Laatzen schafft Straßenausbaubeiträge ab
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Keine Straßenausbaubeiträge mehr für Anlieger in Laatzen: Der Stadtentwicklungsausschuss hat am Dienstag einhellig beschlossen, die Satzung zur Erhebung von Beiträgen zum 1. Januar aufzuheben.
© Quelle: Astrid Köhler
Laatzen. Applaus für einen Beschluss im Fachausschuss ist selten zu hören. Für ihre einhellige Entscheidung, künftig keine Anlieger mehr direkt an den Kosten für neue oder grundsanierte Straßen zu beteiligen, haben die Mitglieder Stadtentwicklungsausschuss am Dienstagabend jedoch viel Zustimmung geerntet. Die sogenannte Strabs (Straßenausbaubeitragssatzung) soll zum 1. Januar 2019 aufgehoben werden. Steuererhöhungen sind gegenwärtig kein Thema.
„Die Strabs ist ungerecht und gehört abgeschafft“, machte Christoph Dreyer bei der Beratung noch einmal deutlich. Klar sprach er sich wie auch Vertreter der rot-rot-grünen Mehrheitsgruppe gegen die von der Verwaltung favorisierten wiederkehrenden Beiträge aus. Diese Finanzierungsform setzte hohen bürokratischem Aufwand voraus und sei rechtsunsicher, so Dreyer. Die Stadt Springe, die ihre Straßen über wiederkehrende Beiträge kofinanzieren will, rechne mit Klagen und habe vom Städtetag gerade Unterstützung für Prozesskostenhilfe erhalten. Um die künftig ausbleibenden Anliegerbeiträge von in den letzten zehn Jahren durchschnittlich 250.000 Euro gegenzufinanzieren, hatte die Gruppe CDU/FDP vorgeschlagen, die Grundsteuer um 15 auf 615 Prozent zu erhöhen.
„Wir werden finanzieren müssen, und es wird auch nur über die Grundsteuer gehen“, sagte Heinz Scheibe von der Mehrheitsgruppe SPD-Grüne-Linke-Faull-Scheibe, die in einem eigenen Antrag ebenfalls die Aufhebung der Strabs gefordert hatte. Ob einmalig und wie genau die Finanzierung beim Straßenneubau geregelt werde, sei noch zu klären. „Wir werden uns einig werden“, sagte er optimistisch.
Zum jetzigen Zeitpunkt seien Steuererhöhungen nicht erforderlich, betonte Ernesto Nebot (SPD), der mit Blick auf ein wegen der geplanten Satzungsaufhebung kritischen Schreiben der Kommunalaufsicht die Unterfinanzierung der Kommunen monierte: „Wir müssen die Region bezahlen, Teile an das Land und den Bund abführen. Das ist immer unser Geld. Wenn wir in Laatzen alles behalten dürften, würde es uns gut gehen.“
Im Antrag der Mehrheitsgruppe hieß es, dass die Straßenausbauplanung „für die nächsten Jahre“ festgelegt werden sollte, um anschließend über die Finanzierung der Projekt zu entschieden. Diesen Punkt jedoch hielt die Stadtverwaltung für unnötig: „29 Straßen stehen derzeit im Programm“, sagte Stadtrat Axel Grüning. Hinzu kämen „zwei oder drei Straßen“ aus dem vorherigen Ausbauprogramm, darunter die Bergstraße in Ingeln-Oesselse. Diese seien vorzuziehen. Die Stadt könne nicht mit einem Schlag zehn Straßen erneuern, sondern schaffe weiterhin je nach Aufwand ein bis zwei Straßen pro Jahr. Welche das jeweils werden, sei weiterhin mit der Haushaltsberatung festzulegen.
Auch Matthias Krüger (Grüne) und Gerhard Klaus (FDP) warben vor der Abstimmung noch einmal für ein breites Bündnis zur Abschaffung der Strabs. „Bisher hat uns der Mut gefehlt, das zu beschließen, doch jetzt haben beide Seiten im Rat endlich den Mut gefunden“, sagte Klaus. Auf Landesebene, bei den Regierungsparteien von SPD und CDU, sei der Vorschlag der Liberalen, der auch dem Wunsch vieler Kommunen entspreche, leider abgelehnt worden. „Wir arbeiten dran“, entgegnete Michael Riedel (SPD) lächelnd.
Kommentar: Es wird nicht für alle gerechter
Hier sind sich Laatzens Ratspolitiker einmal einig: Die Straßenausbaubeiträge sollen abgeschafft werden. Damit beenden sie eine seit mehr als einem Jahr andauernde Diskussion und reagieren im Ergebnis auch auf den Druck, den Bürgerinitiativen in Laatzen, aber auch anderen Kommunen über Monate hinweg aufgebaut haben. Es ist zu begrüßen, dass damit Härtefälle vermieden werden – etwa im Fall von Rentnern und Familien, die sich in Einzelfällen die teils fünfstelligen Beiträge nicht leisten können. Der Illusion, dass es künftig für alle gerechter wird, darf man sich allerdings nicht hingeben. Die Abschaffung der Strabs trifft zum einen diejenigen, die erst vor kurzem bei Straßenerneuerungen belangt wurden und parallel Steuern zahlen. Sie werden doppelt belastet. Oft übersehen werden aber auch Nachteile für Mieter: Denn Hausbesitzer dürfen die absehbare Grundsteuererhöhung – im Gegensatz zu den bisherigen Ausbaubeiträgen – auf die Mietnebenkosten umlegen. Und: Von einer Grundsteuererhöhung verblieben nur 40 Prozent bei der Stadt, der Rest würde in die Regionsumlage fließen oder durch geringere Schlüsselzuweisungen aufgezehrt. Dieses Geld von Laatzener Bürgern wäre für die Sanierung von Gemeindestraßen verloren. Johannes Dorndorf
Von Astrid Köhler