„Katastrophale Situation“: Kinderkliniken ächzen unter dramatischem Bettenmangel
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/QVNVR6N3ZNGMFBQONZOWSTLTPY.jpeg)
Viele Kinderkliniken klagen über eine starke Belastung aufgrund vermehrter Lungen-Erkrankungen bei Kindern.
© Quelle: Marijan Murat/dpa
München. Deutsche Intensiv- und Notfallmediziner beklagen einen dramatischen Bettenmangel in Kinderkliniken. „Von 110 Kinderkliniken hatten zuletzt 43 Einrichtungen kein einziges Bett mehr auf der Normalstation frei. Lediglich 83 freie Betten gibt es generell noch auf pädiatrischen Kinderintensivstationen in ganz Deutschland – das sind 0,75 freie Betten pro Klinik, also weniger als eines pro Standort“, teilte die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) am Donnerstag in München mit. Für die aktuelle Ad-hoc-Umfrage habe der Verband 130 Kinderkliniken angeschrieben. 110 Häuser hätten ihre Daten vom Stichprobentag 24. November, also vor einer Woche, bereitgestellt.
„Das ist eine katastrophale Situation, anders ist es nicht zu bezeichnen. Deshalb fordern wir die sofortige Optimierung von Arbeitsbedingungen in den Kinderkliniken, den Aufbau telemedizinischer Netzwerke zwischen den pädiatrischen Einrichtungen und den Aufbau von spezialisierten Kinderintensivtransport-Systemen. Wir müssen jetzt endlich handeln“, wurde der DIVI-Generalsekretär und Münchner Kinder-Intensivmediziner Prof. Florian Hoffmann zitiert. Bei der Umfrage wurden laut DIVI alle Kinderkliniken angeschrieben, die am bundesweiten „Kleeblattkonzept“ zur Patientenverlegung teilnehmen. Dabei arbeiten jeweils bestimmte Bundesländer zusammen.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/XOGJIPH4EZHJ5DYEZMXELK7JPY.jpg)
Die Pandemie und wir
Die wichtigsten Nachrichten der Woche, Erkenntnisse der Wissenschaft und Tipps für das Leben in der Krise – jeden Donnerstag.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Das RS-Virus macht den Kinderkliniken zu schaffen
„Die RSV-Welle baut sich immer weiter auf und macht bei vielen Kindern die Behandlung mit Atemunterstützung notwendig. Wir können Stand heute davon ausgehen, dass es zu dieser Behandlung nicht genügend Kinder-Intensivbetten gibt“, so Prof. Sebastian Brenner, DIVI-Kongresspräsident und Bereichsleiter der interdisziplinären Pädiatrischen Intensivmedizin im Fachbereich Neonatologie und Pädiatrischen Intensivmedizin der Unikinderklinik Dresden.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/TOC4J4NUTFEZHEJS6C2OLAUQVI.jpg)
Viele kleine Kinder erkranken derzeit am RS-Virus: Was Eltern jetzt wissen müssen
Unter Babys und Kleinkindern gibt es derzeit vermehrt Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytialvirus (RSV), viele müssen deswegen im Krankenhaus behandelt werden. Wie gefährlich ist der Erreger und woran liegt es, dass die Krankheitswelle in diesem Jahr so schwer ausfällt?
Bei der Erhebung habe jede zweite Klinik berichtet, dass sie in den vergangenen 24 Stunden mindestens ein Kind nach Anfrage durch Rettungsdienst oder Notaufnahme nicht für die Kinderintensivmedizin annehmen konnten – also der Anfragende weitersuchen musste nach einem adäquaten Behandlungsplatz. „Diese Situation verschärft sich von Jahr zu Jahr und wird auf dem Rücken kritisch kranker Kinder ausgetragen“, so Hoffmann.
39,5 Prozent der Kinder-Intensivbetten sind gesperrt
Die DIVI-Zahlen im Detail: Die 110 rückmeldenden Häuser weisen insgesamt 607 aufstellbare Betten aus, von denen aber lediglich 367 Betten betrieben werden können. Grund für die Sperrung von 39,5 Prozent der Intensivbetten für Kinder ist hauptsächlich der Personalmangel.
An 79 Häusern, also bei 71,8 Prozent der Befragten, ist Pflegepersonalmangel konkreter Grund für die Bettensperrungen. Freie Betten gab es lediglich 83, das heißt durchschnittlich 0,75 Prozent freie Betten pro Klinik.
47 Kliniken melden null verfügbare Betten, 44 Kliniken ein freies Bett. 51 Kliniken berichten von abgelehnten Patientenanfragen. Heißt konkret: 46,4 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Kliniken berichten von insgesamt 116 abgelehnten Patientinnen und Patienten – an nur einem Tag.
Die Krankheitswelle hat auch die Schulen in Schleswig-Holstein erfasst. Eine Stichprobe der „Lübecker Nachrichten“ in der Region ergab, dass von Fehmarn über Lübeck bis Stormarn jede vierte bis zehnte Lehrkraft derzeit erkrankt ist. In manchen Klassen fehlen den Angaben zufolge die Hälfte der Schüler und Schülerinnen aufgrund von Krankheit.
RND/dpa