Sascha Lobo spricht über „F wie Facebook“
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Im Gespräch: Carolin Emcke und Sascha Lobo in Cumberland.
© Quelle: Heidrich
Hannover. In der Reihe „ABC der Demokratie“ in Cumberland Galerie hat sich Carolin Emcke bisher Themen gewidmet, die zumeist älter waren als die Demokratie selbst: Bild, Chronik und Erbe etwa. Unter „F wie Facebook“, wozu Sascha Lobo sprach, hätte man sich vor 15 Jahren noch gar nichts vorstellen können – für die Zukunft ist der Umgang mit Datenströmen und digitaler Infrastruktur laut Lobo „entscheidend für die Zukunft der Demokratie“.
In der Zeit des exponentiellen Technologiefortschritts, so der Publizist, würden neue Technologien eingeführt, bevor wir die Vorgänger verstünden: Nicht einmal die Unternehmen selbst könnten die Nebenwirkungen ihrer Strategien überblicken. Facebook und WhatsApp entscheiden Wahlen, lösen in Indien und den Philippinen mörderische Mobs aus und in Myanmar sogar den Völkermord an den muslimischen Rohingya – Einhalt, so Lobo, könnten nicht mehr mal die Unternehmen selbst gebieten: „Der Regulierungs-Zug ist abgefahren“.
Was Lobo, einer der „wenigen antidogmatischen Denker“ des Digitalen, wie ihn Emcke preist, anschneidet, mag man schon oft gehört haben: Die Präsentation der Übermacht von Google und Facebook im globalen Internetmarkt, das Radikalisierungspotenzial sozialer Medien oder die freiwillige Preisgabe privatester Daten – Lobo stellt eine Geschlechtskrankheits-App vor, komplett mit Share-Funktion. Da ist der Abend eher eine Rückschau auf die Diskurse des vergangenen Jahrzehnts. Und das ist der Punkt: Verstanden, so Lobo, haben wir das Digitale kaum.
Verzweifeln möchte aber auch der Überbringer des Menetekels nicht – im sehr kurzen Gespräch mit Emcke setzt Lobo auf die politische Macht der EU, die es schon mit der Datenschutzverordnung schaffe, eine globale Auseinandersetzung mit dem Thema auszulösen: „Die Politik ist viel machtvoller, als wir glauben.“ Auch als Emcke eine „digitale Ethikkommission“ vorschlägt, ist der Experte optimistisch. Doch zunächst käme die Aufklärung – denn wenn Facebook sich nicht einmal selbst versteht, wie sollen wir es dann tun? Im digitalen gibt es also viel Nachholbedarf: „Wir müssen bloß noch rausfinden, was wir eigentlich wollen.“
Von Lilean Buhl