ARD-Moderatorin im RND-Interview

Gauland unfreiwillig Namensgeber der neuen Late-Night-Show von Anja Reschke

Anja Reschke präsentiert im Ersten ab dem 2. Februar ihr „Reschke Fernsehen“.

Anja Reschke präsentiert im Ersten ab dem 2. Februar ihr „Reschke Fernsehen“.

Anja Reschke (50) moderiert seit 2001 das NDR-Magazin „Panorama“ und war seitdem an zahlreichen weiteren ARD-Formaten beteiligt. Am 2. Februar startet nun ihre eigene Show „Reschke Fernsehen“, die einmal wöchentlich donnerstags ab 23.35 Uhr im Ersten zu sehen sein wird. Zunächst sind fünf Folgen geplant.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Frau Reschke, Late-Night ist vor allem männlich. Was müsste sich tun, damit es mehr Frauen in das Genre schaffen?

Da ist ja Aufbruch im Markt. Lange galten Frauen in der Unterhaltung oder auch im Humor als nicht so gut vermittelbar. Aber das ändert sich. Langsam, aber es ändert sich. Wir sind alle als Gesellschaft so geprägt, dass man Frauen Unterhaltendes nicht so zutraut. Oder zugesteht. Es gibt Dutzende wissenschaftliche Untersuchungen darüber, dass Witze bei Frauen anders wahrgenommen werden als bei Männern. Aber Humor hat insgesamt eine große Spannbreite. Menschen, die über Mario Barth lachen, finden vielleicht Loriot nicht so komisch. In dieses weite Feld passen im 21. Jahrhundert vielleicht auch mal Frauen rein.

Sehen Sie sich als Konkurrentin oder Antwort auf Jan Böhmermanns ZDF-Late-Night-Show?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Ich denke seit vielen Jahren darüber nach, wie man Recherchen auch noch mal anders präsentieren kann. In den USA gibt es solche Late-Night-Shows, die Unterhaltung und Information verbinden, schon ganz lange. Das „ZDF Magazin Royale“ war das erste auf dem deutschen Markt und macht das auf wirklich kreative Weise. Das ist keine reine Satire, sondern dahinter steckt journalistisches Handwerk.

Die Sendung ist also nicht Ihre Antwort darauf, könnte aber in Konkurrenz treten?

Ich sehe mich weder als Antwort noch als Konkurrenz. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Markt groß genug ist für mehr unterhaltende Information. Und bis jetzt sind da ziemlich viele Männer, die die Welt lustig erklären. Mit Ausnahme von Carolin Kebekus und Mai Thi Nguyen-Kim.

Wie satirisch wird Ihr „Reschke Fernsehen“?

Meine neue Sendung hat satirische Elemente, aber es geht vor allem um die Form der Präsentation. Die Darbietung ist lockerer und unterhaltsamer als in einer klassischen Magazinsendung, weil es mehr eine Erzählung ist als eine Moderation. Aber es ist keine Sendung, die auf Gag geschrieben ist. Die Absurdität und das Amüsement entwickeln sich aus den Themen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Also wird Ihre Sendung ein Zwischending zwischen „Panorama“ und „Extra 3“?

Genau. Die Sendung hat weniger Gags als „Extra 3“, aber ist lustiger als „Panorama“.

Das Stream-Team

Die besten Serien- und Filmtipps für Netflix & Co. – jeden Monat neu.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Hat sie tatsächlich AfD-Mann Gauland zu dem Sendungstitel „Reschke Fernsehen“ inspiriert?

Ja. Es ist wahrscheinlich genauso schwer, seiner Sendung einen Namen zu geben wie seinem Kind (lacht). Nach vielen Ideen, die wir hatten, kamen wir auf „Reschke Fernsehen“. Der Begriff stammt vom AfD-Politiker Alexander Gauland. Wir waren 2016 zusammen in der ARD-Talkshow „Hart aber fair“. Es ging auch um den AfD-Kampfbegriff der „Lügenpresse“ und da sagte Herr Gauland, er würde das anders, „Reschke Fernsehen“, nennen. Wogegen Gauland sich wehrte, ist die freiheitlich tolerante Haltung, für die ich stehe, eine offene, vielfältige Gesellschaft, mutigen, kritischen Journalismus. So gesehen war der Begriff „Reschke Fernsehen“ geradezu eine Auszeichnung.

Hatten Sie Sorge, dass Sie Gauland damit zu viel Aufmerksamkeit geben?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Nein. Das ist jetzt für den Anfang ein guter Gag. Ich werde aber nicht jedes Mal darauf herumreiten, dass „Reschke Fernsehen“ von Alexander Gauland stammt. Uns im Team gefiel auch das Retromäßige am Wort „Fernsehen“. Wir besinnen uns auf die guten, alten, verlässlichen Werte des Fernsehens. Gute Information und Unterhaltung mit Niveau. Im Titel steckt also sehr viel mehr als nur ein Gauland-Gag.

Finden Sie, dass das heutige Fernsehen diese „guten, alten Werte“ sonst nicht mehr so hochhält?

Oh doch, sie sind da, diese Werte! Aber auf dem inzwischen riesigen Medienmarkt mit den Dutzenden Online- und Social-Media-Formaten, mit den vielen Echt- und Fake News, die da auf uns einprasseln, kann man schon noch mal darauf verweisen.

