Mieterhöhung und mangelnde Sicherheit: Vonovia-Mieter genervt
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Genervt: Seit Anfang November können René Backhaus und sein Vater Wolfgang Wessel den Balkon nicht mehr nutzen.
© Quelle: Michael Wallmüller
Hannover. Das Gerüst steht, die Fenster sind erneuert, die ersten Dämmungen entfernt: Die Modernisierungen im Sporlederweg (Linden-Süd) sind in vollem Gange – sehr zum Ärger der Mieter in den betroffenen Häusern 14, 16, 18, 20, 22 und 24.
Denn so ganz reibungslos laufen die Arbeiten nicht: „Seit Anfang November können wir unseren Balkon nicht mehr nutzen, und es geht einfach nicht weiter“, sagt Mieter René Backhaus. Auch Peter Sandmann kann seinen Balkon seit Anfang Dezember nicht mehr betreten. „Das ist lästig", klagt der 74-Jährige. „Ich stelle dort immer meine Putzsachen ab, da ich nur eine Ein-Zimmer-Wohnung habe.“ Sandmann hat sich deswegen bereits im November um eine Mietminderung bemüht. „Doch es hat niemanden gekümmert, nichts ist passiert.“
Vonovia teilte auf NP-Nachfrage mit, dass „den Mietern nach Beendigung der Baumaßnahme eine Entschädigung gut geschrieben“ werde. Warum Sandmann darüber keine Kenntnis hat? „Das muss ein Einzelfall sein. Dem gehen wir nach“, so ein Sprecher.
Familie schaltet Anwalt ein
Erst im Sommer wurde den Mietern mitgeteilt, dass sie ab April bis zu 30 Prozent mehr Miete zahlen sollen (NP berichtete). Und das, obwohl die Maßnahmen umstritten sind, wie Sandmann findet: „Das Ersetzen von Fenstern mit Doppelverglasung durch dreifachverglaste Fenster ist nicht nötig. Wir hatten hier nie Probleme mit der Dämmung.“ Er müsste ab April bis zu 99 Euro mehr Miete zahlen.
Für die Drei-Zimmer-Wohnung von Familie Backhaus wären 167,60 Euro mehr fällig. Das will die Familie nicht auf sich sitzen lassen. „Ich habe schon einen Anwalt eingeschaltet. Da die Arbeiten aber noch nicht abgeschlossen sind, können wir noch nicht klagen“, sagt René Backhaus.
Mieter Tobias Puschmann geht sogar noch einen Schritt weiter: Er hat ein Beweissicherungsverfahren beantragen lassen. „Meine Fenster waren schon 2012 beim Einzug undicht, und das habe ich auch angesprochen. Nun sollen die Fenster plötzlich auf Kosten der Mieter ausgetauscht werden, obwohl es sich um eine Instandhaltung handelt.“
Vonovia bestätigt Engpässe
Insgesamt laufen die Arbeiten nach Aussagen der Mieter „sehr schleppend“. Eine langfristige Planung: Fehlanzeige. „Für den Austausch der Fenster standen die Bauarbeiter einfach vor der Tür“, sagt René Backhaus. „Und wann wir ein neues Bad bekommen, darüber haben wir keinerlei Informationen.“ Mutter Cornelia spricht von einem „planlosen Vorgehen.“
Vonovia erklärt dazu, dass die „kurzfristigen Termine ein Einzelfall“ seien. Es gebe einen schriftlichen Vorlauf von mindestens 14 Tagen in Form von Ankündigungen. Das Unternehmen schließe Einzelfälle, in denen die Terminvereinbarung nicht wie geplant läuft und der Arbeiter den direkten Kontakt sucht, aber nicht aus. „Dafür möchten wir uns entschuldigen“, so Vonovia. Der Sprecher bestätigte aber, dass „aufgrund von Kapazitätsengpässen und auch der Witterung nicht alle Timings eingehalten werden konnten.“ Derzeit sei das Unternehmen dabei, den Bauplan den Umständen entsprechend anzupassen..
Neues Fenster nach einem Tag gerissen
Puschmann drohen bis zu 142 Euro mehr Miete. Für die Renovierung der Bäder sollen den Mietern Container mit sanitären Anlagen gestellt werden. Für den gehbehinderten Mann ein Problem. „Ich habe das schon angesprochen, aber die lassen nicht mit sich sprechen.“ Vonovia dementiert das: „Wenn die Mieter uns ansprechen, werden wir selbstverständlich andere Lösungen, wie die Unterbringung in einem Hotel“ finden. Oder aber die Toiletten würden von den Arbeitern zum Feierabend wieder vorläufig funktionstüchtig gemacht. Auch von den mangelnden Informationen ist Puschmann genervt. Zwar habe es einen Aushang gegeben, dass die Balkonarbeiten am 3. November beginnen würden, doch passiert sei anschließend rund vier Wochen nichts. „Dann sprangen plötzlich drei jugendlich aussehende Menschen auf meinen Balkon rum und kloppten alles weg. Seitdem ist wieder nichts passiert, das Gerüst ist nicht mal gesichert. Und keiner der Arbeiter trug jemals einen Helm", sagt er. Das konnte auch die NP bei ihrem Besuch beobachten. Insgesamt sei alles „super unprofessionell“. Auch der Aushang zum Austausch der Fenster sei in einem „sehr schrägen Deutsch“ formuliert gewesen. „Nachbarn haben mir erzählt, dass die alle besoffen waren. Bei einem Nachbarn ist das Fenster sogar am nächsten Tag gerissen. Das ist alles sehr bedenklich.“
Ähnliches bestätigt auch Mieterin Kornelia Brandt-Plömer. „Die Handwerker einer Firma waren sehr unvorsichtig und fingen an, Dachlatten von oben zu werfen, ohne vorher die Umgebung abzusperren.“
Vonovia betont dagegen , dass „regelmäßig Sicherheitsbegehungen stattfinden und so etwas nicht geduldet“ werde. Man modernisiere nicht, „um unsere Mieter zu ärgern und möchten die Arbeiten für die Mieter so stressfrei wie möglich machen“.
Für Puschmann wenig Trost. „So wie hier gearbeitet wird, zweifle ich eine wohnliche Verbesserung nach der Modernisierung stark an.“
Vonovia in der Kritik
Vonovia ist mit einem Bestand von rund 400 000 Wohnungen in Deutschland (davon etwa 8000 in Hannover) der größte deutsche Wohnungskonzern. Immer wieder steht die Wohnungsbaugesellschaft wegen ungerechtfertigter Mieterhöhungen und Modernisierungsmaßnahmen in der Kritik. Anfang Dezember 2018 verkündete das Unternehmen aufgrund von einer „dramatisch zurückgegangenen“ gesellschaftlichen Akzeptanz gegenüber Mietsteigerungen durch energetische Modernisierungen eine drastische Kürzung solcher Maßnahmen. Mit den eingesparten Mitteln plant Vonovia Neubauten und Modernisierungen in Schweden.
Von Cecelia Spohn
NP