Laatzen: Sportvereine verzeichnen Mitgliederschwund wegen Corona

Für die Laatzener Sportvereine war 2020 wenig überraschend ein schwieriges Jahr. Der Sportbetrieb fiel weitgehend aus. Zudem verließen zahlreiche Mitglieder die Vereine, darunter viele Kinder. Der TSV Rethen etwa verzeichnet 140 Austritte, davon ein Drittel Kinder und ein zweites Drittel deren Eltern. Gemessen an der Mitgliederzahl seien das Verluste von rund 10 Prozent, sagt die TSV-Vorsitzende Hannelore Flebbe. „Wir haben einen großen Stamm an Mitgliedern, die seit Jahren und Jahrzehnten dabei sind.“ Diese seien treu. „Die, die den Verein als Dienstleister nutzen, treten auch eher wieder aus.“ Die Zahl der Austritte schmerze zudem deswegen, weil keine Menschen neu eingetreten seien. Dabei hat der Verein nach eineinhalbjähriger Bauzeit im Dezember seine neue Gymnastikhalle fertiggestellt. In dem 700.000-Euro-Bau an der Straße Zur Sehlwiese hätte es nach der mängelfreien Abnahme am 16. Dezember richtig losgehen können – wenn nicht wegen der Corona-Pandemie der Lockdown begonnen hätte. Nun heißt es weiter warten. Land hat Stufenplan vorgelegt: Immerhin hat die Landesregierung inzwischen einen ersten Stufenplan vorgelegt, der erklärt, welche Regelungen abhängig vom jeweiligen Sieben-Tage-Inzidenzwert gelten. Bei einem Wert von unter 25 Neuinfektionen binnen einer Woche und bezogen auf 100.000 Einwohner dürfen Sportanlagen öffnen und ist Kontaktsport zulässig. Zuschauer haben aber nur beschränkt Zugang (Stufe 1 und 2). Bei Stufe 3 (Wert zwischen 25 und 50) gelten für Sporthallen und -gelände erhöhte Anforderungen. Steigt der Inzidenzwert bis an die 200, ist Breitensport nur noch individuell und ohne Zuschauer erlaubt (Stufen 4 und 5). Ist Stufe 6 (Wert über 200) erreicht, ist auch der Breitensport nicht mehr gestattet. Damit ist zwar klar, was unter welchen Voraussetzungen stattfinden darf, aber nicht wann. Für die Vereine ist es wie im Vorjahr schwierig, Jahresversammlungen zu organisieren, die satzungsgemäß oft Präsenzveranstaltungen vorschreiben. Heike Heisig, Vorsitzende vom BSV Hanovera Gleidingen, schätzt, dass frühestens im April eine Versammlung im Freien möglich ist. Schon länger überlegt der Verein, ein Outdoorgelände zu entwerfen, um allen Sparten etwas zu bieten. Doch um Details zu beschließen und die Planung vorzubringen, braucht es ein Mitgliedervotum. BSV Gleidingen verzichtet auf Spartenbeitrag: Austritte habe es 2020 nur 15 gegeben, sagt Heisig, was normal sei. Im Dezember sei sogar noch ein neues Mitglied eingetreten, obwohl sich das Angebot des BSV derzeit live nur auf Onlinesport beschränkt. Da der Verein laufende Kosten habe, könne man nicht auf die Mitgliedsbeiträge verzichten. „Aber wir haben gemeinsam mit den Leitungen der Sparten Turnen-Gesundheitssport-Fitness, Schwimmen, KTJ und Fußball den Beschluss gefasst, für sechs Monate auf den Spartenbeitrag zu verzichten.“ Diese Abteilungen seien aufgrund des Lockdowns sehr stark in ihren Aktionen eingeschränkt worden. Bei Germania Grasdorf und der Sportlichen Vereinigung (SpVG) liegt die Zahl der Austritte gleichermaßen nur bei rund 15 Personen. Keiner dieser Austritte sei mit der derzeitigen Situation begründet worden, heißt es seitens der Vereine. „Die Quote ist normal“, sagt Wolfgang Weiland von Germania. Ein- und Austritte erfolgten meist in der Jahresmitte zum Saisonwechsel. Problematisch sei, dass es nahezu keine Neueintritte gegeben habe, heißt es bei der SpVG. Dafür sei der Zusammenhalt der Abteilungen untereinander und der Mitglieder sehr groß. Germania-Chef: Vereinsleben und Stimmung sind ganz unten: Für die Vereine ist es derzeit schwierig, überhaupt neue Mitglieder zu werben. Kein Probetraining, keine Wettkämpfe, keine gesellschaftlichen Veranstaltungen, keine Treffen. „Das Vereinsleben und die Stimmung der Mitglieder sind natürlich ganz unten“, sagt Weiland. Man stehe jedoch hinter dem Ziel der Eindämmung der Pandemie. Der TSV Ingeln-Oesselse hat das erste Corona-Jahr mit vielen Outdoorangeboten weitestgehend gut überstanden, sagt der Vorsitzende Marc Binder. Viele der 850 Mitglieder blieben dem Verein treu. Lediglich 20 Austritte seien auf die Pandemie zurückzuführen. Das bedeute aber auch, dass rund 2000 Euro Einnahmen fehlten, so Binder. „Das ist Jammern auf hohem Niveau.“ Viele Vereine, darunter die SpVG, sehen die Landesverbände und die Politik in der Verantwortung. „Sie müssen flexible Regelungen schaffen, um die Folgen der Pandemie für Vereine abzumildern“, sagt Markus Piela für den SpVG-Vorstand. Konkret gehe es um Nachbesserungen beim Vereinsrecht, neue Regelungen bei der Gemeinnützigkeit und Verbandsabgaben. Von Katharina Kutsche und Astrid Köhler