Crowdfundingaktion eines Pariser Start-ups: ein Stück Burg für 59 Euro
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Die Burg im Örtchen Boulogne-la-Grasse rund 100 Kilometer nördlich von Paris.
© Quelle: Abandonned_Nordic
Paris/Boulogne-la-Grasse. Wer 59 Euro zur Verfügung hat, kann in Paris ein mehrgängiges Menü mit Wein essen oder einen mittelmäßigen Platz für ein Opernkonzert ergattern. Für denselben Preis ist es aber auch möglich, den Teil einer Burg zu erstehen und – falls gewünscht – eigenhändig bei dessen Restaurierung mitzuhelfen.
Einen Mindestbeitrag von 59 Euro sieht das französische Start-up Dartagnans in seiner aktuellen Crowdfundingaktion vor, um sich am Kauf einer Burg im Örtchen Boulogne-la-Grasse rund 100 Kilometer nördlich von Paris zu beteiligen. Freilich darf man auch höhere Summen investieren – dann gibt es mehr Stimmrechte bei strategischen Entscheidungen.
Eine halbe Million ist das Ziel
Die Sammlung läuft seit Anfang Dezember und gut 300.000 Euro sind bereits zusammengekommen, die von fast 3000 zukünftigen Co-Burgherren und -herrinnen aus 48 verschiedenen Ländern stammen. Knapp zwei Wochen bleiben noch, um die erhoffte halbe Million einzutreiben, die gebraucht wird, um das Bauwerk tatsächlich erwerben zu können.
Es handelt sich bereits um die vierte Burg- oder Schlossrettungsaktion seit 2018, die Dartagnans auf die Beine stellt. Der Name des Pariser Start-ups lehnt sich an den Roman von Alexandre Dumas über die drei Musketiere an, von denen einer die historische Figur des Grafen Charles de Batz-Castelmore d‘Artagnan verkörpert. Er ist ein Hinweis auf deren Mut und Unverfrorenheit, aber auch das Geschichtsbewusstsein der Gründer.
Dartagnans wollen verfallene Bauwerke erhalten
Dartagnans hat sich darauf spezialisiert, alte, oft verfallene Bauwerke mithilfe von öffentlichen Unterstützungsaktionen zu erhalten und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. „Frankreichs Kulturgüter sind ein Schatz, und die Menschen hängen sehr daran. Aber die öffentlichen Subventionen sinken ständig“, sagt der 35-jährige Chef und Mitbegründer Romain Delaume. Insgesamt wurden bereits 6,5 Millionen dank 40.000 Spendern für die diversen Aktionen gesammelt. Manche schenken auch ihren Liebsten ein Stück von einem Schloss.
Inzwischen zählt Dartagnans rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter zwölf Festangestellte. Ihr jüngster Projekt, die Burg in Boulogne-la-Grasse mit ihren Fresken und Mosaiken, den Elementen aus Gotik und Romantik, monsterköpfigen Wasserspeiern und lateinischen Inschriften, umweht eine verwunschene Aura. Erbaut Ende des 19. Jahrhunderts vom reichen Grafen Charles von Boulogne, war sie bis zum ersten Weltkrieg eine Touristenattraktion – davon zeugen alte Postkarten. Einige Monate nach Kriegsbeginn wurde das Bauwerk, dessen Aussichtsturm einen kilometerweiten Blick erlaubte, von der französischen Armee in Beschlag genommen und diente als Beobachtungspunkt für die Soldaten.
Franzosen bombardierten den Turm
Während einer deutschen Offensive in der Region im Jahr 1918 umkämpften die beiden Lager das strategische Bauwerk und als schließlich deutsche Truppen es besetzten, bombardierten es die Franzosen und zerstörten vor allem den Turm. Seither wurde es nicht mehr komplett hergerichtet. Auch die Zeit hinterließ ihre Spuren.
Ziel von Dartagnans ist es, die Ruinen zu konsolidieren, die Baustruktur und die Skulpturen zu restaurieren, die Mosaike und Fresken zu säubern sowie den alten Turm wieder aufzubauen. In einem weiteren Schritt soll ein Touristenangebot mit Führungen durch das Gelände und die Burg und Ökounterkünften im Park entstehen – ein Geschäftsmodell gibt es schon.
Wer sich beteiligt, bekommt kostenfreien Schlosszugang auf Lebenszeit
Die rund 800 Quadratmeter könnten für private Feiern vermietet werden oder Raum für Ausstellungen, Verköstigungen oder einen Abenteuerparcours bieten. Einkünfte werden erneut in die Restauration des Schlosses investiert, heißt es. Wer sich mit mindestens 59 Euro beteiligt, erhält übrigens kostenfreien Zugang auf Lebenszeit. Zusätzlich zum Stolz, ein Stückchen Burg zu besitzen.