iPhone aus zweiter Hand: Wie günstig und gut sind gebrauchte Smartphones?
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Immer mehr Unternehmen bieten bereits gebrauchte, aber generalüberholte Smartphones ann.
© Quelle: Rodion Kutsaev/Unsplash
Die Verpackung sieht nach gar nichts aus. Das ist eine kleine Enttäuschung. Eigentlich wird neue Apple-Hardware wie ein Geschenk inszeniert. Aber dieses Handy kommt nicht vom Hersteller, sondern von Swappie. Nicht schön, sondern funktional steckt der angestoßene weiße Pappkarton in einem Luftpolsterumschlag.
Die finnische Firma Swappie ist ein wichtiger Name im Refurbished-Markt. Das Start‑up ist spezialisiert auf iPhones und leiht ein Testgerät zur Ansicht. Das iPhone 13 ist angeblich nicht neu, es soll eigentlich nur „sehr gut“ aussehen, lässt sich aber partout nicht von Neuware unterscheiden. Auch der Akku hat nicht nur die versprochenen über 80 Prozent, er hält wie ein neuer. Die Laufzeit unterscheidet sich nicht erkennbar von der eines Neugeräts. Auch nach einer Woche im Testbetrieb benimmt sich das generalüberholte iPhone wie ein Neugerät.
Unser Testgerät von Swappie sieht sogar besser aus, als es der Anbieter beschrieben hat.
© Quelle: Jan Bojaryn
Swappie: nicht ganz neu, nicht ganz billig
Solche Erfahrungen sind nicht ungewöhnlich. Zumindest kann Maurizio Hein, Country Manager Germany bei Swappie, auf eine „hervorragende Bewertung“ bei Plattformen wie Trustpilot oder Trusted-Shops pochen. Das Unternehmen verkauft seit 2020 auch in Deutschland, es wächst schnell, und es ist auf die guten Bewertungen angewiesen. Verkauft werden nur iPhones.
Hein verweist auf einen 52 Schritte umfassenden Wiederaufbereitungsprozess, den jedes Handy in der firmeneigenen Werkstatt durchlaufe. Den Fokus auf Apple stellt Hein als Stärke dar: So könne sich das Unternehmen auf eine Technologie konzentrieren, Fachwissen bündeln und kosteneffektiv arbeiten.
Billig sind die Handys bei Swappie nicht. Das so gut wie neue iPhone aus der Testbestellung kostet 879 Euro – statt 1019 Euro für ein gleich ausgestattetes Neugerät bei Apple. Noch billiger werden Handys bei Swappie, wenn sie nicht „sehr gut“, aussehen, sondern nur „fair“ – aber nicht jedes iPhone-Modell ist auch in jedem Zustand erhältlich.
Erfahrener Anbieter: Back Market
Auf dem Refurbished-Markt tummeln sich seit einigen Jahren immer mehr Anbieter. Doch auch abseits von Apple-Hardware sind die Preise spürbar reduziert, aber nicht im Keller. Einer der bekanntesten und erfahrensten Anbieter heißt Back Market. Hier gibt es Topmodelle wie das Samsung Galaxy S21 5G für rund 500 Euro – in einer Ausstattung, die neu im Handel über 100 Euro mehr kostet.
Back Market wurde bereits 2014 gegründet, verkauft seit 2016 in Deutschland, und führt neben iPhones auch „mehr als 180 Produktkategorien“ mit „Tablets, Laptops, Wearables, Zubehör, Spielkonsolen, Airpods und Haushaltsgeräten“, wie Martin Hügli, General Manager für Deutschland erklärt. Sein Unternehmen überholt selbst keine Geräte, arbeitet aber mit rund 1500 Refurbishern zusammen, setzt die Qualitätsstandards und gewährt extra Garantie.
