Studie: Bestimmte Corona-Impfungen beeinflussen Kinderwunschbehandlung
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Die Forschenden empfehlen: Frauen sollten eine Kinderwunschbehandlung frühestens 60 Tage nach der Impfung beginnen.
© Quelle: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa
Bei der Impfung mit bestimmten Corona-Vakzinen sollten Frauen auf ausreichend Abstand zu einer geplanten Kinderwunschbehandlung achten. Das legt eine Studie chinesischer Medizinerinnen und Mediziner nahe, deren Ergebnisse im Fachblatt „JAMA Network Open“ veröffentlicht wurden. Betroffen sind demnach aber nur Impfstoffe mit inaktivierten Viren. Für die hierzulande überwiegend verwendeten RNA-Vakzine ergaben Studien keine negativen Folgen für künstliche Befruchtungen, wie ein deutscher Experte betont.
Die Corona-Pandemie hat sich auf verschiedenste Lebensbereiche ausgewirkt, darunter nicht zuletzt die Familienplanung: So zeigte kürzlich eine Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), dass die Geburtenziffer in Deutschland seit Anfang des Jahres abrupt gesunken ist. Vermutlich liege das daran, dass sich manche Frauen erst impfen lassen wollten, bevor sie schwanger werden – zu Beginn der Impfkampagne zum Jahreswechsel 2020/21 existierte jedoch noch keine Impfempfehlung. Noch dazu gab und gibt es Unsicherheiten zu den möglichen Nebenwirkungen der Impfungen selbst und das gerade bei Frauen, die vor einer Kinderwunschbehandlung stehen.
Forschende: Kinderwunschbehandlung frühestens 60 Tage nach der Impfung beginnen
Solche Ängste scheinen nun zunächst durch eine Studie chinesischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bestätigt. Diese untersuchten, wie sich eine Impfung mit inaktivierten Viren auf den Erfolg einer künstlichen Befruchtung in Form einer In-vitro-Fertilisation (IVF) auswirkt. Patientinnen einer chinesischen Kinderwunschklinik, die 30 Tage oder weniger oder zwischen 30 und 60 Tagen vor einer IVF geimpft wurden, hatten demnach signifikant niedrigere Schwangerschaftsraten als Patientinnen, die sich 91 Tage oder mehr nach der Corona-Impfung einer IVF unterzogen.
Jene beiden Gruppen waren in der über 3000 Frauen umfassenden Untersuchung allerdings sehr klein: So hatten lediglich 35 Frauen eine Impfung 30 Tage oder weniger vor der IVF erhalten, 58 waren im Zeitraum zwischen 31 und 60 Tagen vor der Behandlung geimpft worden. „Die potenziellen entzündlichen Veränderungen nach der Impfung könnten ähnlich wie bei der Sars-CoV-2-Infektion die Prozesse der frühen Embryonalentwicklung und der anschließenden Implantation beeinträchtigt haben“, mutmaßen die Medizinerinnen und Mediziner nichtsdestotrotz und empfehlen, eine Kinderwunschbehandlung frühestens 60 Tage nach der Impfung gegen das Coronavirus zu beginnen.
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Nur Vakzine mit inaktivierten Viren betroffen
Diese Schlussfolgerung lasse sich allerdings nur bedingt auf andere Länder übertragen, betonen die beiden Frauenärztinnen Lisa Shandley und Heather Hipp von der US-amerikanischen Emory University School of Medicine in einem unabhängigen Kommentar: Wichtig sei, dass es sich bei den Impfstoffen, die die Studienteilnehmerinnen erhielten, ausschließlich um Vakzine mit inaktivierten Viren handelte. Zu jenen gehören die beiden Impfstoffe von Sinopharm und Sinovac, die milliardenfach und außerhalb von China vor allem in weniger wohlhabenden Ländern verimpft wurden.
Auch für Wolfgang Würfel, ärztlicher Leiter des Kinderwunsch Centrums München, ist dies ein relevanter Aspekt: Es sei denkbar, dass derartige, auch Totimpfstoffe genannten Vakzine spezielle Abläufe oder Reaktionen hervorriefen. „Mit den hierzulande üblichen RNA-Impfstoffen sind sie meiner Einschätzung nach nicht zu vergleichen“, so Würfel, der auch Co-Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) ist.
Auf eben jenen RNA-Impfstoffen (Biontech/Pfizer und Moderna) basierten indes die Empfehlungen der relevanten Fachgesellschaften in Deutschland, denen zufolge Frauen wenige Tage nach der vollständigen Impfung mit der Kinderwunschbehandlung beginnen können. Eine ähnliche Empfehlung wurde von der Europäischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (ESHRE) veröffentlicht.
Studien: RNA-Impfstoffe haben keine negativen Folgen für die Fruchtbarkeit von Frauen
Tatsächlich haben Studien aus den USA und Israel nahegelegt, dass RNA-Impfstoffe nicht mit negativen Folgen für die Fruchtbarkeit von Frauen, künstliche Befruchtungen oder die frühe Schwangerschaft verbunden sind – eine Corona-Infektion hingegen schon. So berichteten israelische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im vergangenen Jahr, dass die Infektion eine Gefahr für den Erfolg einer In-vitro-Fertilisation darstelle. „Unsere Studie hat gezeigt, dass die Qualität der Embryonen, die während einer IVF-Prozedur bei einem Paar erzeugt werden, bei dem einer der Partner zuvor an Covid-19 erkrankt war, deutlich geringer ist und die Chance auf eine erfolgreiche Einpflanzung sinkt“, fasste Hauptautor und Mediziner Raoul Orvieto damals zusammen.
Mit Blick auf die aktuelle Studie merken die Frauenärztinnen Shandley und Hipp an, dass die Ergebnisse durchaus die Beratung von IVF-Patientinnen verändern könnten – allerdings eben speziell für diejenigen, bei denen es um eine Impfung mit inaktivierten Viren gehe. Daraus abzuleiten, dass eine Corona-Impfung generell bedeute, mit einer Kinderwunschbehandlung warten zu müssen, sei problematisch. Es gebe eine Fülle von Daten, die nachteilige Folgen bei ungeimpften Schwangeren mit Covid-19 aufzeigen, schreiben die beiden: „Da die Zahl der Corona-Varianten zunimmt und die durch den Impfstoff hervorgerufene Immunität mit der Zeit nachlässt, können Empfehlungen für Auffrischungsimpfungen dieses Problem noch verschärfen, wenn Patientinnen das Gefühl haben, dass ihre reproduktiven Prioritäten im Widerspruch zu den Empfehlungen der öffentlichen Gesundheit stehen.“
RND/dpa