Soll es nur ein Scherz sein? Ist es ein Versehen? Oder gar Absicht? Dreimal spricht US-Präsident Barack Obama den deutschen Basketballstar am Montag als „Nowinski“ an – ausgerechnet mit der spöttischen Bezeichnung, die in den vergangenen Jahren so oft in amerikanischen Medien zu lesen war: „No-win-ski“. Dirk Nowitzki, der Star, der zwar atemberaubend gut spielt, aber letztendlich lange Zeit keinen Titel mit seinem Team von den Dallas Mavericks gewann, eben Mister „No-Win“, muss sich das nun schon wieder anhören.
Aber wie das bei hochkarätigen Ehrungen so ist, der Fauxpas des Hausherren kann die Partystimmung im Weißen Haus nicht trüben. Im Foyer spielt eine fünfköpfige Band der US-Army in knallroter Festtagsuniform schwungvoll Jazz, und Familien und Freunde der Sportler fühlen sich fast wie bei einem Privatbesuch. Die Kinder jagen laut lachend zwischen den Säulen der prachtvollen Lobby hin und her, und die Eltern fotografieren sich voller Stolz gegenseitig vor dunklen, altehrwürdigen Gemälden. Sogar die ebenfalls hochgewachsenen Sicherheitsbeamten, die es mit der Fitness der Ehrengäste wohl kaum aufnehmen können, sind zum Scherzen aufgelegt. Wie in jedem Jahr ist diese Siegerehrung eine der entspanntesten Veranstaltungen in der Zentrale der Macht. Für wenige Stunden erscheint der Lärm dieser Welt unendlich weit weg, über den Iran ist nichts zu hören. Auch nichts über das europäische Währungsdilemma. Alles scheint sich um die erste Leidenschaft der Amerikaner zu drehen – um Basketball.
Nowitzki nimmt die „fehlerhafte“ Ansprache sportlich, zumal ihm die Ehre zuteil wird, bei der traditionellen Championsehrung dem Präsidenten persönlich das blau-weiße Trikot seiner „Mavs“ zu überreichen. Und wie man sieht, versteht es der gebürtige Würzburger, ebenfalls mit Hintersinn zu arbeiten: Das Hemd ist mit der Nummer 23 versehen – ein Hinweis auf Michael Jordan, der mit dieser Zahl einst für die „Chicago Bulls“ auf Siegestour ging. Obama bedankt sich höflich und pariert den dezenten Fingerzeig souverän: „Nächstes Mal empfange ich hier die Chicago Bulls“, quasi sein Heimatverein.
Es ist offensichtlich: An diesem Nachmittag im Weißen Haus spricht nicht nur ein Politiker zu den NBA-Stars, sondern ein begeisterter Basketballfan. Obama zählt vor allem die Verdienste des 33-jährigen Deutschen auf: Nowitzki gilt als einer der besten europäischen Spieler in der Geschichte dieser Sportart und wurde im vergangenen Jahr als wertvollster Spieler ausgezeichnet. Die Gäste lachen laut auf, als Obama aber auch all die Kritiker aufzählt, die an diesem Champion etwas auszusetzen haben – so galt ihnen Nowitzki zeitweise als „zu langsam“. Auch erinnert er sich noch daran, wie der heutige Superstar vor 13 Jahren als „skinny kid“ in den USA begonnen habe – eben als dünner Junge aus Deutschland.
Mit diesen kleinen Sticheleien weiß Nowitzki offenbar schon lange gut umzugehen. Wenige Stunden zuvor hatte er die Sportwelt mit einem Interview in der „Dallas Morning News“ überrascht: Er denke darüber nach, die US-Staatsbürgerschaft anzunehmen. „Wenn ich in den Staaten bleibe, würde es wahrscheinlich Sinn machen“, ist in dem Blatt zu lesen. Gegenüber dieser Zeitung schwächte er diese Aussage gestern allerdings deutlich ab: „Ich weiß es noch nicht.“ Er spiele gern in der deutschen Nationalmannschaft.