30 Jahre sind nur eine Faustregel

Deutschlands alte Bahnen: Wie lange dürfen Stadtbahnen im Betrieb sein?

Der historische „Lindner“-Triebwagen von 1928 vor dem Hauptbahnhof. Als Fahrplanwagen pendelt er zwischen Hauptbahnhof und Salztor in Naumburg. Nach Angaben der Naumburger Straßenbahn GmbH ist er deutschlandweit der älteste Straßenbahnwagen im Liniendienst.

Der historische „Lindner“-Triebwagen von 1928 vor dem Hauptbahnhof. Als Fahrplanwagen pendelt er zwischen Hauptbahnhof und Salztor in Naumburg. Nach Angaben der Naumburger Straßenbahn GmbH ist er deutschlandweit der älteste Straßenbahnwagen im Liniendienst.

Deutschland. Nach wie vielen Einsatzjahren Schienenfahrzeuge aus dem Stadtverkehr gezogen werden müssen, dafür gibt es in Deutschland keine Regel. So dürfen beispielsweise Busse in Hannover laut des öffentlichen Dienstleistungsauftrags (ÖDA) nicht älter als 16 Jahre sein. Die Verkehrsbetriebe Hannover, die Üstra, nutzt ihre Busse deshalb zehn Jahre in und um Hannover und danach weitere sechs Jahre beim Tochterunternehmen Üstra-Reisen. Doch für die Stadtbahnen gibt es keine vergleichbare Regelung.

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Normalerweise ist in den Fahrzeugausschreibungen der Nahverkehrsunternehmen ein geplanter Betrieb von 30 Jahren definiert. Dieser Zeitraum kann sich aber auch verlängern – und das passiert ziemlich häufig. „Es ist in Deutschland durchaus üblich, dass Stadtbahnwagen recht lange im Einsatz sind“, sagt Christoph Heuer vom Hannoverschen Straßenbahn-Museum.

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So fährt bei der Kirnitztalbahn in Bad Schandau der älteste klassische Straßenbahnwagen in Deutschland. Er ist laut dem Straßenbahn-Museum 66 Jahre alt. Nach Angaben der Naumburger Straßenbahn GmbH ist wiederum der historische „Lindner“-Triebwagen von 1928 deutschlandweit der älteste Straßenbahnwagen im Liniendienst. Auch in Gotha, Mannheim, Woltersdorf und Würzburg sind noch alte Fahrzeuge aus den Jahren 1957 bis 1971 im Einsatz. Allerdings wurden nahezu alle von ihnen nach 1990 deutlich modernisiert.

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Wann muss ein Straßenbahnwagen ausgetauscht werden?

30 Jahre sind also eher eine Faustregel, keine Vorgabe für die Lebensdauer von Schienenfahrzeugen im Nahverkehr. Sie solle die Ersatzteilversorgung durch den Hersteller und eine ausreichende Korrosionsbeständigkeit der Wagenkästen gewährleisten, sage aber nichts über die technische Sicherheit des Fahrzeuges aus, erklärt Annika Burchard vom TÜV Nord.

Doch welche Faktoren bestimmen dann darüber, ob und wann ein Straßenbahnwagen ausgetauscht wird? Die Antwort ist kompliziert. Nachfragen bei Nahverkehrsunternehmen aus München, Berlin, Hannover und Frankfurt geben jedoch Hinweise auf die Kriterien, die dabei eine Rolle spielen: So ist zum Beispiel die Verfügbarkeit von Ersatzteilen wichtig. „Es wird natürlich immer schwerer, Ersatzteile zu besorgen“, sagt Heiko Rehberg, Pressesprecher der Üstra. Die Hersteller stellen die Produktion ihrer alten Bahnen irgendwann ein und konzentrieren sich auf neue. Auch die Wahrscheinlichkeit, Waggons zu finden, aus denen man Ersatzteile entnehmen könnte, sinkt.

Wirtschaftliche Lebensdauer liegt bei bis zu 40 Jahren

Zudem stellt sich die Frage nach den Kosten. Ein Austausch der Waggons nach nur wenigen Jahren ist weder wirtschaftlich noch umweltfreundlich. Bei Schienenfahrzeugen werde in der Regel von einer wirtschaftlichen Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren ausgegangen, sagt Maximilian Kaltner, Pressereferent für das Ressort Mobilität der Stadtwerke München.

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Der historische „Lindner“-Triebwagen von 1928 fährt entlang der Wenzelsmauer. Als Fahrplanwagen pendelt er zwischen Hauptbahnhof und Salztor in Naumburg. Nach Angaben der Naumburger Straßenbahn GmbH ist er deutschlandweit der älteste Straßenbahnwagen im Liniendienst.

Der historische „Lindner“-Triebwagen von 1928 fährt entlang der Wenzelsmauer. Als Fahrplanwagen pendelt er zwischen Hauptbahnhof und Salztor in Naumburg. Nach Angaben der Naumburger Straßenbahn GmbH ist er deutschlandweit der älteste Straßenbahnwagen im Liniendienst.

Hinzu kommt: Der Austausch von Stadtbahnen ist ein großer logistischer Aufwand. Die Einführung einer neuen Generation habe einen großen Vorlauf mit Planung, Ausschreibung und vielen anderen Schritten, die „zwischen sechs und neun Jahre dauern kann“, erklärt Rehberg. So habe die Üstra in Hannover bald 296 Fahrzeuge pro Tag im Einsatz. Sie besitzt jedoch „nur“ 340 Wagen. Deshalb sei es wichtig, auch alte Wagen im Einsatz zu haben. Schließlich müssten Fahrzeuge auch gewartet und repariert werden – auch um genügend Ressourcen zu haben, um neue Wagen für den Einsatz vorzubereiten, erklärt Rehberg.

Modernisierung steht in finanzieller Konkurrenz zur Neuanschaffung

Nicht zuletzt spielt die Sicherheit eine Rolle. „So lange Stadtbahnen technisch sicher sind, können sie betrieben werden“, sagt Annika Burchard vom TÜV Nord.

Damit die Waggons in gutem Zustand bleiben, werden sie im Laufe der Jahre oft renoviert und auf den neuesten Stand gebracht. Insbesondere technische Updates werden im Lauf der Jahre unerlässlich. Beispiele für Überarbeitungen betreffen zum Beispiel den Fahrkomfort, die Klimatisierung, das Design oder aber auch die Belange mobilitätseingeschränkter Fahrgäste, erklärt ein Mitarbeiter von traffiQ, der lokalen Nahverkehrsgesellschaft der Stadt Frankfurt am Main. Diese Modernisierungsmaßnahmen stehen dann jedoch wieder in finanzieller Konkurrenz zu Neuanschaffungen.


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