Recht auf Reparatur fordern
Den Konkurrenzgedanken zu Anbietern wie Swappie wischt Hügli beiseite. Er stellt eine andere Mission in den Vordergrund: „Antreiber der Kreislaufwirtschaft zu sein“. Back Market ist aus dem Kreis der Aktivistinnen und Aktivisten entstanden, die ein Recht auf Reparatur fordern. Konsum soll nachhaltiger gestaltet werden. Hügli wünscht sich, dass Anbieter gut reparierbare Handys produzieren.
Doch das sei bisher leider die Ausnahme. „Ein breites Angebot qualitativ hochwertiger sowie kostengünstiger Reparaturmöglichkeiten“ ist das Ziel der Bewegung. Dazu gehört nicht nur ein robuster Markt für generalüberholte Elektronik, sondern dazu gehören auch Originalersatzteile zu fairen Preisen, um Reparaturen durch Werkstätten und Privatleute zu ermöglichen.
Auch Swappie sehen sich als Weltverbesserer: Sie seien überzeugt, „dass Nachhaltigkeit und Qualität nicht teuer sein müssen“, sagt Maurizio Hein. Betrachtet man den gesamten Lebenszyklus eines Handys, dann „sinken die CO₂‑Emissionen eines Mobiltelefons um ein Drittel, wenn es ein Jahr länger in Gebrauch bleibt“, rechnet er vor.
Worauf ist bei gebrauchten Geräten zu achten?
Grundsätzlich hat auch der Verbraucherschutz keine Einwände. Ann-Katrin Fornika von der Verbraucherzentrale Niedersachsen e. V. weiß zwar, dass es auch bei Handys insgesamt ein sehr verbreitetes Problem mit Fake Shops gebe, doch dabei gehe es primär um Neuware. Häufige Probleme mit generalüberholten Geräten hat sie bisher nicht festgestellt. Wer vor dem Kauf genau schaut, dass der Händler seriös ist, der hat auch beim Kauf eines Refurbished-Gerätes nichts zu befürchten.
Ein paar Dinge sind aber zu beachten. Wenn das Gerät nicht den Erwartungen entspricht, greift wie bei allen Onlinegeschäften ein 14‑tägiges Widerrufsrecht für Verbraucherinnen und Verbraucher, weiß Fornika. Widerruf per Einwurfeinschreiben und aussagekräftige Fotos der beanstandeten Ware seien für den Fall von Unstimmigkeiten wichtig – aber darin unterscheidet sich der Refurbished-Markt nicht von anderen Onlinegeschäften.
Genau über Zustand des Handys informieren
Informationen zum Gerätezustand sind bisher je nach Anbieter verschieden. „Er wird meist in verschiedenen Kategorien unterteilt, jeder Shop macht dazu differenzierte Angaben“, erklärt Fornika. Was bisher leider fehle, seien rechtliche Vorgaben, die den Zustand auch zwischen Anbietern vergleichbar machen. Bei Back Market werden etwa Handys in „gut“, „sehr gut“ und „hervorragend“ eingeteilt, bei Swappie in „fair“, „sehr gut“ und „wie neu“.
Und während der Zustand „sehr gut“ bei Back Market höchstens „feine Mikrokratzer“ erlaubt, dürfen es bei Swappie auch „gut sichtbare Gebrauchsspuren“ sein – die unser Testgerät dann aber gar nicht aufweist. Wer genaue Informationen über den Zustand eines Gerätes vor dem Kauf will, für den hat Fornika einen etwas umständlichen, aber einfachen Tipp: direkt bei dem Shop anzufragen.
Der Refurbished-Markt ist für preis- und umweltbewusste Menschen interessant. Ganz in der Normalität angekommen ist er noch nicht. Das wünscht sich Swappie-Manager Hein: „den Kauf eines Refurbished-Smartphones so normal zu machen wie den Kauf eines Gebrauchtwagens“. Bis dahin fehlen wohl noch ein paar Standards. Doch die Branche zeigt sich auf einem guten Weg.
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