Lehrte: Aldi-Logistikzentrum bleibt ein Zankapfel

Die Resonanz war groß: Rund 100 Bürger, darunter etliche Kommunalpolitiker, hatten sich zu der virtuellen Einwohnerversammlung zum geplanten Bau eines Aldi-Logistikzentrums zwischen Aligse und der Autobahn 2 angemeldet. Der Discounter will dort auf einem 17 Hektar großen Grundstück bis zu zwölf Hektar versiegeln und eine maximal 327 mal 154 Meter große und 17,50 Meter hohe Halle errichten. Die Prognosen gehen von bis zu 1500 Fahrten pro Tag aus, davon 600 Lastwagen. Dagegen hat sich in Aligse schon seit Längerem heftiger Protest formiert und in einem Verein für Dorferhaltung und Umweltschutz organisiert. Er kam bei der Versammlung ebenso zu Wort wie die von Aldi beauftragten Planungsbüros und Gutachter. Georg Böttner vom Ingenieurbüro plan b erläuterte, dass Aldi an 30 Häusern in Aligse, Röddensen und der Ulmenallee spezielle Lärmschutzfenster finanzieren werde. Und dies, obwohl der von dem Betrieb ausgehende zusätzliche Lärm nach Angaben des Gutachters Kai Schirmer „nur zu einer äußerst geringen Zunahme des bereits vorhandenen erheblichen Lärms“ führen werde. Die in einem Gegengutachten des Vereins für Dorferhaltung vorgebrachten Bedenken könnten „nach Prüfung zurückgewiesen werden“, erklärte Böttner. Lesen Sie auch Aldi-Brief erhitzt die Gemüter in Aligse Die Entscheidung über das Aldi-Logistikzentrum bei Aligse naht Befürchtungen, dass durch die Versiegelung und die Abführung des Regenwassers der Grundwasserspiegel sinken könnte, begegnete Carsten Rindfleisch von der Ingenieurgemeinschaft agwa mit dem Hinweis auf die vorgesehenen Mulden, in denen etwa die Hälfte des Wassers zurückgehalten werde und versickern könne. Deshalb gelange ungefähr genauso viel davon ins Grundwasser wie auf natürlichen Flächen, von denen ein Teil ebenfalls abfließe. Kritik an geringer Zahl von Arbeitsplätzen: Es werde weniger Grundwasser für die Feldberegnung zur Verfügung stehen, und der niedrigere Pegel werde zu Baumsterben und Schädlingsbefall führen, meinte dagegen Imbke Meyer-Frerichs vom Vorstand des Dorfvereins. Sie verwies außerdem auf das geplante Fällen einer Baumreihe mit 124 Bäumen, überwiegend Eichen. Dem hielt Böttner entgegen, dass sowohl auf dem Gelände als auch an anderen Standorten entsprechende Ausgleichsmaßnahmen erfolgen. Meyer-Frerichs zweifelte unter Hinweis auf die häufigen Staus auf der A2 auch die Verkehrsprognosen an. Die Lastwagen würden sich ihren Weg durch die Kernstadt und die Ortsteile suchen. Außerdem würden durch die bereits eingeleitete Umstrukturierung des Logistiksystems künftig von Lehrte aus mehr Filialen beliefert. Sie kritisierte auch, dass in dem Zentrum nur zwölf Arbeitsplätze pro Hektar entstünden. „Das ist auch für Aldi der schlechteste Wert, den man finden kann“, sagte die Aligserin. Andere Logistiker kämen auf bis zu 45 Arbeitsplätze pro Hektar. Auch zu den Einnahmen der Stadt trage das Unternehmen kaum bei: Die Gewerbesteuer mache nur rund ein Viertel aller städtischen Einnahmen aus, demonstrierte sie mit einer Grafik. Und Aldi habe mehrere Jahre gar nichts gezahlt. Das habe an den umfangreichen Investitionen der Firma gelegen, entgegnete Rouven Gercke, Leiter Immobilien und Expansion bei Aldi-Nord. In anderen Jahren habe sein Unternehmen bis zu 600.000 Euro Gewerbesteuer gezahlt. CDU nach wie vor ablehnend: Bürgermeister Frank Prüße (CDU) bewertete die dreieinhalbstündige Veranstaltung als „sehr sachliche Diskussion“. Neue Informationen habe er allerdings nicht bekommen. Deshalb sehe er auch keinen Anlass, seine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber dem Projekt zu ändern. Für das Verfahren spiele das jedoch keine Rolle. „Das arbeite ich ordentlich ab“, betonte der Verwaltungschef. CDU-Fraktionschef Hans-Joachim Deneke-Jöhrens hatte ebenfalls „nicht den Eindruck, dass die Versammlung zu einer anderen Position der CDU führt“. Sie lehnt das Logistikzentrum bisher mehrheitlich ab. Den Kritikern aus dem Dorf bescheinigte er ein „beachtliches fachliches Niveau“. Sein Kollege von den Grünen, Ronald Schütz, hatte auch „in der Sache keine neuen Erkenntnisse“ gewonnen. Aber „ich finde nach wie vor die Aldi-Leute überzeugend“, sagte er. Sie hätten auch das Problem der Grundwasserneubildung gelöst sowie bei der Lärmprognose alle denkbaren Ausbaustufen berücksichtigt. SPD will noch abwarten: Der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Jürgen Licht betonte, dass seine Partei noch nicht festgelegt sei. Entscheiden werde man erst, wenn die öffentliche Auslegung der Unterlagen und die Auswertung der dabei vorgebrachten Einwände abgeschlossen seien. Er betonte, dass es sich bei den Plänen nur um eine Umsiedlung innerhalb der Stadt und nicht um eine Neuansiedlung handle. „Und das sind gute Arbeitsplätze“, sagte Licht unter Hinweis darauf, dass die jetzt noch in Sievershausen ansässige Regionalgesellschaft nach Tarif bezahle, ausbilde und mit dem Betriebsrat zusammenarbeite. Von Thomas Böger