Jazz und Catchen mit Max Walloschke: Wie das Eisbein in den Boogie kam
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Auf die Bretter: Max Walloschke (links) im Haltegriff von Popesku.
© Quelle: Foto: Ralf Decker (Repro)
Hannover. Jeder Verein, der etwas auf sich hält und ein Stück Geschichte vorzuweisen hat, pflegt liebevoll seine Anekdoten. Der Jazz Club bildet da keine Ausnahme. Unsere Anekdoten erzählen davon, wie der Bassist Ed Garland einst, in einen Teppich gewickelt, von Clubmitgliedern aus dem Krankenhaus geschmuggelt wurde. Oder – und das ist wohl die berühmteste Story – wie Lionel Hampton in Hannovers Kultlokal Max Walloschke seine Begeisterung für deutsche Schweinshaxe entdeckte und auf einer Serviette den Eisbein-Boogie komponierte.
Die ersten Takte des besagten Boogies übertrug der legendäre Jazzmusiker im November 1974 sogar in das Goldene Buch der Stadt. Zwei Monate zuvor war eine andere Legende, nämlich diejenige, die für das Eisbein im Boogie verantwortlich war, verstorben. Große Berühmtheit hatte der Gastronom Walloschke allerdings weniger für seine gutbürgerlichen Spezialitäten, sondern für seine Künste als Ringkämpfer erlangt.
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Da ist Musik drin: Lionel Hampton, der Anfang der Siebzigerjahre mit Mike Gehrke bei Max Walloschke eingekehrt war und dort die ersten Takte des Eisbein-Boogies komponierte, trug diese Zeilen 1974 ins Goldene Buch der Stadt ein.
© Quelle: Jazz Club Hannover
Dreimal Deutscher Meister im Ringen
Ab Mitte der Dreißigerjahre absolvierte der aus der Ringerhochburg Breslau stammende Berufsringer knapp 300 Kämpfe, wurde Europameister und gleich dreimal Deutscher Meister. Walloschke beherrschte den klassischen Ringkampf und den Freistil gleichermaßen und galt in den Vierzigerjahren als Topstar in der Frühphase des Catchens.
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„Athletenteller“ und moralische Kampfpause
Als er 1952 das nach ihm benannte Restaurant in der Langen Laube eröffnete, hatte er seine Karriere als Ringer beendet, ohne den Kontakt zur Szene zu verlieren. Die traf sich fortan in Walloschkes neuem Prominentenlokal, wo es bei „Athletenteller“ und Bier vermutlich ähnlich deftig zuging, wie zuvor auf den hannoverschen Matten. Dort herrschte allerdings ab 1955 aufgrund „moralischer Bedenken“ eine Kampfpause.
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© Quelle: Nancy Heusel (Archiv)
Ein Revival erlebten die Showkämpfe ab 1964, als Edmund Schober die ersten Turniere auf dem Schützenplatz veranstaltete und Hannover in die „Welthauptstadt des Wrestlings“ verwandelte. Zum Zeitpunkt der Eisbein-Boogie-Komposition war das Catchen also wieder salonfähig und die Catcher-Legende Walloschke schon längst selbst zum Erzählstoff etlicher Anekdoten geworden.
Bleibt die Frage, ob sich zum Eisbein-Boogie auch gut Catchen ließe.
NP