Seelzer engagieren sich für Schleiereulen

Die geschlossene Schneedecke hat Wildtieren das Leben erschwert. So wurden 23 tote Schleiereulen bisher aus der Region Hannover, Nienburg und Schaumburg an Thomas Brandt von der Ökologischen Schutzstation gemeldet. Doch in Seelze scheinen die Tiere ausreichend Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten zu finden. Ein Grund sind die Bemühungen von Friedhelm Ilse. „Für Schleiereulen waren die zurückliegenden Tage extrem hart“, sagt Seelzes Nabu-Vorsitzender. Bleiben Schleiereulen etwa zehn Tage am Stück ohne Beute, droht ihnen der Hungertod. Die kleine, heimische Eule mit dem lateinischen Namen Tyto alba bringt ausgewachsen nur rund 300 Gramm auf die Waage und kann kaum Fettreserven anlegen. „Schleiereulen jagen das ganze Jahr hindurch und sind auf Mäuse, Ratten und Maulwürfe als regelmäßige Nahrungszufuhr angewiesen“, berichtet der Lohnder Vogelkundler. Unter der verharschten Schneedecke waren die flinken Nager jedoch für Eulen unerreichbar. Offenes Herz und offene Luke für Schleiereulen: Seit mehr als 20 Jahren engagieren sich Ilse und Mitstreiter für den Schutz der Schleiereulen in Seelze. In den Ortsteilen Almhorst, Gut Dunau, Gümmer, Lathwehren, Lohnde und Kirchwehren gibt es Eulenfreunde, die bewusst gute Lebensbedingungen für die scheuen, nachtaktiven Tiere schaffen. „Im Winter sind beispielsweise offene Luken und ein Stroh- oder Heuboden überlebenswichtig“, sagt Ilse. Er ist froh, dass er bisher kein totes, entkräftetes Tier entdeckte. Auch auf Gut Dunau scheinen die Schleiereulen gut zurechtzukommen. „Ich höre sie nachts rufen“, sagt Christian von Alten. Im zurückliegenden Jahr versetzte er mit Ilses Hilfe den Schleiereulenkasten von der alten Mühle zur Gutsscheune. „In früheren Zeiten blieb immer ein bisschen Getreide liegen. Ob auf dem Dachboden oder im Umfeld der Mühle. Daran haben sich die Mäuse satt gefressen, wovon neben Schleiereulen auch Waldkauz und Waldohreule profitierten“, erläutert Ilse. Die Schleiereule ist ein Kulturfolger: Auch Kirchwehrens Dachdeckermeister Carsten Kassel engagiert sich im Vogelschutz. „Unsere Dachdecker wissen alle, dass Schleiereulen Kulturfolger sind, die auf Brutmöglichkeiten auf Dachböden von Häusern und Scheunen angewiesen sind“, sagt Kassel. Vor 30 Jahren führte genau dieser Umstand zu einem Einbruch der Schleiereulen-Population. „Bei einer Sanierung haben die meisten nicht bedacht, was es für Schleiereulen bedeutet, wenn man die Luken, die sogenannten Uhlenfluchten, zukleistert“, berichtet Kassel vom damaligen Trend. Das wird bei Projekten des Kirchwehrener Dachdeckers anders gehandhabt. „Die Bedeutung der Uhlenflucht erkläre ich gerne“, sagt Kassel. „Manche Kunden wünschen sich sogar einen extra vogelfreundlichen Giebel mit günstigen Einflugbedingungen“, sagt der Kirchwehrener. Auch Schwalben sind willkommen: Kassel achtet darauf, dass die Schleiereulen auch nach Sanierungsarbeiten weiter Zugang zu Dachböden und Scheunen behalten. „In Almhorst haben wir ein Krüppelwalmdach auf Wunsch der Besitzer extra so gestaltet, dass die Schleiereule Brutmöglichkeiten finden kann.“ Auf Kassels eigenem Hof am Kirchwehrener Ring zog allerdings der Falke in die Schleiereulenbehausung. „Aber das ist in Ordnung“, sagt er. Auch Schwalben sind willkommen. Lesen Sie auch Seelze: Vögel mit der Winterfütterung unterstützen Maisanbau verschlechtert Lebensbedingungen: Thomas Brandt von der Ökologischen Schutzstation Steinhuder Meer schrieb vor 30 Jahren seine erste Diplomarbeit über Schleiereulen. Die Forschungsergebnisse, die er mit Christian Seebaß ermittelte, sind in ihrem 1994 erschienen Buch „Die Schleiereule“ eingeflossen. „Der Bestand konnte sich erholen. Aber inzwischen verschlechtern sich die Lebensbedingungen der Schleiereulen wieder deutlich“, sagt Brandt. Ihre Population sinkt, was mit der starken Förderung von Biogasanlagen zusammenhängt. „Dadurch wird verstärkt Mais angebaut. Doch zwischen etwa sechs Meter hohen Halmen kommt die Schleiereule nicht an die auf dem Boden laufenden Mäuse heran“, schildert der Diplom-Biologe die landschaftliche Veränderung zum Nachteil der Nagetierjäger. „Obwohl die beiden zurückliegenden Jahre gute Mäusejahre waren, konnten die Schleiereulen davon nicht profitieren“, stellte Brandt bei seinen Recherchen fest. Bestand wird dokumentiert: In Seelze gibt es dagegen noch eine abwechslungsreiche Landschaft, was sich auf den Bestand der Schleiereulen günstig auswirkt. Jetzt möchte sich Brandt einen Überblick über die aktuelle Situation in der Region Hannover verschaffen und bittet um Meldung von Schleiereulen-Kästen und Totfunden. Nach Möglichkeit mit Gewichtsangabe. In strengen Wintern kaufen Naturschützer weiße Mäuse und packen sie in eine glatte Wanne mit Stroh. Schleiereulen holen sich die Mäuse dann heraus. Am Waldrand kann man auch auf einen glatten Deckel Vogelfutter und Getreide streuen. Das lockt die Nager an und sie können von Waldkäuzen und Waldohreule weggefangen werden. cha Denn seit Donnerstag, 11. Februar, stieg die Todesrate der nächtlichen Jäger wegen des harten Winters steil an. Inzwischen sind 23 tote Schleiereulen erfasst. „Manche Tiere brachten nur noch 200 Gramm auf die Waage“, berichtet Brandt aus Schaumburg, Rehburg-Loccum, Wunstorf und Neustadt. In Seelze scheint der Schutz dagegen erfolgreich zu sein. „Falls es Verluste gab, ist es wichtig, davon zu wissen“, sagt Ilse, der um Meldungen von Schleiereulen-Vorkommen und Totfunden unter Telefon (05137) 93324 bittet. Von Patricia Chadde