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Psychologin im Interview

Weihnachten feiern trotz Krise und Krieg? „Das ist weder egoistisch noch ignorant“

Eine Psychologin betont: Wer sein Weihnachten in festlicher Stimmung feiert, schadet niemandem – auch nicht in Krisenzeiten.

Eine Psychologin betont: Wer sein Weihnachten in festlicher Stimmung feiert, schadet niemandem – auch nicht in Krisenzeiten.

Hannover. Frau Michael, ist Ihre (Vor)-Weihnachtsstimmung in diesem Jahr anders als sonst?

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Nein, das ist sie nicht. An dem Grund, Weihnachten zu feiern, hat sich ja nichts geändert.

Manche Menschen sagen, sie würden ein schlechtes Gewissen haben, im Warmen zu sitzen und zu feiern, während in der Ukraine die Leute frieren und keinen Strom haben.

Das klingt nach einer Schuld, die sie spüren. Schuld ist eine wichtige Emotion – aber an dieser Stelle völlig unpassend. Denn der oder die Einzelne hat ja nicht schlecht gehandelt und damit den Krieg oder die Energiekrise verursacht. Er oder sie kann also auch nicht die Verantwortung übernehmen.

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Sie raten also dazu, während der Feiertage die Krisen einfach auszublenden?

Es geht hier nicht um ausblenden oder ignorieren. Aber klar ist doch auch: Wer sein Weihnachten in festlicher Stimmung feiert, schadet niemandem. Im Gegenteil.

Im Gegenteil?

Je mehr Positives passiert, desto mehr setzt sich Positives fort. Die besinnlichen Tage sind wichtig, um Kraft zu sammeln, die Batterien aufzuladen. Wer sich diese Pause nicht nehmen kann, kommt nicht selten in einen Teufelskreis aus Angst, Panik und gedrückter Stimmung.

Was raten Sie Menschen, denen es derzeit schwerfällt, die Weihnachtsstimmung zuzulassen und zu genießen?

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Emotionen sind wichtig, auch die Angst, wenn man zum Beispiel an den Klimawandel denkt. Aber um die Krisen zu bewältigen, benötigen wir langfristige Konzepte, gut durchdachte Pläne – da hilft es in der Regel nicht, wenn man durch und durch empathisch mit jedem Problem mitleidet.

Prof. Dr. Tanja Michael ist Inhaberin des Lehrstuhls Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität des Saarlandes. Ihre Arbeit umfasst Forschung zu Verbesserungsmöglichkeiten von therapeutischen Interventionen, Lehre und die Behandlung von Patienten und Patientinnen.

Prof. Dr. Tanja Michael ist Inhaberin des Lehrstuhls Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität des Saarlandes. Ihre Arbeit umfasst Forschung zu Verbesserungsmöglichkeiten von therapeutischen Interventionen, Lehre und die Behandlung von Patienten und Patientinnen.

Doch fröhliche Stimmung lässt sich nicht erzwingen.

Es muss ja auch nicht zwingend fröhlich zugehen. Weihnachten wird schließlich auch ganz unterschiedlich gefeiert – auch ganz besinnlich. Wichtig ist, dass man sich eine Auszeit nimmt, um Energie zu tanken. Das ist weder egoistisch noch ignorant.

Und wie kommt man raus aus dem Trott?

Da gibt es viele Möglichkeiten. Hilfreich sind zum Beispiel Atemübungen. Aber auch, wenn man sich bewusst über die kleinen Dinge freut, kann man dem Trott entfliehen. Das kann jetzt zur Weihnachtszeit ein schöner Adventskranz sein oder die Plätzchen, die man mit den Kindern oder Enkelkindern gebacken hat. Dabei geht es vor allem um Fürsorge.

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Fürsorge für sich?

Ja, auch für sich. Denn nur, wenn es mir selbst gut geht, habe ich die Kraft, anderen zu helfen und vielleicht auch an langfristigen Zielen mitzuarbeiten.

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