstand, den angebliche Hellseher benutzen, um die Zukunft vorauszusehen. Durch Lichteffekte wollen manche in ihr Bilder erkennen können.
Liebeszauber: die Vorstellung, dass durch die Verabreichung bestimmter Flüssigkeiten oder durch Rituale die Gunst eines anderen Menschen erworben wird.
Matrixheilung: Anhänger gehen von der Annahme aus, dass alle "Realität als Energie und Schwingung" aufzufassen sei. Gelöst werden sollen etwa Blockaden in einem Energiefeld. Kritiker sehen viel Show am Werk.
Neonazismus: Kritiker esoterischer Bewegungen weisen auch auf teils rechtsextreme und rassistische Unterströmungen hin. So basierten einige Verschwörungstheorien bestimmter Esoteriker auf Antisemitismus.
Orakel: diente schon in der Antike als Wegweiser für die Zukunft. Ägypter und Römer haben die Zukunft aus Opfertieren "gelesen".
Prana Heilung: hat die Wurzeln im indischen und russischen Raum. Anhänger glauben an ein berührungsloses "Energie-Heilen".
Quantenheilung: Wird oft synonym mit der Matrixheilung verwendet – und ähnlich kritisch gesehen.
Reiki: ein japanisches Kunstwort. Es geht um Geist, Seele und Lebensenergie. Eine spezielle Form des Handauflegens. Wurde gegen Schmerzen und zur Entspannung auch schon im Krankenhaus angeboten.
Schamanismus: stammt aus der Tradition der Naturvölker und wird weltweit praktiziert. Der Schamanismus geht davon aus, dass Menschen, Tiere, Pflanzen und Mineralien in Beziehung zueinander stehen.
Therapeutic Touch: Das Vorgehen – übersetzt etwa heilsame Berührung – fußt auf einer Idee von Energiefeldern der Lebewesen. Jeder hat danach eine Fähigkeit, anderen zu helfen.
Unglücksboten: Abergläubische Menschen sehen in vielem ein böses Omen: in der 13, unter einer Leiter durchzugehen oder Salz zu borgen.
Voodoo: magischer, mit katholischen Elementen durchsetzter Kult aus Westafrika.
Wahrsage-Karten: sind bereits um 1500 dokumentiert. Mit Spielkarten orakeln Menschen über ihr Schicksal.
X-Factor – Das Unfassbare: deutscher Titel einer US-amerikanischen TV-Mystery-Serie aus den 1990er-Jahren. Es werden Geschichten von Begegnungen mit übersinnlichen Phänomenen erzählt.
Yoga: wird oft dem Bereich der Esoterik zugerechnet, kommt in der Praxis aber auch ohne Rückgriff auf Übersinnliches aus.
Zweifler: Die Skeptikerbewegung richtet sich gegen irrationale Vorstellungen und Versprechungen. Sie möchte wissenschaftliches und kritisches Denken verbreiten und auf Gefahren von unwissenschaftlichen Weltanschauungen hinweisen.