Rathaus-Affäre: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Hannover. Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) gerät immer stärker in den Fokus der Affäre um rechtswidrige Gehaltszulagen im Rathaus. Eine angebliche Mail, aus der mehrere Medien zitieren, legt nahe, dass Schostok schon vor einem Jahr über Gehaltszuschläge für seinen Büroleiter informiert war, die nach zwischenzeitlichem Eingeständnis der Stadt unrechtmäßig sind.
Hat OB Stefan Schostok den Rat und die Öffentlichkeit belogen?
Diese Frage hat die NP dem OB schon am Freitag gestellt. Er antwortet mit einem Nein. „Eine Lüge setzt Vorsatz voraus. Ich habe mich im Vertrauen auf einen meiner engsten Mitarbeiter aus dem Kreis der Dezernenten geäußert.“ Erst jetzt sei „herausgekommen, dass es nie ein Einvernehmen mit dem Innenministerium gegeben hat. Ich wurde also belogen und hintergangen.“ Dazu ist festzustellen: Ein Behördenchef sollte wissen, dass kein Beamter der Besoldungsgruppe B Zulagen erhalten darf. Seine Antwort bezieht sich außerdem ausschließlich auf die Zulage von gut 1300 Euro monatlich, die Büroleiter Frank Herbert seit 2015 erhielt. E-Mails, die Herbert selbst der Presse übergab, erwecken aber den Anschein, als sei der OB auch an Gesprächen über Herberts Forderung nach noch höherer Zulage beteiligt gewesen. Sein Büroleiter wollte dotiert werden wie ein Dezernent – also mit 10 000 Euro statt 8800.
Stürzt der OB über die Rathaus-Affäre?
Kann sein, muss aber nicht. Auch aus SPD-Kreisen wird Schostok bedrängt, reinen Tisch zu machen. Wenn ihm nicht gelingt, Vertrauen und Glaubwürdigkeit wieder herzustellen, sind zwei Konsequenzen möglich. Die eine wäre Anerkennen des eigenen Scheiterns und damit Rücktritt. Die zweite: Der Rat beschließt mit Zweidrittelmehrheit ein Verfahren zur Abwahl des OB einzuleiten. Darüber müssen dann die Bürger abstimmen. Geschehen ist das zum Beispiel 2011 in Goslar, wo mit 87,1 Prozent der Stimmen die Bürger Hennig Binnewies abwählten, dem zahlreiche Fehler im Umgang mit Bürgern, Rathausmitarbeitern und Lokalpolitikern vorgehalten worden waren. Die sechs Ratsfraktionen hatten sich eine Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr vorstellen können. In Hannover kommen kritische Töne zu Schostok vor allem von der CDU. Noch steht das Bündnis von SPD, Grünen und FDP zum Verwaltungschef. Eine Zweidrittelmehrheit für ein Abwahlverfahren dürfte ausgeschlossen sein.
Warum hält die SPD an Stefan Schostok fest?
Wesentliche Informationen zu den gesetzeswidrigen Zulagen an Büroleiter Frank Herbert waren weder der SPD noch dem Rat bekannt. Erst durch die von Herbert übergebenen Mails (die nebenbei den Verdacht auf Geheimnisverrat wecken) hat sich bei der SPD die Erkenntnis durchgesetzt, dass Kulturdezernent Harald Härke nicht der einzige Schuldige in der Rathaus-Affäre sein kann. Der kritische Blick auf Schostoks Umfeld unterblieb lange – auch aus falsch verstandener Loyalität mit dem OB, der 2021 wiedergewählt werden will.
Von Vera König
NP