Es war ein langer Streit um die teils kräftigen, teils vertrockneten Bäume in der Lohnder Straße Am Silberberg. Wer dort am nordöstlichen Hang wohnt, kann auf unverbaubares Landschaftsschutzgebiet bis zu den Leineschleifen hinunterblicken. Sofern der Reihenhausbewohner an den immer mächtiger werdende Baumstämmen vorbeischauen kann. Denn der schmale, bewaldetete Streifen, der an der Böschung zwischen Pferdeweiden und Häusergürtel steht, entwickelte sich proportional zum Baumwachstum zugleich zum Zankapfel.
Mächtige Bäume, mächtiges Laubaufkommen
Anlieger beschwerten sich über das umfangreiche Laubaufkommen, das jeden Herbst verlässlich aus den mächtigen Kronen in die Privatgärten segelte. Das Eichelmastjahr 2018 sorgte für zusätzlichen Verdruss. Auch die Angst, dass ein schwerer Ast oder sogar ein ganzer Baum auf ein bebautes Grundstück krachen und Menschen verletzen könnte, war nicht von der Hand zu weisen. „Wer haftet, wenn was passiert“, fragte sich Erich Kiehne Senior (69), dem der Baumstreifen gehört.
Einige wünschten sich den Erhalt aller Bäume, andere wollten lieber den freien Blick auf das Überschwemmungsgebiet haben, auf dem in trockenen Phasen die Pferde weiden und Heu produziert wird. Jetzt hat der trockene Sommer Waldbesitzer und Landwirt Kiehne die Entscheidung aus der Hand genommen.
Sommerlicher Trockenstress überforderte einige Eichen
Ein Baumstamm war morsch, wie das rotbraun gefärbte Holz nach dem Baumschnitt zeigt. Weitere Exemplare hatten massive Trockenschäden. „Zehn, elf Exemplare mussten wir fällen“, berichtet Erich Kiehne Senior, welcher zuvor der Stadt Seelze die Fläche zum Kauf angeboten hatte. Willi Rabe, Seelzes Naturschutzbeauftragter, bedauert die Notwendigkeit der Fällung. Doch konnte ein guter Kompromiss zwischen Baumentnahme und Naturschutz gefunden werden. „Aus den gesunden Stämmen werden Weidepfähle, um die Wiesen für Pferde und Kühe einzuzäunen, das andere Holz verbleibt für Insekten und andere Tiere im Wald“, wie Erich Kiehne berichtet.
Anliegerin Daniela Urban fühlt sich nach der Baumfällaktion hin- und her gerissen. „Als vor acht Jahren ein schwerer Ast auf die im Garten ausgebreitete Babydecke meiner Tochter krachte, war ich natürlich besorgt und habe Herrn Kiehne gebeten, die überhängenden Äste zu kürzen. Auf der anderen Seite sollten wir uns mit so schönen alten Bäumen lieber arrangieren, auch wenn Laub harken viel Arbeit macht“, findet die 41-Jährige. Als kleiner Trost für ihre Tochter, die von der lautstarken Fällaktion am vergangenen Sonnabend mehr schockiert als fasziniert war, wollen Mutter und Kind jetzt die Gelegenheit nutzen und die Jahresringe des mächtigsten Baumes zählen. Sie sind sich sicher, dass sie mindestens bis 70 kommen werden.
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Von Patricia Chadde