Seelze: Pandemie führt vermehrt zu Austritten aus den Sportvereinen

Sporthallen und Sportplätze sind geschlossen, Mitglieder der Sportvereine müssen schon zum zweiten Mal bedingt durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auf ihren Vereinssport verzichten. Mittlerweile sorgt das Ungleichgewicht zwischen Mitgliedsbeitrag und Gegenleistung für Austritte. Wie geht es den Sportvereinen damit – ist ihre Existenz dadurch gefährdet? Wir haben uns bei Seelzer Vereinen umgehört. Lohnde und Dedensen noch optimistisch: „Im letzten Jahr hatten wir noch Glück“, sagt Ruth Wojatzke, Vorsitzende des Turnvereins Lohnde. Gegenüber dem Vorjahr, so berichtet sie, konnte sich der Vorstand 2020 über einen Zuwachs von vier Mitglieder freuen. Dieser Trend konnte sich leider nicht fortsetzen, denn zum Jahresanfang sind bei dem Lohnder Verein bereits 15 Austritte eingegangen. Das sei sehr viel, erklärt Wojatzke. Viele Mitglieder, so hofft sie, würden vielleicht nach der Pandemie zum Verein zurückkommen. Es sei schade, dass die Sportler in ihrem Mitgliedsbeitrag nicht die Unterstützung des Vereins sehen würden, sondern nur das sportliche Angebot. „In einem Fitnessstudio ist das ganz anders, da zahlt man für die Leistung“, erklärt sie. Ob die Austritte zu Konsequenzen führen, kann Wojatzke derzeit noch nicht sagen. Noch habe sie aber überhaupt keine Befürchtung, dass der Verein aufgelöst werden müsse. „Wir gucken optimistisch in die Zukunft und sind sicher, dass wir alles verkraften werden“, sagt die Vorsitzende. Optimismus herrscht auch beim Dedenser Sportverein. Den Vorstand haben bisher nur wenige Austritte erreicht. „Das waren Kündigungen von Kindern, die noch keinen Bezug zum Verein aufgebaut hatten“, erklärt Vorsitzende Andrea Kolbien. Sie sei sicher, dass die Dedenser ihrem Verein auch weiterhin treu bleiben würden, dennoch hätten sich die Mitgliederzahlen während der Corona-Pandemie um 35 reduziert. Das Problem sei allerdings, so Kolbien, dass jetzt während des Lockdowns und wegen der Ungewissheit in der Pandemie keine neuen Mitglieder dazukämen. Ein- und Austritte würden sich sonst immer ausgleichen, das sei derzeit jedoch nicht der Fall. Probleme habe der Verein aber noch nicht, und es seien auch keine schwerwiegenden Konsequenzen zu erwarten. TuS Gümmer eher pessimistisch: Thomas Grondey, Pressesprecher des TuS Gümmer, berichtet ebenfalls von Austritten. Auch langjährige Vereinsmitglieder seien in letzter Zeit abgesprungen. „Das sind Altgümmeraner, die zwar keinen Sport mehr machen, aber unsere alternativen Angebote zur Geselligkeit nutzen“, erklärt er. Und diese Angebote hätten bedingt durch den ersten und zweiten Lockdown mittlerweile schon mehre Monate ausfallen müssen. Existenzängste herrschen, so Grondey, im Turn- und Sportverein nicht. Je länger aber der Zustand anhalte, desto höher sei das Risiko, dass den Verein weitere Austritte erreichen werden. Grondey blickt eher pessimistisch in die Zukunft und befürchtet, dass sich nach der Pandemie gesellschaftlich viel verändern könnte. Und das könnte sich dann auch negativ auf die Vereine auswirken. In Letter kündigen Schwimmer und Tänzer: Auch bei der SG Letter 05 gibt es einen Rückgang bei den Mitgliedern. „Es sind ungefähr acht Prozent, das ist ein Problem, mit dem wir rechnen mussten“, erklärt die Vorsitzende Britta Scherbanowitz. Unter den Austritten sind zahlreiche Schwimmer, die aufgrund der Badschließung und dem Wechsel zur Kristalltherme ausgetreten sind. Auch die Tänzer, die die Räumlichkeiten der Gasstätte Hellas während des Lockdowns nicht nutzen können, haben sich vom Verein abgewendet. „Die Kündigungen kommen aufgrund der jetzigen Situation“, versichert Scherbanowitz. Finanzielle Probleme habe der Verein durch die Austritte noch nicht. Im Notfall, so die Vorsitzende, könne ein Verein auch Unterstützung beim Landessportbund beantragen. Scherbanowitz hofft darauf, dass die ausgetretenen Mitglieder am Ende der Pandemie zu ihrem Verein zurückkehren. „Ich bete dafür, dass wir bald wieder Sport anbieten können“, sagt sie. Schwierige Situation für TuS Seelze: Seit Herbst verzeichnet der TuS Seelze einen Anstieg der Austritte. „Je länger es dauert, desto mehr Mitglieder entschließen sich dazu“, erklärt die Vorsitzende Sonja Gakis. Mittlerweile hätten sich schon 50 Personen gegen eine weitere Mitgliedschaft entschieden. „Das Problem ist, dass derzeit keine neuen Mitglieder nachkommen“, erklärt Gakis. Abgesehen vom finanziellen Verlust können die Austritte auch zu Problemen bei Mannschaftsaufstellungen führen. Besonders betroffen könnte davon später, so Gakis, der Jugendfußball sein. „Wir müssen sehen, wie sich alles weiter entwickelt“, sagt sie. Weiterlaufende Kosten und auch die Ausgaben zur Umsetzung der Hygienemaßnahmen werden von Mitgliedsbeiträgen finanziert. Das sei schon eine sehr schwierige Situation, erklärt Gakis. Die Zukunft der Sportvereine sieht sie durch eine veränderte Gesellschaft beeinflusst. Eine spannende Frage sei, ob alle zum Verein zurückkommen oder lieber alleine Sport machen. „Manche vermissen es sehr, andere können sich aber durchaus vorstellen, auch ohne feste Sporttermine zu leben und einfach dann aktiv zu sein, wenn sie möchten“, sagt die Vorsitzende. Von Heike Baake