Theater

Ein Springsteen-Fan inszeniert Bob Dylan

Blick zurück: Jonas Steglich im Bühnenbild von „Dylan: A Changin’“.

Blick zurück: Jonas Steglich im Bühnenbild von „Dylan: A Changin’“.

Hannover. Von „All das Schöne“ über „Mephisto“ bis „Die Känguru-Chroniken“ – Jonas Steglich (28) ist in dieser Spielzeit einer der meistbeschäftigten Darsteller im Staatstheater. Nun führt er auch noch Regie: Seine Hommage „Dylan: A Changin’“ feiert in Cumberland Premiere.

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Schauspieler, Moderator der „Zur-Nacht-Schau“ in Cumberland, jetzt auch noch Regisseur – waren Sie nicht ausgelastet?

Das hat damit überhaupt nichts zu tun (lacht). Es war eine relativ bewegte Produktionsgeschichte. Ursprünglich hatte Ole (Intendant Lars-Ole Walburg) die Idee, dass wir das als einmaligen Ein-Mann-Abend in der Galerie machen. Dann wurde der letzte Premierentermin in Cumberland frei. Dann wollten Ole und ich das zusammen inszenieren. dann konnte Ole aber aus dispositorischen Gründen doch nicht, und man hat mich gefragt, ob ich mich das auch alleine traue.

Und Sie trauten sich?

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Ja, das tat ich. Ich hatte auch vorher schon kleinere Sachen gemacht. Es lehrt einen auch viel für die eigene Arbeit als Schauspieler. Wie groß man als Spieler in Behauptungen hineingehen kann – man kann sich ja sonst nicht selber von außen beobachten. Und man kann testen, ob eine eigene Vision durch einen Abend trägt und wie sie Form findet.

Wie kamen Sie auf Dylan?

Ich bin ja eigentlich gar kein Dylan-Fan. Ich bin Springsteen-Fan, richtig doll. Dylan finde ich vor allem als Literaten interessant, weniger als Musiker. Wir haben die Songs ziemlich umgekrempelt und umarrangiert – sie so zu singe, wie er es macht, wäre ja auch ziemlicher Quatsch. Seine Kraft nimmt er aus den Texten. Dafür mussten wir eine Übersetzung und eine schauspielerische Haltung finden, so dass etwas Neues entsteht. Und Dylan ist als Künstlerpersönlichkeit sehr reizvoll, aber auch sehr zwiespältig.

Wie meinen Sie das?

Einerseits steht da: Toll, wie er sich immer treu geblieben ist. Andererseits: Komisch, dass er nie wirklich Verantwortung übernommen hat für seine politische Haltung. Er bietet eine große Bandbreite, wie man zu ihm stehen kann.

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Was wäre denn seine Verantwortung? Seinem Publikum verweigert er sich oft genug.

Genau das kann man eben fragen: Wäre nicht genau das seine Verantwortung als Musiker? Er betreibt eine Form von Verweigerung auf der Bühne. Aber vielleicht bleibt er sich genau dadurch treu. Das kann man nicht eindeutig beantworten. Man kann nie sagen: Das ist Bob Dylan; der war immer fließend. Und das spiegelt sich auch in seinen Texten, die ganz poetisch und lyrisch sind, nicht immer auf den ersten Blick verständlich, aber sie geben einem die Chance, etwas zu begreifen. Es ist Dichtung im wörtlichen Sinne.

Was erzählt der Abend? Doch nicht etwa Dylans Biografie?

Nein, das interessiert mich auch nicht an einem Theaterabend. Wer das haben möchte, soll ein Buch lesen. Man weiß auch nur relativ wenig über sein Leben, darüber, was für ein Mensch er ist; ein biografischer Abend könnte nur scheitern, weil er ihm nicht gerecht würde. Ich möchte die Nichtbegreifbarkeit sinnlich erfahrbar mache. Das kann Theater leisten: Dinge versinnlichen. Ich möchte mit Ebenen spielen, mit Figuren, die erzählen und interagieren. Und darüber stehen diese tollen lyrischen Texte.

Begegnet man Dylan auf der Bühne?

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Es werden ganz verschiedene Figuren auftreten, die alle mit dem Künstler Dylan zu tun haben. Es wird auch Texte von ganz unterschiedlichen Autoren geben: Wolfram Lotz ist dabei. Clemens Meyer ist dabei. Tolstoi, Melville, Tschechow ...

Ach, die haben auch schon Dylan gehört?

Nee. Aber Dylan hat sich zum Beispiel in seiner Nobelpreisrede auf Melvilles „Moby Dick“ als eines seiner wichtigsten Einflusswerke bezogen. Solche Verknüpfungen habe ich gesucht. Und nach Themen, die in seinen Songs auftreten und die Punkte bieten, an die ich anknüpfen kann: Protest zum Beispiel, Widerstand, Verweigerung, Gewalt, Glauben, Liebe, Heimat, Identität, um die großen Schlagwörter zu nennen.

Wie haben Sie sich Ihre vier Spieler ausgesucht?

Wir wollten natürlich musikalische Spieler haben. Dann fand ich es interessant, verschiedene Generationen auf der Bühne zu haben. Schließlich heißt der Abend „Dylan: A Changin’“, nach „The Times are a changin’“. Und ich finde die auch alle einfach gut.

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Wie ist für die Beteiligten, dass Sie als Kollege Regie führen?

Wenn ich ihnen Glauben schenken darf, macht es Ihnen großen Spaß. Mir tatsächlich auch. Und ein Vorteil ist, dass wir eine gemeinsame Sprache sprechen. Das hilft mir, Spielvorgänge an die Kollegen heranzutragen.

Als was für Personen treten sie auf?

Die Grundästhetik hat etwas mit einem fahrenden Zirkus zu tun. Ich wollte einen Raum aufmache, der ein bisschen überzeitlich ist, der eine große Varianz an Spielformen ermöglicht. Und Dylan hat schließlich damals auch mit Joan Baez und anderen die „Rolling Thunder Revue“ gemacht, die viel mit Zirkus-, aber auch mit Western-Elementen gearbeitet hat. Das greifen wir auf. Es werden auch ganz heutige Figuren auftauchen, die Themen wie Heimat behandeln. Bakunin, die Anarchismus-Legende, wird auftreten. Ganz viele Figuren, in ganz verrückten Konstellationen. Wenn es uns gelingt, wird die Musik den Abend wie eine Glocke überspannen, damit man ihn wie einen Trip erlebt; wenn man so will, wie eine Wildwasserfahrt.

Mehr über das Stück finden Sie hier.

Von Stefan Gohlisch

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