Corona in Lehrte: Tanzschule Jegella bietet Onlinekurse an

Freitags um 15 Uhr tanzt die Jugend Hip-Hop, donnerstagabends treten die Paare zum Silber- und Bronzekurs an, dienstagvormittags trainieren Berufstätige ihren Kreislauf mit kleinen Choreografien: Was bei der Tanzschule Jegella nach einem typischen Stundenplan aussieht, ist in Corona-Zeiten dennoch besonders. Denn sämtliche Kurse finden zwar live, aber ausschließlich online statt. Während die Tanzschule ihren Teilnehmern im ersten Shutdown im Frühjahr an die 400 Tanzvideos mit Figuren und Schritten zum Nachtanzen als Download zur Verfügung gestellt hat und im Sommer unter strengen Hygieneauflagen kurzzeitig auch wieder öffnen durfte, setzt das Team seit November nun erstmals auf Liveschaltungen. „Wir unterrichten in Echtzeit – und das funktioniert erstaunlich gut“, sagt Tanzschulchef Oliver Jegella. Rund 60 Prozent seiner Schüler nutzen das Angebot. Mitunter machen an einem Abend 18 Paare mit. Teilnehmer räumen für den Kurs ihr Wohnzimmer frei: Jeden Tag finden mehrere Kurse statt. Übertragen wird direkt aus der Tanzschule. Die Teilnehmer melden sich zu den Unterrichtsstunden an, werden freigeschaltet und können dann selber entscheiden, ob sie auch ihre eigene Kamera freischalten möchten. „Letzteres hat natürlich den Vorteil, dass die Teilnehmer dann nicht nur uns sehen, sondern wir auch die Teilnehmer, und wir sie beim Tanzen obendrein korrigieren können“, erklärt Jegella. Am Anfang hätten einige Teilnehmer noch eine kleine Hemmschwelle gehabt, mittlerweile ließen fast alle den Kamerablick in ihre vier Wände zu. „Wir haben 80-Jährige dabei, die räumen für die Tanzstunde jedes Mal ihr Wohnzimmer frei“, erzählt Jegella. Wenn Jugendlichen die Partner fehlen, springen auch mal Oma oder Schwester ein. „Die Leute möchten auch mal plaudern“: Im Dezember hatten live und online sogar Christmaspartys stattgefunden. „Die Teilnehmer haben Musikwünsche beim DJ geäußert und mit der eigenen Lichtanlage mitunter auch selber für Discoatmosphäre gesorgt“, erzählt der Tanzschulchef. Wichtig sei seinen Schülern aber nicht nur der Unterricht, sondern auch der gesellige Teil danach. „Man merkt, dass die Leute auch einfach nur mal plaudern möchten. Erst neulich haben sich 17 Paare nach dem Kurs über Silvester ausgetauscht – das war richtig schön, und dafür nehmen wir uns dann auch die Zeit“, betont Jegella. Lesen Sie auch: So meistern Lehrtes Einzelhändler den Lockdown Erneute Schließung ist ein herber Rückschlag: Natürlich seien die Onlinekurse aber nicht das gleiche wie der Präsenzunterricht, sagt Jegella. „Doch wir haben damit in der Corona-Zeit eine gute Alternativlösung gefunden.“ Dass seine Tanzschule erneut schließen muss, bedeutet jedoch einen herben Rückschlag. Vom Staat hatte es aus den Hilfsprogrammen zwar anfänglich Geld gegeben, aber viel sei es nicht gewesen, sagt der Chef. Bei den Grund- und Fortschrittskursen setzt die Tanzschule die Kursbeiträge derzeit aus, versäumte Kurseinheiten sollen nachgeholt werden. Einige Teilnehmer zahlen dennoch weiter. „Wir haben wirklich ganz tolle Kunden, die uns die Treue halten“, betont Jegella. Seine Tanzschule lebe vom familiären Miteinander, das man in den vergangenen 32 Jahren aufgebaut habe. Existenzängste müsse er daher nicht haben. Mit den Onlineangeboten könnten zwar keine Gewinne erzielt werden: „Wir zeigen aber, dass es uns noch gibt“, betont Jegella. Er ist sich sicher, dass er eine solche Krise vor 25 Jahren nicht so gut hätte meistern können: „Ich habe von Tanzschulen gehört, welche die Pandemie finanziell nicht überlebt haben.“ Von Katja Eggers