Langenhagen: Neubau des Rathauses erntet Kritik der Opposition

Die Stadt Langenhagen bekommt für mehr als 68 Millionen Euro einen Rathausneubau auf dem Parkplatz am Waggumer Hof. Zudem wird das Bestandsgebäude saniert. Das hat eine Mehrheit aus SPD und CDU im Rat der Stadt am Montagabend beschlossen. Neu- und Altbau sollen mittels eines Durchgangs miteinander verbunden werden. Das Ziel der Verwaltung ist es, nach den Bauarbeiten alle städtischen Mitarbeiter wieder an einem Ort zu versammeln. Bislang sind viele Bereiche der Verwaltung in diversen Gebäuden über ganz Langenhagen verteilt. Dafür zahlt die Stadt jährlich hohe Summen an Miete. Bürgeramt und Information ist im Erdgeschoss: Der in Hufeisenform geplante fünfstöckige Erweiterungsbau erstreckt sich nahezu über den kompletten derzeitigen Parkplatz und soll durch ein zweigeschossiges Gebäude mit dem Altbau verbunden werden. Das Verbindungsstück soll für Bürgerinnen und Bürger künftig als Eingangshalle dienen und eine Verbindung zwischen Marktplatz und Konrad-Adenauer-Straße darstellen. Im Erdgeschoss des neuen Rathauses befinden sich der Ratstrakt, das Bürgerbüro und die Information. In den oberen Geschossen sollen die Verwaltungsmitarbeiter in offenen Bereichen sowie in Einzel- und Zweierbüros arbeiten. Bauprojekt könnte Ende 2026 fertig sein: Am Erscheinungsbild des alten Rathauses aus den Achtzigerjahren soll sich derweil nur wenig ändern. Baulich werden der Planung zufolge nur Fenster- und Fassadenfüllungen ausgetauscht. Das große Bauprojekt ist in sechs Schritten geplant: Zunächst soll der Ratstrakt einschließlich der Tiefgarage abgerissen werden, dann der Neubau mit Tiefgarage auf dem Parkplatz entstehen. Die Verwaltung zieht im Anschluss in den Neubau ein, während das Altgebäude saniert wird. Wenn das Verbindungsstück zwischen den beiden Gebäuden fertig ist, sollen die Mitarbeiter, die derzeit in Mietobjekten untergebracht sind, auch ins Rathaus ziehen. Den Planungen zufolge soll alles Ende 2026 fertig sein. Sanierung und Neubau kosten 68,5 Millionen Euro: Nach derzeitigen Schätzungen der beauftragten Architekten soll das gesamte Projekt 68,5 Millionen Euro kosten – davon sind knapp 16 Millionen Euro für die Sanierung und knapp 45 Millionen Euro für den Erweiterungsbau angedacht. Weil sich das Vorhaben noch in einer frühen Phase befindet, haben die Planer einen Risikozuschlag sowie eine Preissteigerung einberechnet. Obendrauf kommen noch einmal plus beziehungsweise minus 20 Prozent Kostenunschärfe. Im Endeffekt könnte das Projekt also sogar mit mehr als 80 Millionen Euro zu Buche schlagen. Scharfe Kritik der Opposition: Langenhagen kann sich das nicht leisten: Die Opposition kritisiert die Pläne der Stadt scharf. Der Tenor: Langenhagen könne ein solches Projekt in Anbetracht der vielen großen Bauprojekte wie dem Gymnasium und der coronabedingten Haushaltslage nicht stemmen. Der Schuldenentwicklungsplan nennt für Anfang 2021 einen Schuldenstand von rund 41,3 Millionen Euro. Bis Ende 2025 werden es 437,6 Millionen Euro sein, zum Ende des Planzeitraums 2030 gar 479,9 Millionen Euro. „Nicht jede wirtschaftliche Investition ist sinnvoll“, sagte Dirk Musfeldt, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Man müsse es sich auch leisten können. „Zu mieten scheint mir gegenwärtig das kleinere Übel zu sein“, sagte Ratsmitglied Joachim Balk (FDP). Wilhelm O. Behrens (Unabhängige) äußerte gar die Bedenken, Langenhagen müsse für das neue Rathaus bei Kita- oder Schulsanierungen sparen. Bürgermeister: Andere Projekte müssen nicht hintenanstehen: Ihm sei nicht bekannt, dass andere Projekte deshalb hintenanstehen müssten, sagte dazu Bürgermeister Mirko Heuer (CDU). Er halte die Entscheidung des Rates für verantwortungsbewusst, weil es derzeit diverse Mietverhältnisse gebe. Aktuell hat die Verwaltung Flächen am Frankenring, an der Schützenstraße, am Marktplatz sowie an der Hindenburgstraße mit insgesamt etwa 3700 Quadratmetern angemietet. „Ich als Bürgermeister tue mir damit keinen Gefallen“, sagte Heuer. Stadtbaurat Carsten Hettwer hob zudem die Notwendigkeit der Sanierung hervor. Es gebe fast 500 Mitarbeiter, die derzeit nicht unter besonders guten Bedingungen im Rathaus arbeiten müssten. Das betreffe etwa den Brandschutz, die Belüftung und die Aufzüge. „Ein taugliches Rathaus, wo Bürgerinnen und Bürger ein- und ausgehen, ist ein Mittelpunkt der Stadt und kann ein aufrechtes Zeichen der Demokratie sein“, sagt er. Kritik, die alten Pläne passten gar nicht mehr zur veränderten Arbeitswelt nach Corona, wehrte Hettwer ebenfalls ab. Die Erfahrungen aus der Corona-Zeit seien gerade noch mit in die Planungen eingeflossen. Dies spiegele sich etwa darin wider, dass die Verwaltung nur für 80 Prozent ihrer Mitarbeiter feste Arbeitsplätze vorsehe. Hinzu kämen viele offene Flächen und Projektarbeitsplätze, die eine modernere Form des Arbeitens ermöglichen sollen. BBL will Neubau mit Bürgerbegehren stoppen: Die Opposition äußerte indes auch Kritik, weil eine ähnliche Variante mit Sanierung und Neubau bereits vor mehr als fünf Jahren im Rat diskutiert worden war – damals allerdings mit einer Kostenschätzung von knapp 30 Millionen Euro. Ein ebenfalls damals noch diskutierter kompletter Neubau auf dem Handelshof war mit Kosten von 35 Millionen Euro geschätzt. „Wir sind sicher, dass auch Langenhagens Bürgerinnen und Bürger einen Rathausneubau ablehnen, solange nicht die Schulen, Kitas und Feuerwehren fertiggestellt worden sind“, erklärte BBL-Ratsmitglied Timo Schubert. Die BBL will das Projekt deshalb nun sogar mit einen Bürgerbegehren stoppen. Von Sebastian Stein