Studie: Instagram-Sucht lässt sich womöglich im Gehirnscan erkennen

Laut Forschern können Menschen durchaus abhängig von Instagram werden.

Laut Forschern können Menschen durchaus abhängig von Instagram werden.

Hannover. Schon lange diskutieren Experten, wie sich eine übermäßige Social-Media-Nutzung auf Menschen auswirkt. Auch die Frage, ob Menschen von Instagram und Co. abhängig werden können, steht im Raum. Forscher aus Malaysia kommen zu dem Schluss, dass sich eine problematische Instagram-­Nutzung am Gehirn ablesen lässt und dass Menschen durchaus süchtig nach der Fotoplattform werden können. Die Studie wurde auf Frontiers veröffentlicht.

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Was passiert beim „Instagrammen“ im Gehirn?

Das Team um die Radiologin Nisha Syed Nasser von der Putra-Universität im malaysischen Serdang untersuchte die Gehirnaktivierung von Studierenden mit problematischem Instagram-Verhalten mithilfe eines Kernspintomographen. Für die Untersuchung machten etwa 1000 junge Erwachsene Angaben zu ihrem Onlineverhalten und beantworteten zwölf Fragen, wie beispielsweise: „Wie oft passiert es Ihnen, dass Sie länger auf Instagram bleiben als Sie wollen?“.

Die Studierenden bewerteten dabei ihre jeweilige Einschätzung von 1 bis 5. Wer insgesamt mehr als die Hälfte der erreichbaren Punkte erzielte, galt als gefährdet.

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Das Team um Nasser wählte anschließend mithilfe des Fragebogens 15 Personen aus, die ein problematisches Instagram-Nutzungsverhalten zeigten sowie 15 Kontrollpersonen. Diesen Teilnehmern wurden im Hirnscanner Instagram-typische Bilder gezeigt. Per Knopfdruck konnten die Probanden ein Bild liken oder weiterklicken, wobei die Aktivierung bestimmter Gehirnbereiche interessante Ergebnisse zeigte.

Spezielle Hirnaktivierung lässt auf Sucht schließen

Die Forscher beobachteten bei Nutzern mit Suchtverhalten eine starke Aktivierung des Belohnungssystems und gleichzeitig eine Deaktivierung des Kontrollnetzwerks im Gehirn, vor allem bei negativen Bildern. Diese Bilder zeigten Menschen in riskanten Situationen, etwa bei einem Selfie in gefährlicher Höhe, im Zusammenhang mit Drogenkonsum oder während sie beim Autofahren chatten. Laut Forschern werden solche Negativfotos immer häufiger hochgeladen.

Die letztendliche Sucht machten die Forscher durch Aktivierungsunterschiede im linken Precuneus, einer Region des Parietallappens im Großhirn, aus. Die Instagram-Sucht werde durch den Wunsch, mehr Onlinelikes zu erhalten, ausgemacht. Die Befriedigung der Sucht ist dabei an die Akzeptanz durch Gleichaltrige gebunden – die teilweise nur schwer erlangt wird.

Durch die Selbstangaben der Teilnehmer gab es außerdem deutliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen: Die „Instagram-Süchtigen“ verwenden ihr Smartphone durchschnittlich 7,5 Stunden am Tag, davon 2,5 für Instagram. Die Kontrollgruppe lag mit 3,5 Stunden Smartphonenutzung und bis zu einer Stunde Instagram täglich deutlich darunter.

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Ohne Drogen keine Sucht?

Unter Psychologen und Psychiatern war lange Zeit Konsens, dass nur im Zusammenhang mit Substanzen wie Alkohol oder anderen Drogen von Suchterkrankungen gesprochen werden kann. Die erste offizielle Ausnahme machten US-Psychiater, als sie 2013 Glücksspielsucht in ihrem Diagnosehandbuch aufnahmen. Begründet wurde das damit, dass Glücksspiel bei den Betroffenen ähnlich wie eine von außen zugeführte Substanz bei Drogenabhängigen das Belohnungssystem im Gehirn aktiviere.

2018, beziehungsweise 2019, nahm dann auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Computerspiel-, Glückspiel- und Sexsucht in ihr Diagnosehandbuch auf. Die Aufnahme der Glücksspiel- und Computerspielsucht in offizielle medizinische Handbücher habe bereits gezeigt, dass sich mit dem dargestellten Argumentationsmuster neue Diagnosen begründen lassen, so das malaysische Forscherteam. Nach eigenen Angaben untersuchen sie inzwischen auch die Gehirnaktivierungen bei Facebook-Nutzern.

Die „wahren“ Probleme könnten übersehen werden

Kritiker weisen allerdings darauf hin, dass Menschen mit sozialen oder psychischen Problemen verschiedene Strategien anwenden, um negative Gefühle wie Langeweile, Angst oder Traurigkeit zu unterdrücken. Durch die Behandlung des Ausweichverhaltens, also Computersucht oder Instagram-Sucht, könne der Arzt die eigentliche Problemursache übersehen.

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Die Gruppe mit dem problematischen Instagram-Verhalten gab in der neuen Studie tatsächlich deutlich höhere Werte für Ängstlichkeit, Depressivität und Stress an. Unklar bleibt, ob das die Folgen ihres Onlineverhaltens sind oder ob es sich umgekehrt verhält.

Die Studie der malaysischen Forscher wies zudem nur eine kleine und nicht repräsentative Stichprobe auf. Auch die Unterschiede der Gehirnaktivierung zwischen den Gruppen waren den Kritikern zu gering. Zur Erklärung des angeblichen Reizes der negativen Bilder passe zudem nicht, dass diese seltener gelikt wurden als neutrale Fotos.


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