In den USA sind Late-Night-Shows ein großes Ding. Wie würden Sie das mit Deutschland vergleichen?

In Deutschland denkt man bei Late-Night-Show immer noch an Harald Schmidt. Da kommt jemand, erzählt ein paar Gags über das, was am Tag oder in der Woche passiert ist, es spielt eine Band, es kommt ein Gast. In den USA ist das Genre vielseitiger. Es gibt da absolute Platzhirsche wie John Oliver, der jede Woche ein teilweise wirklich hartes Thema behandelt, das geht von Inflation über Wahlen bis zum Ukraine-Krieg. Durch die Form der Präsentation werden sie unterhaltsam. Aber man lernt trotzdem etwas. Das ist eine interessante Mischung.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Können die USA ein Vorbild sein für den deutschen Fernsehmarkt?

Die USA waren immer ein Vorbild für den deutschen Fernsehmarkt. Die Amerikaner können Show und Fernsehen einfach extrem gut. Auch im Journalismus sind sie echt stark. Von daher sind wir in unserer ganzen Medienlandschaft sicher sehr von den USA geprägt.

Spätestens seit Ihrem Flüchtlingskommentar 2015 kennen Sie Hass und Beleidigungen im Netz gut. Wie gehen Sie damit um?

Ich bin immer wieder erschrocken, wenn ich mich in die Untiefen irgendwelcher Kommentarleisten begebe, mit welcher Wut manche Menschen sich in der Öffentlichkeit äußern. Wie traurig, wenn man sich immerzu aufregen und ärgern und das ständig irgendwo reinposten muss. Aber wir haben als Betroffene, aber auch als Gesellschaft, ja seit 2015 Erfahrungen damit gesammelt. Und es gibt ja nicht nur Shitstorms, sondern auch „Lovestorms“. Ich bekomme viele ermutigende und auch dankbare Nachrichten. Und man hat ja langsam gelernt, Hassnachrichten einzuordnen, man weiß ja inzwischen, welches Thema welche Reaktionen hervorruft und aus welchen Ecken das kommt.

Der Hass richtet sich immer häufiger auch gegen die Öffentlich-Rechtlichen. Ein Vorwurf ist, dass dort nur eine Teilmenge der Gesellschaft abgebildet wird. Wie ist die ARD Ihrer Meinung nach in Sachen Pluralität an Meinungen und Diversität aufgestellt?

Es gibt bestimmte Gruppen, die sich mit großem Fleiß bemühen, die Öffentlich-Rechtlichen als einseitig, schlecht und unreformierbar darzustellen. Viele tun das, ohne sich damit zu beschäftigen, wie viel gerade an Strukturwandel in den Sendern geschieht. Am Ende muss man uns am Programm messen. Der Vorwurf, wir wären insgesamt zu einseitig und würden keine Pluralität abbilden, ist mir zu pauschal. Wir produzieren jeden Tag 24 Stunden Programm in Hunderten Sendungen auf Dutzenden Kanälen. Das ist nicht alles gleich. Wir haben es in der Welt mit extrem komplexen Problemen zu tun, die nicht mit einfachen Lösungen wegzudiskutieren sind.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Sie meinen, dass AfD und Co., von denen diese Vorwürfe kommen, eigentlich nur einfache Antworten wollen?

Die Vorwürfe der AfD gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann ich insofern nicht ernst nehmen, als die AfD den beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja per se abschaffen möchte. Da ist nicht mehr viel Spielraum für Entwicklung und Diskussion, das ist einfach destruktiv. Und ich habe durchaus auch den Eindruck, dass manch Kritiker einfach nur möchte, dass seine Meinung im Programm vertreten ist und alles andere nicht gelten lässt. Das ist aber nicht die Aufgabe von Journalismus. Wir vertreten nicht einfach irgendwelche Meinungen, sondern wir recherchieren, prüfen, wägen ab und berichten dann. Mit Blick auf andere Länder, Russland oder Iran zum Beispiel, kann man doch gerade viel über den Wert der Pressefreiheit lernen. Es ist ein sehr hohes Gut, dass die Presse in Deutschland frei ist und kritisch berichten kann.

Haben Sie Sorgen, dass die ständigen Angriffe durch die AfD, aber auch „Querdenker“ usw. das negativ beeinflussen?

„Querdenker“ können auf die Straße gehen und ihren Unmut laut und öffentlich kundtun. Das zeigt doch, was für ein stabiles Land wir sind. Man kann demonstrieren, offen seine Meinung sagen, ohne dass einem was passiert. Man muss halt nur mit Widerstand rechnen und das passt vielen nicht. Was mir Sorgen macht, ist die große Zahl an Formaten, an Blogs, an Youtube-Kanälen, an Social-Accounts, die bestimmte Blasen mit dem bedienen, was sie hören wollen. Ich habe Sorge, dass wir uns als Gesellschaft irgendwann nicht mehr darauf einigen können, was wahr ist und was nicht. Wenn wir diskutieren müssen, ob die Erde eine Scheibe ist oder eine Kugel, kommen wir nicht weiter. Dass sich manche ihre eigene Wahrheit zimmern, gab es wahrscheinlich schon immer. Aber früher haben diese Menschen nicht so eine große Resonanz gefunden. Heute finden sie durch einen Klick lauter Gleichgesinnte und halten ihre Meinung für die der Mehrheit.

Mehr aus Medien

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken