Der SPD-Ortsverein Ronnenberg will bis zur nächsten Kommunalwahl in drei Jahren jünger, weiblicher und multikultureller werden: Das hat der Ortsvereinsvorsitzende Rudi Heim in der Jahresversammlung in der Aula der Marie Curie Schule in Empelde als größte Herausforderung für die Zukunft bezeichnet. Die Altersstruktur unter den derzeit 242 Mitgliedern sei besorgniserregend: 68 Prozent der Ronnenberger Sozialdemokraten seien älter als 60 Jahre, nur 17 Parteiangehörige jünger als 35. „Das sind nur 7,4 Prozent. Wir müssen ein jüngeres und weiblicheres Gesicht bekommen, um durchsetzungs- und zukunftsfähig zu bleiben“, sagte Heim.
Er stieß bei den rund 40 anwesenden Mitgliedern aus dem gesamten Stadtgebiet auf große Zustimmung. Dass die Basis mit dem Kurs ihres SPD-Chefs einverstanden ist, zeigte sich auch bei den Neuwahlen. Die Versammlung sprach ihrem Vorsitzenden ohne Gegenstimme für eine weitere Amtsperiode das Vertrauen aus. Heim geht nun bereits in sein 20. Jahr als Chef der SPD auf Stadtebene.
Er stieß mit seiner geforderten Verjüngungskur eine konstruktive Debatte an. Ronnenbergs früherer Stadtdirektor Stadtdirektor Bernhard Lippold etwa verwies auf fehlende Impulse in der SPD-Spitze. „Wir bedauern seit Jahren, dass kaum junge Leute bei uns mitarbeiten wollen“, sagte Lippold. Fraglich bleibe, ob das geringe Interesse mit dem „Null-Bock-Zeitgeist“ oder politischen Inhalten zusammen hänge. „Spitzenkräfte müssen junge Leute auffordern, sich zu äußern“, forderte Lippold.
Auch Heim forderte Kurskorrekturen. Man müsse davon ausgehen, dass die AfD ihr Stimmergebnis bei den jüngsten Wahlen etwa zur Hälfte ehemaligen SPD-Wählern zu verdanken habe. „Wir müssen uns wieder mehr um soziale Gerechtigkeit kümmern. Wenn Kinder- und Altersarmut steigen, hilft keine schwarze Null. Ich warne vor dem Fetisch, sich kaputt zu sparen.“ Der Vorsitzende betonte angesichts einer notwendigen Senkung des Altersdurchschnitts, dass bewährte Führungskräfte keineswegs „rausgeboxt werden sollen“. Dennoch zeichne sich ein Schnitt an. „Weil wichtige Leistungsträger signalisiert haben, aufhören zu wollen“, sagte Heim. Dies sei eine Chance für jüngere Kandidaten. „Wir müssen auch multikultureller werden, denn wir haben nur ein Mitglied im Ortsverein mit diesem Hintergrund. Ohne diese Verankerung werden uns nicht mehr genügend Leute wählen“, sagte Heim. Mit dem Unterbezirk der Jungsozialisten (Jusos) sei deshalb geplant, ein Projekt aufzulegen, um junge Leute für die Partei zu gewinnen.
Bei den Neuwahlen gabe es keine Protestsignale: Andrea Thöle und Fabian Hüper wurden als stellvertretende Vorsitzende bestätigt. Karin Reinelt bleibt Schriftführerin, Nina-Jamiele Boidol ist ihre Stellvertreterin, Florian Engler bleibt Hauptkassierer. Fraktionsvorsitzender Dieter Schur ist künftig auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Auch die bisherigen zehn Beisitzer wurden bestätigt. Adem Öktem, der sich als Neumitglied beworben hatte, wurde mit großer Mehrheit in den erweiterten Vorstand gewählt.
Ortsverein will Eintrittswellen vor Basisentscheidungen stoppen
Auf Initiative des Vorstandsbeisitzers und Benther Ortsbürgermeisters Detlef Hüper will der SPD-Ortsverein Ronnenberg beim nächsten Bundesparteitag im November einen eigenen Antrag einbringen: Demnach sollen künftig Neumitglieder der Partei erst etwa drei Monate nach ihrem Eintritt ein Stimmrecht für bundesweite Entscheidungen der Parteibasis erhalten. Ziel sei es, auf diese Weise zu verhindern, dass Bürger nur deshalb in die SPD eintreten, um an wichtigen Abstimmungen teilnehmen zu können – und anschließend sofort wieder ihre Mitgliedschaft kündigen. So war es jüngst vor dem Basisentscheid über eine Beteiligung der Partei an einer Großen Koalition (GroKo) in der Bundesregierung in ganz Deutschland zu einer Eintrittswelle in die SPD gekommen. Auch in Ronnenberg hat es laut Ortsvereinschef Rudi Heim vermutlich derartige Fälle gegeben. Darüber lasse sich mithilfe der Mitgliedsdauer vortrefflich spekulieren. So seien nach Bekanntgabe der GroKo-Abstimmung genau 13 Eintritte verzeichnet worden. „Zwei dieser Neumitglieder haben nach dem Votum wieder gekündigt“, berichtete Heim.
Von Ingo Rodriguez