Aldi-Streit: Wem gehört die Versammlung?
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Mit diesem Flugblatt lädt die Bürgerinitiative gegen das Aldi-Logistikzentrum zur Einwohnerversammlung der Stadt ein.
© Quelle: Achim Gückel
Lehrte. Der Streit um die Ansiedlung eines Aldi-Logistikzentrums kocht gleich nach dem Ferienende wieder schlagartig hoch. Dabei steht die für Dienstag, 14. August, geplante Einwohnerversammlung in der Aligser Sporthalle im Zentrum der Debatte. Zu dieser hatte Bürgermeister Klaus Sidortschuk vor etwa anderthalb Wochen eingeladen. Nun haben die Gegner des Logistikzentrums, die Bürgerinitiative (BI) Aligse-Röddensen-Kolshorn, Flugblätter verteilt, in der sie sich der Einladung der Stadt anschließen und gleichzeitig einen Ablauf für die Versammlung vorschlagen – was zu Irritationen im Rathaus führt.
Der Flyer, der in den drei Dörfern nahezu flächendeckend verteilt wurde, ist von den zwei Sprechern der BI, Doris Rohjans und Otto Lüders, unterzeichnet. Sie regen an, bei der Bürgerversammlung zunächst einen Leiter zu bestimmen. Diese Funktion solle in den Händen von Ortsbürgermeister Frank Seger, einem entschiedenen Gegner des Aldi-Projekts, oder denen einer anderen von den Einwohnern bestimmten Person liegen. Anschließend wolle ein Sachverständiger eines Büros aus Marburg ein Gutachten vorstellen, welches belege, dass die Ausweisung eines Industriegebiets, wie es für das Logistikzentrum geplant ist, rechtlich nicht möglich ist. Damit wäre der Bau des Aldi-Lagers vom Tisch. Anschließend sollen dann die Bürger zu Wort kommen.
Im Rathaus nennt man das Ansinnen der Initiative „kurios“. Man werde dem Vorschlag der BI zum Ablauf der Einwohnerversammlung auf keinen Fall nachkommen, sagt Sprecher Fabian Nolting. Das solle aber keinesfalls den Konflikt mit den Aldi-Gegnern schüren, sondern sei nach den Bestimmungen im Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz gar nicht anders möglich. „Wir müssen uns da an Spielregeln halten“, sagt Nolting.
Und die sehen so aus: Der Aligser Ortsrat hatte vor den Ferien mehrheitlich eine Einwohnerversammlung gefordert. Diesem Auftrag muss der Bürgermeister nachkommen. Er lädt zu dem Treffen ein, und er muss es auch leiten. Die Führung an dem Abend jemand anderem zu überlassen, etwa Ortsbürgermeister Seger, sei rechtlich nicht möglich. Seger habe genau darum zwar gebeten. Seine Bitte habe man aber ablehnen müssen, heißt es aus dem Rathaus.
„Wir wollen, dass die Versammlung sachlich und geordnet abläuft“, sagt Nolting. Das bedeutet nach Lesart der Verwaltung, dass nach einer Begrüßung durch Sidortschuk ein Fachplaner den Stand der Dinge in Sachen Aldi-Logistikzentrum zusammenfasst. Anschließend soll Zeit für die Fragen der Bürger und die Antworten von Fachleuten sowie den Vertretern von Aldi sein, die am Podium sitzen werden. Vertreter der Bürgerinitiative sind nicht dorthin eingeladen.
BI-Sprecherin Doris Rohjans erläutert indessen, warum sich die Gegner des Logistikzentrums einen anderen Ablauf der Versammlung wünschen. Bei einer ähnlichen Veranstaltung im Dezember vergangenen Jahres in der Aligser Sporthalle seien viele Einwohner nicht zu Wort gekommen, Fragen übergangen worden und „vieles sehr unglücklich gelaufen“. Vertreter der BI seien „nur sehr beschränkt zu Wort gekommen“ und die einführenden Fachvorträge derart lang gewesen, dass nicht genug Zeit für die Wortbeiträge der Bürger gewesen sei. Das sei nicht fair gewesen, meint Rohjans. Die Versammlung in der Sporthalle dauerte seinerzeit weit über vier Stunden und endete erst gegen 23.30 Uhr.
Stadtsprecher Nolting stellt klar, dass für eine fundierte Darstellung der Aldi-Thematik zunächst ein Fachvortrag nötig sei. Dieser sei auch nicht in einer halben Stunde zu erledigen, sondern werde auch am 14. August eher eine Stunde dauern. „Es geht uns ja darum, die Bürger umfassend zu informieren“, sagt er. Dass die Bürgerinitiative ihr Gutachten aus Marburg vorstellen wird, schließt er aus. Dieses sei erst am Mittwoch im Rathaus eingegangen und müsse zunächst gesichtet und bewertet werden.
Dass die Gegner des Aldi-Logistikzentrums eine eigene Einwohnerversammlung mit eigener Tagesordnung auf die Beine stellen – quasi als Gegenpol zu jener der Stadt – ist laut Rohjans nicht möglich gewesen: „Das hätten wir gern gewollt, aber das passte nicht auf die Zeitachse.“ Überhaupt werde in der gesamten Aldi-Angelegenheit viel zu sehr aufs Tempo gedrückt.
Von Achim Gückel